Das Häschen in der Grube

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Lennox

Gehetzt lief ich umher, um den Sergeant zu finden.
Ich traf schließlich auf ihn, in der Nähe des provisorischen Stützpunktes. Sinker stand dort, gemeinsam mit dem Commander, um wahrscheinlich das weitere Vorgehen zu besprechen. Beide hatten den Helm abgenommen und schienen in einer Diskussion vertieft zu sein. Auch den General, konnte ich etwas abseits von den beiden, stehen sehen und es schien, als grübelte er vor sich hin. Immer wieder, wies Wolffe gezielt auf die Holokarte.

Ich näherte mich Sinker und überwand mich dazu, ihn auf mich aufmerksam zu machen, indem ich ihn an der Schulterplatte berührte.

»Lennox, was gibt es denn so dringendes?« wollte der Hellhaarige wissen, als er sich zu mir umgedreht hatte. Er schaute mich auffordernd an und suchte mein Augenpaar hinter dem dunklen Visier.

Ich seufzte auf, weil ich wusste wie das auf ihn wirken musste. Ein überreagierender Soldat nervte ihn, weil er einen anderen nicht wiederfand.
Trotzdem riss ich mich schließlich zusammen und räusperte mich vernehmlich. Ich nahm meinen Helm ab, um mit meinem Sarge von Angesicht zu Angesicht reden zu können. Von Bruder zu Bruder.

Denn ich war der Meinung, dass die Anonymität die der Helm automatisch erzeugte, gerade fehl am Platz war. Schließlich ging es hier um eine Angelegenheit, die auch den Sarge persönlich betraf. Es handelte sich hier, um einen seiner Brüder, den er zu beaufsichtigen hatte und mit dem er gut befreundet war. Und wenn ich ihn richtig einschätzte, dann war es ihm nicht egal, wenn er Männer verlor.

»Ich kann Neal, nirgendwo finden. Hat er sich bei ihnen schon gemeldet?« fragte ich ihn geradeheraus.
Sinker starrte mich kurz an, als wäre ich von allen guten Geistern verlassen, ihn mit sowas in einer wichtigen Besprechung zu stören.
Wolffe schaute mich währenddessen fragend an und blickte immer wieder zum General.

Dann erbarmte sich der Sarge und schaute auf ein Datapad, was auf dem Holotisch lag. Er schüttelte zu meinen Bedauern, nach kurzer Zeit den Kopf.

»Nein tut mir leid. Vielleicht tröstet es dich zu hören, dass er bis jetzt auch nicht als gefallen gemeldet wurde« meinte Sinker und seine Miene wurde weicher, als er mir in die traurigen Augen blickte.
Ich nickte daraufhin, nur niedergeschlagen.

»Tut mir leid, dass ich sie gestört hab'« nuschelte ich und setzte im gehen meinen Helm wieder auf.

Doch der Sarge gab sich damit nicht zufrieden und holte mich schnell wieder ein.
»Lennox, wo hast du ihn denn zuletzt gesehen?« fragte er mich, zu meiner Überraschung.
»Wir haben uns im zweiten Sektor des Waldes, irgendwie aus den Augen verloren« entgegnete ich.

»Nimm Lincoln und Ari mit und sucht gemeinsam nach ihm. Ich will euch heute Abend, alle beim Abendessen sehen!« meinte Sinker bestimmend und in mir wallte ein Gefühl von Erleichterung hoch, weil ich meinen Sarge richtig eingeschätzt hatte. Ihm war es wirklich nicht egal, wenn er Männer verlor.
Ich sah sogar den General, aus dem Augenwinkel, zustimmend nicken.

»Danke Sir, das werde ich ihnen nicht vergessen. Sie haben, was gut bei mir« entgegnete ich innerlich jubelnd und machte, dass ich Lincoln und Ari fand.

Wie ich die beiden kannte, waren sie bestimmt gleich nach dem Gefecht zur Kantine gelaufen, um sich die leeren Bäuche mit Essen zu füllen.
Tatsächlich sollte ich recht behalten und ich traf die beiden an einem Tisch an.
»Hey Bruder« begrüßte mich Ari grinsend, als ich mich zu ihnen auf die Bank setzte.
»Wo hast du denn, deine bessere Hälfte gelassen?« wollte Lincoln wissen und ich schaute nachdenklich auf meine Finger, die sich trotz der Handschuhe irgendwie kalt anfühlten.

»Deshalb bin ich hier. Neal ist spurlos verschwunden und der Sarge hat mir erlaubt nach ihm zu suchen« erklärte ich den beiden und der Blick des eher wortkargen Lincolns wurde traurig.

»Lennox, wir helfen dir wirklich gern. Doch du musst dich darauf gefasst machen, dass wir auch einen toten Neal vorfinden könnten« sprach der immer etwas vorlaute Ari, meine größte Angst aus und Lincoln schaute ihn daraufhin zurechtweisend an. Was wiederum meinen anderen Bruder dazu brachte, mich entschuldigend anzusehen.

»Los Ari, wir können später immer noch essen. Wir gehen jetzt mit ihm gemeinsam Neal suchen« herrschte der Blauhaarige unseren Bruder an. Ari legte daraufhin das Besteck klirrend auf den Teller ab.

»Gut Jungs, wir müssen zum zweiten Sektor des Waldes laufen. Dort habe ich Neal aus den Augen verloren« erklärte ich unser weiteres Vorgehen bestimmend und wir verließen geradewegs die Kantine.

Neal

Mir brummte der Schädel und ich fühlte mich ziemlich tot. Doch, als ich meine Augen langsam öffnete musste ich feststellen, dass ich dafür noch ziemlich viel Schmerz spüren konnte. Also war ich doch noch nicht so ganz tot.

Stöhnend setzte ich mich auf und bemerkte dabei, dass mir Blut aus meiner Nase lief. Ich zog mir einen Handschuh aus und hielt ihn mir unter die Nase, um die Blutung in den Griff zu bekommen.
Danach ließ ich meinen Blick auf den erdigen Boden umherirren und fand meinen Helm nicht weit von mir entfernt liegen.

Der Eimer hatte kein bisschen dafür gesorgt, dass mein Kopf bei dem Sturz geschützt war. Blöder Eimer.

Stimmt, ich bin ja in dieses beknackte Loch gefallen. War ich bis gerade eben etwa bewusstlos gewesen?

Mein Blick wanderte die Wände des Loches hinauf und ich seufzte auf, als ich die Tragweite meiner Situation endgültig verstand.
Mit dem Kopf im Nacken stellte ich entrüstet fest, dass das Loch in dem ich festsaß, ziemlich tief war. Ja so tief, dass man es sogar als ein Grab ansehen konnte.

Wie hatte ich es bitte übersehen können? Naja, eben genau so wie ich den Droiden nicht gesehen hatte.

Doch ich verwarf die negativen Gedanken schnell wieder und rief mir mein Mantra zurück ins Gedächtnis. Morgen wird bestimmt ein besserer Tag.

Ein schmerzhaftes Ziehen in meinem Brustkorb machte sich plötzlich bemerkbar. Vielleicht beiße ich noch vorher ins Gras.

Tja, dann ist wohl doch noch ein bisschen mehr als nur meine Nase kaputt gegangen.

Eigentlich hatte man uns beigebracht, dass man in so einem Fall auf einen Sanitäter warten sollte. Naja, blöd gelaufen, wenn da wahrscheinlich niemand mehr ist auf den man warten kann.

Ich fand, dass meine Situation wohl kaum schlimmer werden konnte und wenn ich mir hier unten eine Blutvergiftung holte, dann lag ich wenigstens schon tief in der Erde.

Zudem wurden die Schmerzen für mich unerträglich und mein Drang nachzusehen, was mit mir los war wurde immer dringlicher.
Ich entledigte mich langsam meiner Brustplatte und bemerkte als erstes das Einschussloch in meinem Druckanzug Oberteil.

Ich hatte wirklich verdammtes Glück gehabt. Ein paar Zentimeter weiter nach links und das währe es dann für mich gewesen.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht zog ich langsam mein schwarzes Oberteil nach oben und ein hässlicher dunkellilaner Bluterguss an meiner Seite, sprang mir als erstes unangenehm ins Auge. Ich hatte mir wohl eine fiese Rippenfraktur zugezogen und konnte nur hoffen, dass meine Lunge unbeschadet davon gekommen war.

Schwermütig versteckte ich meine definierten Bauchmuskeln wieder unter dem dunklen Stoff und lehnte meinen Rücken gegen die erdige Wand.

Ach Lennox, nun sitze ich hier wie ein Häschen in der Grube und niemand wird mich retten kommen.
Und ich weiß nicht, ob ich es schaffe mich selbst zu retten. Ob ich es schaffe jemals, den Weg zu dir zurück zu finden.

Hoping tomorrow, tomorrow is better than todayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt