Lass uns zusammen die Regeln brechen

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Neal

»Die brauchen wirklich lange« zischte ich, weil die Schmerzen schon wieder unerträglich wurden. Ich hörte Lennox neben mir, zustimmend brummen und er drückte vorsichtig meine Hand.

Mittlerweile war die Nacht angebrochen und ich konnte nur noch erahnen, wo sich mein auf dem Boden liegender Helm befand.

»Ich hatte solche Angst, dich nie wieder zu finden« gestand mir Lennox leise flüsternd und ich spürte wie er sachte, mit einer seiner behandschuhten Hände, über meine rechte Wange streichelte.

»Warum hast du eigentlich das Angebot von Wolffe, in die Schiffswartung versetzt zu werden, ausgeschlagen? Du hättest in einem sicheren Hangar arbeiten können, anstatt dich hier auf dem Schlachtfeld zu quälen« spielte er wieder dieselbe Leier hinunter und ich seufzte resigniert auf.

»Nur, weil mir mein linkes Bein weggeschossen wurde, heißt das noch lange nicht, dass ich nicht mehr für die Sache, an vorderster Front kämpfen kann. Lennox, ich will auf dem Schlachtfeld sterben und nicht bei einem dämlichen Brand im Hangar« rechtfertigte ich meine Entscheidung, dass gutgemeinte Angebot von Wolffe ausgeschlagen zu haben.

Er hatte mir das Angebot gemacht, weil ich während der Mission vor zwei Wochen auf Felucia, einen Phantomschmerz entwickelt hatte.
Doch ich wollte dem Commander und mir beweisen, dass ich es schaffen konnte und niemanden mehr zur Last werden würde, bei der nächsten Mission. Bei dieser Mission. Deshalb schlug ich das Angebot aus.

»Du bist so ein Dickkopf« hörte ich Lennox schimpfen und ich schmunzelte in mich hinein.
»Tja, das sagst gerade du. Ich meine, wer sitzt jetzt mit mir in diesem Loch fest, weil er es nicht ausgehalten hat, noch länger von mir getrennt zu sein?
Und wer hat wahrscheinlich den Sarge auf Knien angefleht, um mich überhaupt suchen gehen zu dürfen?« entgegnete ich und er hielt ertappt den Mund.

»Ein Danke, wäre nett gewesen« durchbrach er die entstandene Stille zwischen uns.
»Lennox, weißt du, ich habe das Angebot wegen dir abgelehnt. Wenn ich es angenommen hätte, dann wäre ich einem anderen Sarge zugeteilt worden und wir hätten uns dann nicht mehr so häufig gesehen...« erklärte ich mich nochmal, mit meinen anderen Beweggründen.

»Ich verstehe dich ja« raunte mein bester Freund an mein Ohr und ich erschauderte, durch seine plötzliche Nähe.
Er begann unerwartet einfach damit, die Stelle unter meinem rechten Ohr zu küssen.

»Nox', was wird das?« wollte ich von ihm irritiert wissen und hörte ihn daraufhin nur leise lachen.

»Ich hole mir mein verdientes "Danke"von dir ab« nuschelte er und küsste dabei kurz meinen rechten Mundwinkel. Waraufhin ich mir ein kleines Grinsen nicht mehr verkneifen konnte. Was jedoch wieder in sich zusammenfiel, als mir seine Wörter wieder in den Sinn kamen.

»Gefällt dir das denn nicht?« wollte Lennox mit anzüglichem Unterton in der Stimme von mir wissen.

»Doch, aber hatten wir uns auf Felucia nicht darauf geeinigt sowas zwischen uns zu unterlassen, weil es uns ablenkt. Und weil unsere Brüder es seltsam finden würden, wenn sie davon Wind bekommen« brachte ich zwischen zwei Atemzügen hervor und Lennox löste sich kurz von mir.

»Eben auf Felucia. Sieht das hier etwa aus, wie Felucia? Und außerdem ist hier doch gerade weit und breit niemand sonst« meinte er und zog mich noch näher zu ihm.

Ich spürte seinen warmen Atem auf meiner Haut und kurz darauf trafen seine Lippen fordernd auf meine.

»Lass uns damit aufhören, solche dämlichen Regeln aufzustellen. Unser Leben besteht auch schon so, aus einem einzigen Regelwerk. Es wird Zeit, dass wir ein paar davon brechen«

»Das hab ich damals doch auch schon gesagt, aber du wolltest das nicht hören« nuschelte ich an seinen Mund und er strich zärtlich, durch mein zerzaustes Haar.

»Da war ich mir auch noch nicht so stark im Klaren darüber, dass ich dich jederzeit verlieren könnte« flüsterte er betrübt und diesmal war ich derjenige, der ihn innig küsste. Lennox ließ unerwartet, eine Hand unter meinen Druckanzug wandern und veranlasste mich dazu, ihn von mir weg zu drücken.

Erneut zog nämlich der Schmerz, durch meinen Körper und ich stöhnte gequält auf. Lennox kam wieder auf mich zu und begann damit, meinen Brustkorb abzutasten.

»Mein lieber, sobald wir hier raus sind und du vom Sanitäter wieder zusammengeflickt worden bist, lasse ich dich nie wieder aus den Augen. Nie wieder« meinte er ernst, als ich unter seinen Berührungen immer wieder vor Schmerz zusammenzuckte.

Auf einmal fielen kleine Erdklumpen von oben auf uns hinab und ich schaute angestrengt hinauf.
»Lennox! Wo bist du?« hörte ich einen unserer Brüder laut rufen und erleichtert atmete ich auf.

»Hier unten, bei Neal!« rief er zurück und kurz darauf schien helles Licht von oben auf uns hinab.
»Du bist nicht wirklich mit Absicht da hinunter gefallen, oder?« äußerte einer unserer Brüder sich ungläubig und ich hörte einen anderen laut fluchen.

»Ari, wer würde schon, sowas dummes tun?« stellte Lennox eine Gegenfrage und rappelte sich auf.
»Das klären wir später. Jungs, jetzt holt die beiden da endlich raus!« rief der Sarge, den ich an seinen typischen Befehlston erkannte.
Weitere Trooper schauten neugierig zu uns hinab und blendeten uns, mit ihren Lichtern. Angestrengt blinzelten wir beide, abwartend nach oben.

»Ich denke, ich kann das ganze beschleunigen« hörte ich plötzlich die Stimme vom General sagen und kurz darauf, sah ich schemenhaft den Kel'Dor oben am Rand zwischen unseren Brüdern stehen.

Ich revidierte gedanklich meine Aussage zu dem Thema, dass der General doch nur große Töne von sich gab. Ihm sind seine Männer anscheinend doch, wirklich wichtig.

Lennox dachte tatsächlich noch an unsere Helme und danach wurde ich auch schon, mithilfe der Macht in die Luft befördert. Kurz darauf war ich oben und wurde von einem Sanitäter in Empfang genommen.

Nachdem auch Lennox aus dem Loch geholt worden war, brachte man uns zurück zur Basis, dabei wich mir mein bester Freund, kein einziges Mal von der Seite.

Hoping tomorrow, tomorrow is better than todayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt