Kapitel 9

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Nachdem alle Kämpfer versorgt, alle Verletzungen verarztet und auch die letzten Teilnehmer geduscht waren, versammelten sich alle im Speisezimmer. Denn nun würde verkündet werden, wer in sechs Wochen als Novize an die Akademie zurückkehren würde und wer nicht. Elisa saß flankiert von Jennifer und Natascha am hinteren Endes des Tisches. Sie schaute hinüber zum Tisch der männlichen Bewerber und Joshua fing ihren Blick auf. Er lächelte sie an und sie wandte den Blick wieder ab.


Viktoria Korotkova trat in die Mitte des Raumes und alle Augen richteten sich auf sie. Sie erklärte mit lauter Stimme: "Wir, die Lehrerschaft dieser Akademie, haben uns beraten und uns noch einmal alle Testergebnisse angesehen. Die genannten Personen stehen bitte auf." Sie fing an eine Reihe von Namen zu nennen. Als Viktoria ihre Liste sinken ließ, standen 24 weibliche und 24 männliche Bewerber, aber genauso viele saßen auch. Eine Schar von Angestellten kam herein. "Bitte begleiten Sie die ausgeschiedenen Teilnehmer vom Gelände.", war alles, was die Leiterin sagte. Alle die gestanden hatten, wurden hinaus geführt. Doch sie durften alle bleiben. Elisa saß nämlich noch immer flankiert von Jennifer und Natascha am hinteren Ende des Tisches. Auch Joshua und seine Kumpel saßen noch immer vollzählig beisammen. Leider war auch Barbie weiterhin anwesend, aber daran müssten sie sich eben gewöhnen und was wäre die Welt ohne tyrannische Giftschlangen? Dieser Gedanke ließ Elisa lächeln. Nachdem der Saal nun nur noch von Lehrern und Novizen besetzt war, verkündete Viktoria Korotkova: "Sie sollten jetzt ihre Taschen packen, denn sie werden alle noch heute abreisen. Wir sehen uns Montag in sechs Wochen zum ersten Unterrichtstag. Anreisen können sie bereits ab Sonntag. Beim Verlassen des Gebäudes erhalten Sie einen Umschlag, der eine Liste mit auf für sie persönlich abgestimmten Dingen enthält, die sie für ihre Ausbildung benötigen. Ich werde nun ein paar Namen nennen, die bitte noch kurz hierbleiben, während die anderen schon packen." Sie begann erneut eine Liste von Namen vorzulesen: "Anna-Maria, Janina, Valentina, Kimberly, Leonie, Elisa von den Novizinnen und Ben, Nicolas, Pascal, Dominik, Joshua, Kevin von den Novizen. Alle nicht genannten verlassen bitte den Raum."


"Wir warten draußen auf dich", sagte Jennifer und Natascha nickte. Im Flur stellten sie sich an die Brüstung der Empore und sahen sich an. Ohne darüber zu sprechen, fragten sie sich beide, was das wohl zu bedeuten hatte. Nachdem sich die Tür zum Speisesaal geschlossen hatte und die meisten zukünftigen Novizen verschwunden waren, um ihre Sachen zu packen, gesellten sich Amir und Philipp zu Ihnen. Philipp wollte wissen: "Habt ihr eine Idee, was das soll?" Alle schüttelten die Köpfe. Es dauerte eine knappe Viertelstunde bis sich die Türen wieder öffneten und die anderen heraustraten. Elisa ging schnurstracks auf die Treppe nach oben zu und eilte ohne auf die Rufe ihrer Freundinnen zu achten nach oben. Als Natascha völlig außer Puste von dem Spurt die Treppe hinauf zu Elisa an ihr Bett trat, wo diese mit dem Gesicht nach unten im Kissen lag, schnaufte sie: "Kannst du mir vielleicht mal sagen, was hier los ist!" Aus dem Kissen war Gemurmel zu hören. "Ich kann dich nicht verstehen. Du musst lauter nuscheln." Elisa hob den Kopf ein Stück an und sagte:"Ich schreie vor Frustration in mein Kissen." Als sie Nataschas fragenden Blick sah, meinte sie bloß: "Später." Achselzuckend ging Natascha zu ihrem Bett hinüber und fing an ihre Sachen in eine Reisetasche zu stopfen. Endlich kam auch Jennifer herein, die anderen aus dem Schlafsaal waren bereits weg, nur sie drei waren noch hier und packten schweigend ihre Taschen. Natascha sah wie Elisa als letztes ein Foto unter dem Kopfkissen herauszog und in ihrer Tasche verschwinden ließ. Dann fragte Elisa: "Und wie kommt ihr nach Hause?" Natascha antwortete genervt: "Mit dem Zug, wenn ich es irgendwie schaffe zum nächsten anständigen Bahnhof zu gelangen." "Ich bin mit dem Auto da. Ich kann dich zum nächsten Bahnhof mitnehmen. Ich glaube in der Nähe der Autobahnauffahrt war sogar ein ICE-Bahnhof..." Mit den Worten 'Dann buche ich mir schnell ein Ticket' verschwand Natascha aus dem Raum. "Und du?", fragte sie Jennifer. "Ich fahre nicht nach Hause. Sie haben gesagt, wenn ich herkomme, brauche ich gar nicht wieder nach Hause kommen. Aber ich habe mit der Leitung der Akademie gesprochen und ich kann hierbleiben bis der Unterricht beginnt." Elisa war sprachlos, doch bevor sie etwas sagen konnte, meinte Jen: "Ich will nichts hören. Es ist okay. Ich schaffe das schon. Ich gehe spazieren. Abschiede liegen mir nicht besonders... Da muss ich immer heulen." Damit stürmte sie mit bereits tränenfeuchten Wangen aus dem Zimmer.


Es wurde bereits dunkel als Jennifer wieder in Richtung des Hauptgebäudes lief, auf dem Parkplatz stand nur noch ein einziges Auto und das Haus stand wie ausgestorben da. Doch als sie durch die Pforte trat, standen dort zwei Personen im trüben Dämmerlicht. Eine sagte vorwurfsvoll: "Du hast doch wohl nicht geglaubt, dass wir fahren ohne uns zu verabschieden?!" "Echt mal! Da kennst du uns aber schlecht..." Vor ihr standen ihre Freundinnen und sie fuhren erst, als sie an die hundertmal versprochen hatten, dass sie in sechs Wochen alle wieder hier sein würden. Jetzt blickte Jennifer dem Auto hinterher, dessen Rücklichter in der anbrechenden Nacht verschwanden. Sie hatte sich immer gefragt, ob sie jemals irgendwo dazu gehören würde und jetzt war sie sicher, dass sie ihren Platz gefunden hatte.Auf der Fahrt zum Bahnhof saßen sie eine Weile schweigend nebeneinander bis Natascha fragte: "Willst du mir jetzt erzählen, warum du in dein Kissen geschrien hast?" Elisa grinste, bevor sie erwiderte: "Ja. Es ist besser, wenn du es auch weißt. Zu Beginn hatte die Korotkova ja gesagt, es gebe zwei Gruppen von Auszubildenden. Die 'Collector', also die eher Schlauen und die 'Hunter', die eher sportlichen Typen. Aber eigentlich gibt es drei und die dritte Gruppe sind die 'Leader'. Sie sind in beiden Bereichen überdurchschnittlich gut und werden von jeher mit den Worten 'mutig, gerecht und loyal' beschrieben. Die zwölf, die im Speisesaal bleiben sollten, erhalten die Möglichkeit ein 'Leader' zu werden. Sie haben dann später die Möglichkeit ein Team zu leiten und nicht nur ein Teil davon zu sein." Natascha runzelte die Stirn: "Und warum ist Barbie ein 'Leader'? Nach der Aktion im Käfig mit Jen und den ständigen Sticheleien. Da sind jawohl die Worte 'mutig, gerecht und loyal' nicht gerade angebracht, oder?" Elisa nickte düster. "Richtig und genau deshalb habe ich mein Kissen angebrüllt. Barbie ist dabei, weil sie Korotkova heißt." "Was?!" Nataschas Stimme machte ein Oktavsprung nach oben und sie starrte Elisa mit weit aufgerissenen Augen an. "Ihr Name ist Valentina Korotkova und Viktoria Korotkova ist ihre Mutter." Damit war alles gesagt und sie schwiegen den restlichen Weg. Als Natascha am Bahnhof ausstieg, gab sie Elisa ihre Telefonnummer sowie sie beide es bereits zuvor bei Jennifer gemacht hatten. Jetzt betrat Natascha den nächtlichen Bahnhof und machte sich auf den Weg zu ihrer Schwester.

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