06.

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„Was war da zwischen euch?", will Mila am Abend wissen, als wir gemeinsam auf dem Sofa sitzen. Sie weiß nicht viel mehr, als dass Louis und ich etwas miteinander hatten. Ihr Blick ist nicht wütend, sondern wirklich interessiert und neugierig.

„Wir kennen uns aus der Schulzeit", sage ich und versuche möglichst gleichgültig zu klingen - Louis hat nichts Anderes verdient. „Waren nie wirklich befreundet ... er fand mich immer blöd, glaube ich." Ich schwelge ein wenig ab in Erinnerungen von damals, als Louis und ich noch jünger waren, er mich wegen meinen Locken aufgezogen hat, und mir ständig arrogante Blicke zuwarf. „Bis er mich dann irgendwann verführt hat ... Durch ihn habe ich überhaupt erst kapiert, dass ich auch auf Typen stehe."

„War er dir wichtig?", fragt sie zwischendurch und ich zucke mit den Schultern.

„Es war nie ernst. Er war einfach immer da." Ich seufze. „Jedes Mal, wenn ich feiern war, hat er mich angemacht, manchmal habe ich eingewilligt, manchmal nicht. Irgendwann war ich diese Vögelei satt. Hab nach mehr gesucht. Er hat nie lockergelassen."

Mila nickt aufmerksam. „Aber zusammen wart ihr nie?"

Ich muss kurz lachen bei dem Gedanken. „Louis ist völlig beziehungsunfähig. Ich durfte nicht mal bei ihm schlafen, nicht ein einziges Mal. Er hat mich jede Nacht rausgeworfen, sobald er hatte, was er wollte."

Sie sieht mich eine Zeit lang an und ihre Hand streicht abwesend über meinen Arm. Sie scheint in Gedanken und irgendwann fragt sie: „Was hat er vorhin gemeint? Von wegen, du hättest ihn aufgegeben?"

Ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung. Er ist wahrscheinlich nur angepisst, weil ich ihn nicht mehr ranlasse. Was weiß ich, was in seinem Kopf vorgeht." Ich reibe mir über die Stirn, presse die Augen kurz fest zusammen und öffne sie dann wieder. „Aber ist auch egal. Ich habe keine Lust mehr, über ihn zu reden." Ich ziehe Mila zu mir und sie lehnt sich gegen meine Brust. Ich habe Louis erfolgreich aus meinem Leben verbannt und daran soll sich auch jetzt nichts ändern.



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Mit einem Weinglas in der Hand, rempelt er mich an und schüttet die rote Flüssigkeit über mein T-Shirt. „Uuuups!"

Ich sehe auf. Ich kenne diesen Kerl nicht, aber er grinst mich schleimig an. Definitiv hundertprozentig schwul. Und das sollte wohl gerade eine Anmache gewesen sein. Es ist ja schmeichelhaft, angemacht zu werden, aber musste er dazu wirklich seinen Wein über mein T-Shirt kippen?

Bevor ich ihm sagen kann, dass ich vergeben bin, erscheint Mila neben mir und grinst von mir zu ihm. „Störe ich euch?"

„Schon irgendwie", sagt der Kerl und zwinkert mir flirtend zu. Dann deutet er auf mein T-Shirt. „Das muss gewaschen werden. Ich kann dir dabei behilflich sein."

Oh mein Gott ... ich bin froh, dass ich diese One-Night-Stand-Phase hinter mir habe, sonst wäre ich wohlmöglich darauf eingegangen. Mila sieht mich an und ich kann mir das Lachen nicht mehr verkneifen. Der Kerl sieht verwirrt aus. „Sorry", sage ich. „Ich bin mit meiner Freundin hier."

Er sieht uns verwirrt an, schnaubt, und haut dann ab mit den Worten „ich hätte schwören können, dass er schwul ist". Mila und ich setzen uns zusammen auf ein Sofa, sie reicht mir eine der Bierflaschen, die sie gerade besorgt hat und wir beobachten die Leute. So verläuft der Abend. Manchmal stehen wir auf um zu tanzen, aber die meiste Zeit nutzen wir den Schatten, in dem das Sofa steht, um ungestört beieinander zu sitzen. Erst spüre ich ihre Hand auf meiner Hose, später ihre Zunge in meinem Mund. Irgendwann sitzt sie auf meinem Schoß und ich vergesse alles andere um mich herum, meine Hände an ihrer Hüfte ...

Bis ein lautes Rufen durch den Club dringt. Wir fahren auseinander. Ich höre Schreie ... jemand scheint sich auf der Tanzfläche zu streiten. Die Musik geht aus und jetzt kann ich einzelne Satzfetzen verstehen.

„... lass deine homophoben Ansichten woanders ab ... bei deinen Nazifreunden zum Beispiel."

„Du Missgeburt, wagst es ..."

hunt me downWo Geschichten leben. Entdecke jetzt