Vom Leben gefickt

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Neal

»Und ich dachte Felucia war anstrengend. Doch das hier toppt nochmal alles« murmelte ich zu mir selbst und versuchte mich an dem seltsam leuchtenden Baum hochzuziehen.

Dabei starrte ich den von mir mit Munition durchlöcherten Kampfdroiden böse an, der nur wenige Schritte von mir entfernt endgültig den Saft aufgegeben hatte. Ich sackte erneut kraftlos zu Boden und seufzte resigniert auf.

Das kann doch alles nicht wahr sein. Wo ist Lennox, wenn man ihn mal braucht?
Ein Geräusch im Unterholz ließ mich aufhorchen und ich griff hektisch nach meinem Blaster. Komm schon heraus, du Arschloch. Komm her. Ich rechnete fest mit einem weiteren verirrten Droiden. Doch es war nur ein kleiner Vogel der aus dem Gebüsch hüpfte und ich senkte langsam meine Waffe. Das war echt Kinoreif.

Erleichtert stieß ich die angehaltene Luft aus und legte meinen Kopf gegen den geriffelten Stamm hinter mir. Der Wind wisperte leise und versetzte die Grashalme in Bewegung.

Im Augenwinkel sah ich die von der Sonne angestrahlten Droidenteile. Wie hatte ich bitte, das blöde Teil nicht sehen können? Hämisch glotzten mir die toten Augen des Droiden entgegen. Zum Glück können diese Blechdosen nicht zielen, ansonsten wäre mein Gehirn jetzt ziemlich matschig.

Einer der Schüsse hatte trotzdem meinen Brustkorb und darin wahrscheinlich einen Nerv getroffen. Mein rechter Arm fühlte sich seitdem taub an. Ein anderer Schuss hatte meine Beinprothese unnötig werden lassen. Aber ich lebte und nur das zählte für mich gerade.

Trotzdem konnte ich mein Gehirn nicht daran hindern darüber nachzudenken, wie ich wieder zur Basis zurück kommen sollte. Ich kam immer wieder zu dem selben Schluss. Nämlich, dass ich ziemlich handlungsunfähig war.

Ich musste hoffen, dass sich jemand dazu aufraffte nach mir zu suchen.
Nochmal probierte ich eine Verbindung zu einen meiner Brüder herzustellen, aber vergeblich. Ein Rauschen war nur jedesmal zu hören, wenn ich versuchte meinen Comlink zu benutzen.

Ich bin so ziemlich am Arsch.
Niemand wird nach mir suchen, schließlich bin ich nur ein Klon. Einer von vielen. Kein Sarge, kein ARC, kein Captain oder gar ein Commander. Die würden eher denken, dass ich verreckt war und ohne mich weiter fliegen. Auch wenn der General immer große Sprüche von sich gab, von wegen wir wären unersetzlich.
Ich schaute hinauf zum dichten Blätterdach des riesigen Baumes an dessen Stamm ich lag. Währenddessen ging ich im Kopf nochmal das hinter mir liegende Gefecht durch.

Lennox und ich hatten uns zurückziehen wollen, nachdem es immer mehr Droiden wurden. Wir wollten zurück zu den anderen aufschließen, um uns besser schützen zu können.
Einer der Droiden kesselte mich ein und Lennox hatte ich deshalb aus den Augen verloren. Er war hinter das Dickicht getreten und wahrscheinlich selbst damit überfordert gewesen, sich am Leben zu halten. Ich hatte mich hinter diesem großen Baum in Deckung begeben und jeden Droiden platt gemacht, der in Sichtweite kam. Das Gefecht verlagerte sich weg von meiner Position. Ein Nachzügler, den ich übersehen hatte, schoss mich nieder.
Irgendwie hatte ich es geschafft zu überleben, indem ich das Feuer, was auf mich niederging, stur erwiderte.
Nachdem der hartnäckige Droide zu Altmetall verarbeitet war, wurde es ruhig um mich. Das Adrenalin, was mich hatte weiter schießen lassen, ließ nach und der Schmerz lullte mich ein.
Als ich mich nach Lennox oder einen anderen meiner Kameraden umsah, war da niemand mehr gewesen...

Ich nahm meinen Helm ab und strich mir mit der behandschuhten Hand über die müden Augen.
Unweigerlich fragte ich mich, angesichts dieser aussichtslosen Situation, ob ein matschiges Gehirn doch die bessere Wahl gewesen wäre.
Warum hasst mich das Leben eigentlich so?

Ich unterdrückte den Drang danach mich meiner Brustplatte zu entledigen um nach der Wunde zu sehen. Denn ich wollte einfach keine Blutvergiftung riskieren und es dem Leben damit nicht so leicht machen, mich endgültig zu ficken.

Ich muss aufhören so negativ zu denken. Das bringt mich nicht weiter.
-Morgen ist ein besserer Tag... Morgen...- Dieses Mantra wiederholte ich immer wieder und begann mich erneut am Baum aufzurappeln. Los Neal. Du kannst das schaffen...
Als ich es schaffte auf meinem rechten Bein stehen zu bleiben, schaute ich mich suchend nach etwas um, was mir als Krücke dienen konnte.

Nah komm schon Neal, denk nach. Ich will Lennox wiedersehen.
Ich darf nicht einfach abwarten, bis etwas passiert.

Mein Blick blieb erneut an dem Kampfdroiden hängen und ich wollte mich am liebsten selbst, für mein einseitiges Denken ohrfeigen. Warum ist mir das nicht eher eingefallen?

Ich hüpfte mit neuem Kampfgeist etwas ungeschickt auf den Droiden zu.
Und ging neben diesem zu Boden und begann dessen Bein vom Rumpf zu trennen.
Dann machte ich mich daran meine Prothese soweit zu reparieren, dass ich darauf stehen konnte. Ich tauschte zerstörte Schrauben aus und fixierte alles provisorisch mit Kabeln aus dem Droiden. Daraufhin zurrte ich die Knoten fest. Nach mehreren Anläufen schaffte ich es stehen zu bleiben.
Triumphierend ragte ich über der Blechbüchse auf.

Ich fand nach einigen wackeligen Schritten einen stabilen Ast, der mir zusätzlichen Halt gab. Vielleicht hasste mich das Leben doch nicht so sehr.
Mit langsamen, aber energischen Schritten machte ich mich dann auf in die Richtung, in der ich unseren Stützpunkt vermutete.

Bitte lass sie noch da sein.

Hoping tomorrow, tomorrow is better than todayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt