09.

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Nach drei Tagen Funkstille frage ich Mila, ob sie heute Abend Zeit hat und lade sie zu mir nachhause ein. Ich habe keine Lust zu streiten und beschließe so zu tun, als wäre nichts gewesen, auch wenn ich nichts dagegen hätte, wenn sie sich entschuldigen würde. Ich habe nichts falsch gemacht und trotzdem vertraut sie mir nicht mehr, zweifelt meine Gefühle an. Ich will einfach nur ihr Vertrauen zurück.

Ich begrüße sie mit einem Kuss, den sie nur kurz erwidert und sehr schnell wieder beendet. Ich ziehe meinen Kopf zurück und sehe sie verwirrt an. „Was ist los?"

„Gar nichts." Sie lächelt, nimmt meine Hand und zieht mich ins Wohnzimmer. Wir bestellen Pizza und schauen einen Film und es ist alles wie immer, aber als der Abspann läuft und ich sie an mich ziehe um sie zu küssen, wird sie wieder komisch. Ihr ganzer Körper spannt sich an.

„Okay, im Ernst." Ich lasse sie los und sehe ihr direkt in die Augen. Wenn jemand einen Grund hat, abweisend zu sein dann bin das ja wohl ich. „Was hast du?"

Sie zögert, sieht mich forschend an. Ihr liegt etwas auf dem Herzen und das ist ganz deutlich. Sie beginnt sich auf der Unterlippe herumzukauen und ich werde ungeduldig. Schließlich sagt sie leise: „Versprich mir, dass du nicht wütend wirst."

Ich nicke, obwohl ich nicht weiß, ob ich das versprechen kann. Sie richtet sich ein wenig auf und räuspert sich.

„Okay. Ich weiß du willst das nicht hören." Sie holt tief Luft und stößt diese langsam wieder aus, schließt kurz die Augen und spricht dann endlich. „Ich habe das Gefühl, dass du nicht mehr an mich denkst, wenn du mich küsst."

Ich blinzele sie an und muss dann lachen. Das ist ein Scherz, oder? „Fängst du schon wieder damit an ..."

Sie bleibt ganz ernst. „Hör zu, Harry." Ich stöhne genervt aber sie redet einfach weiter. „Ich will, dass du weißt, dass du mir alles sagen kannst. Dass es okay für mich wäre, ganz egal wie du dich entscheidest."

Wieder das. Es wäre okay für sie. Es wäre okay, wenn ich an jemanden anderen denke ... wenn ich sie nicht mehr liebe. Sowas soll verdammt nochmal nicht okay für sie sein! Ich kann sie nicht mehr ansehen, starre stattdessen die Wand an. Bin ich ihr so unwichtig, dass es ihr egal wäre, wenn ich an jemanden anderen denke?

„Harry", sagt sie sanft und streicht über meinen Arm. „Ich weiß, dass du nicht Schluss machen kannst und dass du nicht allein sein willst. Ich habe überlegt ... dass es das beste ist, wenn ich das für dich erledige."

Jetzt sehe ich sie doch wieder an, komplett entsetzt. „Was zur Hölle redest du da?", frage ich wütend. „Sag mal, verbringst du den ganzen Tag damit, dir irgendwelche Dinge auszudenken, die ich angeblich fühlen soll? Was ich dazu zu sagen habe ist dir scheißegal?"

„Ich möchte, dass du frei deine Entscheidungen triffst, ohne dabei an mich gebunden zu sein."

Ich schnaube. „Schön, dass du das für dich geklärt hast. Und weil du meinst, dass ich Schluss machen will, machst du jetzt Schluss mit mir?"

Sie bleibt ganz ruhig und das macht mich wahnsinnig.

„Ist das dein Ernst?", frage ich eindringlich. „Du machst wirklich Schluss?"

Sie schweigt eine ganze Weile, sieht mich einfach nur an ... Dann nickt sie. Ich kann sie nur fassungslos anstarren. „Du bist unglaublich."

„Bist du traurig?"

Ich schnaube wütend. „Was ist das für eine dämliche Frage? Natürlich bin ich traurig!"

„Du siehst nicht so aus ..."

„Oh mein Gott, Mila. Hör auf mir zu sagen, was ich fühle!" Ich werde jetzt wirklich sauer und sie merkt das, hat aber scheinbar keine Lust sich mit mir zu streiten. Sie steht auf und streicht ihr T-Shirt zurecht. „Willst du jetzt einfach gehen?"

„Du brauchst Zeit um nachzudenken. Beruhig dich erstmal und dann schreiben wir, okay?"

Fassungslos sehe ich zu, wie sie sich ihre Sachen nimmt und sich dann zu mir runterbeugt und mir einen Abschiedskuss gibt, kurz und knapp und ohne jede Emotion. Es fühlt sich fremd an, kalt.

„Mach's gut. Ich würde es schön finden, wenn wir weiter in Kontakt bleiben."

Ich schüttele nur wortlos den Kopf. Dann verlässt sie meine Wohnung und beendet damit unsere Beziehung. Ich kann es nicht begreifen. Es fühlt sich nicht so an, als hätte sie gerade mit mir Schluss gemacht, eher als würde sie für ein paar Tage verreisen und dann zu mir zurückkommen. Es ging so schnell. Sie hat es für sich entschieden und ich durfte nichts dazu sagen.

Ich bleibe eine ganze Weile sitzen und versuche zu verstehen, was gerade passiert ist, aber es gelingt mir nicht.


hunt me downWo Geschichten leben. Entdecke jetzt