Kapitel 2

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Es waren zwei Tage vergangen seit Elisa beschlossen hatte, Viktoria Korotkovas Hilfe anzunehmen, auch wenn sie nicht genau wusste wie diese aussehen würde. Am Telefon hatte man ihr gesagt, man würde sie im Laufe der nächsten Tage benachrichtigen, wann sie sich am Institut einfinden sollte, um an einem Auswahltraining teilzunehmen. Viktoria hatte bei ihrer Begegnung nicht gesagt, dass sie erst ein Auswahltraining überstehen musste. Als sie jedoch am Telefon versucht hatte mehr darüber herauszufinden, hatte die Frau am anderen Ende der Leitung nur gesagt, dass sie alles Wichtige vor Ort erfahren würde und sich bis dahin keine Sorgen machen solle. Nun wartete sie seit Tagen ungeduldig auf irgendeine Nachricht, doch bisher war noch nichts geschehen und so langsam dachte sie, dass man sich einen grausamen Scherz mit ihr erlaubt hatte.

Nachdem sie ihr Apartment wochenlang im Chaos hatte versinken lassen, hatte sie seit dem Anruf die Zeit des Wartens genutzt und wieder Ordnung in ihr Leben und ihre Wohnung gebracht. Jetzt strahlte das Zimmer in seinem gewohnten Zustand die Ruhe und Gemütlichkeit aus, die sie so zu schätzen wusste. Die Geschirrstapel in der Küche waren frisch gespült und sauber im Schrank verstaut worden. Aus Körben voll dreckiger Wäsche waren fein säuberlich gefaltete Stapel mit Kleidungsstücken geworden, die darauf warteten in Schrank oder Kommode verstaut zu werden. Auch die Unmengen an Papieren, Berichten und Fotos auf ihrem Schreibtisch waren verschwunden. Jetzt lagen dort zwei Ordner mit Unterlagen, die sortiert, inventarisiert und kategorisiert abgeheftet waren. Sie konnte sich nicht erinnern wie oft sie die Fallakte bereits durchgesehen hatte, doch sie wusste schlichtweg nicht wo oder wie sie beginnen sollte. Aber sie war nicht wieder ins Kommissariat gegangen, weder um neue Informationen zu bekommen noch um sich bei dem freundlichen Kommissarsanwärter Baumann zu bedanken, der ihr eine Kopie der Akte beschafft hatte. Sie sah schon Steiger vor sich, falls er jemals herausfinden sollte, dass jemand ihr geholfen hatte. Ganz zu Schweigen von dem, was er tun würde, wenn er denjenigen identifizieren sollte. Nein, sie konnte nicht riskieren sich zu verplappern, wenn sie sich aufregte, und Baumann das Leben damit noch schwerer machen. Sie hielt sich schön weiter bedeckt und wartete auf ihre Gelegenheit, die vielleicht jeden Moment anrufen konnte.

Als sie die letzten Kleidungsstücke in der Kommode verstaut hatte, setzte sie sich auf ihr Bett und starrte das Telefon an. "Warum klingelt das blöde Teil nicht endlich?", dachte Elisa gerade, als sie registrierte das irgendjemand bereits zum fünften oder sechsten Mal bei ihr klingelte. Sie trat zur Tür und sah durch den Spion. Auf der anderen Seite stand ein Junge in Uniform. Er war von einem Kurierservice und als er gerade noch einmal klingeln wollte, öffnete sie die Tür einen Spalt breit und musterte den Kurier skeptisch: "Was wollen Sie?" Er zuckte leicht zusammen und erwiderte zögernd: "Ich habe einen sehr wichtigen Brief für Elisa Jung. Das sind doch Sie, oder?" "Ja", kam die knappe Antwort von ihr. Der Junge überreichte ihr den Brief und sie quittierte ihm den Empfang, dann schloss sie die Tür ohne den Jungen noch eines Blickes zu würdigen.

Sie saß mit dem Rücken an die Tür gelehnt auf dem Boden und starrte den Brief an. Er hatte zwar in einem schlichten weißen Umschlag gesteckt, doch als sie ihn herausgezogen hatte, hielt sie einen Bogen dickes, geprägtes Papier in der Hand. Den Briefbogen zierte ein Wappen aus einem Schild vor dem sich ein Schwert und eine Lupe kreuzen. Darunter stand in verschlungenen Lettern ASF. Die nachfolgende Nachricht war kurz. Denn auf dem Blatt waren in einer klaren Handschrift nur ein Tag mit Uhrzeit und eine Adresse niedergeschrieben. Ihr Herz begann schneller zu schlagen, denn auf dem Blatt stand das Datum von morgen. Sofort fingen ihre Gedanken an sich zu drehen. Zuerst musste sie sich überlegen, was sie alles brauchte. Dann musste sie eine Liste machen und die Sachen einpacken. Anschließend musste sie schauen, wo die Adresse genau lag. Denn danach musste sie entscheiden, wann sie losfahren wollte um pünktlich zu sein und dann musste sie versuchen zu schlafen, auch wenn das wegen der ganzen Aufregung vermutlich unmöglich war.  Als sie den Brief sinken ließ um aufzustehen und anzufangen, fiel ihr Blick noch einmal auf den Umschlag und Elisa bemerkte einen zweiten Bogen Papier in dem Umschlag. Dieser war ihr zunächst entgangen, doch nun zog sie ihn heraus. Dieser war aus normalem Papier und in Standardschrift bedruckt. Es war eine Liste mit Dingen wie Kleidung, Papiere und Geräte, die man mitbringen sollte.

Erst als sie sich jetzt erhob um ihre Tasche zu packen, bemerkte sie, dass es draußen bereits dunkel wurde. Sie machte Licht und holte ihre Reisetasche aus dem Schrank. Voller Tatendrang begann sie zu packen. Die Liste mit den benötigten Dingen legte sie neben die Tasche auf das Bett. Dann suchte sie systematisch die aufgezählten Utensilien heraus und legte sie in die Tasche. Zum Schluss überprüfte sie noch einmal, ob sie alles hatte, dazu hakte sie auf der Liste ab, was sich bereits in ihrem Gepäck befand. Inzwischen hatte sie bereits Hygieneartikel, Kleidung für drei Tage, Sportbekleidung und Sportschuhe eingepackt, dazu kamen noch die Sachen, die sie nicht in den Koffer, sondern in die Handtasche gepackt hatte wie Ausweispapiere, eine ausgedruckte Wegbeschreibung zur angegebenen Adresse und die Zusammenfassung der Fallakte. Ihr Laptop stand zusammen mit einem gerahmten Foto auf dem Nachttisch. Sie klappte den Laptop zu, zog das Bild aus dem Rahmen und packte es zu den anderen Sachen in ihre Tasche. Als sie zufrieden feststellte, dass sie alles eingepackt hatte, stellte sie ihren Wecker und legte sich schlafen. Obwohl sie gedacht hatte, dass sie vor lauter Aufregung kein Auge würde zumachen können, schlief sie sofort ein.

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