Das Model

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Ich fragte mich, warum ich eigentlich nie im Hotel Orbit gewesen bin. Meine Familie kannte die Familie Ibn Ofrahim bereits seit vielen Jahren. Ich bin in Paris aufgewachsen und wenn die arabische Familie in der Stadt war, waren Meyan und ich Spielkameradinnen. Ich war 13 Jahre alt, als ich in Fahal unsterblich verliebt war. Das hielt solange an, bis ich meine Schwester mit ihm zusammen im Bett erwischte. Meine Schwester Merci ist fünf Jahre älter als ich und ich hasste sie von diesem Tag an abgrundtief. Fahal liebte ich noch immer und dafür hasste ich ihn. Ich schwor mir, die schönste Frau auf der ganzen Welt zu werden, um Fahal zu zeigen, dass er die falsche Wahl getroffen hatte. Ich zog das wirklich durch, wurde Model und das sehr erfolgreich. Ich heiratete meinen Agenten nicht aus Liebe, sondern um meine Karriere weiter voran zu treiben. Ron gefiel dieses Arrangement, denn auch er wurde dadurch interessanter für die Presse. Ich lud Fahal zu unserer Hochzeit ein, damit er sah, was aus mir geworden war. Es schien, dass er sich nicht besonders wohl gefühlt hat auf der Feier, aber er gratulierte mir nur und ließ sich nichts anmerken. Ich hatte sogar eine Gesangskarriere gestartet, nur um Fahal zu beeindrucken. Ich lebe seit dem in New York. Fahal rief mich zwar an und erzählte, er habe sich die CD gekauft und sei begeistert von den Songs, aber von Verliebtheit keine Spur. Mir war zwar klar, wie kindisch dieser Beweggrund war, aber es trieb mich immer weiter an, bis zur absoluten Erschöpfung. Fahal würde nie mehr in mir sehen, wie die Celine aus Paris, die er aus Kindertagen kannte. Mich tröstete es nicht, dass er meine Schwester Merci, wie auch alle Liebschaften danach fallen ließ, wie eine heiße Kartoffel. Freunde wurden wir eigentlich nie so richtig. Er meldete sich zwar regelmäßig und ich konnte jederzeit bei ihm anrufen, aber eine merkwürdige Distanz herrschte zwischen uns. Wie auch jetzt, als ich durch die Luftschleuse der Raumstation trat und er mich begrüßen sollte. Ich hatte Highheels angezogen, mich in ein enges Etuikleid gequetscht und eine Hochsteckfrisur gemacht. Denkbar das Unbequemste für einen Shuttleflug. Mit mir waren ein Millionärspaar und zwei Ölscheichs, der Popstar Mc Guair und die Kinder des Prinzen von England mit begleitendem Personal angereist. Ich ließ allen den Vortritt, um meinen Auftritt zu inszenieren, aber Fahal war damit beschäftigt, die anderen Gäste zu begrüßen, insbesondere die Ölscheichs und sah nicht wie ich mich bemühte einen Catwalk in der Gravitoren-Anziehungskraft hinzulegen. Ich war es eigentlich gewohnt, dass man mich beachtete. Auf der Erde folgten mir die Paparazzi überall hin. Jeder wollte ein Autogramm haben oder ein Foto mit mir machen, aber mich beachtete hier keiner von den Anwesenden.
Wie in einem Hotel auf der Erde trat man in den Eingangsbereich mit der Rezeption. Hinter dem Tresen standen zwei Damen und verteilten die Zimmerschlüssel, bzw. Codekarten. Als mich eine der Damen sah, drehte sie sich schnell weg. Sie war asiatischen Ursprungs, ein dickliches Ungetüm mit grotesker Oberweite und ich wusste, dass ich sie irgendwo schon mal gesehen hatte. Als ich näher kam verließ sie fluchtartig die Rezeption. Ich fragte ihre Kollegin auf Englisch : "Was ist los mit ihr?" "Mai Ling ist plötzlich übel. Herzlich Willkommen, Madame Duboir!" antwortete sie in perfektem Französisch. Statt Mitleid zu haben, war ich einfach nur angepisst. Die Rezeptionistin rasselte ihren Text herunter, irgendwelche Sicherheitshinweise, dass mein Gepäck auf's Zimmer gebracht wird und wie ich mich auf der Raumstation zurecht finde, welche Essenszeiten es gab und womit ich mir die Zeit hier vertreiben konnte. Den Sexbot-Service erwähnte sie nicht, aber ich wusste von Meyan davon. Die Rezeptionistin reichte mir gerade eine Broschüre mit Lageplan und wünschte: "Einen angenehmen Aufenthalt im All, Madame Duboir." Als eine warme Hand mich am Arm berührte: "Salemaleikum, Celine!" Ich drehte mich langsam zu ihm um, bemüht ihm meine Freude über das Wiedersehen nicht zu zeigen. "Salut, Fahal!" sagte ich steif und schmolz innerlich dahin beim Blick in seine braunen Augen. Er lächelte förmlich: "Entschuldige, Celine. Ich bringe die Herren zu ihren Zimmern und dann..." Wie aus einem Reflex packte ich ihn am Kragen seiner arabischen Klufft und fauchte ihn an: "Wage es ja nicht!" Und in Fahals Augen blitzte etwas auf, das ich nicht deuten konnte. Ich hörte die Scheichs kichern und ließ sofort los und strich den Stoff wieder glatt. "Geh nur, ich gewöhne mich schon daran, ignoriert zu werden." sagte ich schnippisch und gab ihm ein Schubs. Er verschwand mit den Scheichs in einem der Gänge.
Dann passierte etwas völlig Unerwartetes. Ich stand plötzlich vor mir selbst in einem heißen Matrosen-Outfit und sagte: "Ich kann Ihnen ihr Zimmer zeigen. Folgen Sie mir!" Perplex folgte ich mir selbst zu den Fahrstühlen. Ich wackelte nicht so mit dem Arsch und so eine Oberweite hatte ich auch nicht, verglich ich sie. Ihr Gesicht ist viel rundlicher als meins und sie trug die Haare lang in wilden Locken. Ich hatte schon seit drei Jahren nicht mehr diese Frisur, sondern trug kurze Haare. Erst als wir gemeinsam in den Fahrstuhl traten, fiel der Groschen: "Der Roboter!" "Ja und ich wurde nach Ihrem Vorbild modifiziert. Es freut mich, Sie mal persönlich kennen zu lernen, Madame Duboir." Sie streckte mir ihre Hand entgegen, aber ich nahm sie nicht. In mir brodelte es. Meyan hatte mir diesen Job vermittelt. Die Roboter vom Hotel Orbit wurden von Chan Ming Dow modifiziert und diese suchte ständig Models, die als Vorbilder für die neuroplastische Modifikation der Roboter dienten. Man versprach mir eine Gage von 120 Tausend, aber die bekam ich nicht mehr, denn die Künstlerin verschwand spurlos, nachdem sie mich nackt in ihrem 3D-Scanner kopiert hatte. Dass ein Roboter existiert, der so aussieht wie ich, wusste ich nicht: "Diese miese Schlampe..." fluchte ich gerade als die Türen des Fahrstuhls sich öffneten. Eine unwirkliche Szenerie tat sich vor mir auf. Es sah so aus wie in meinem Pariser Loft. Möbel aus der Renaissance, Bistrostühle wie in einem dieser Boulevard-Cafés und eine luxuriöse Chaiselongue. Eine perfekte Illusion, wäre da nicht die Aussicht. Durch die Fenster sah man die Sterne im Weltall funkeln. Der Mond ein dunkler Kolloss verdeckte die Erde halb und die Sonne beleuchtete alles diffus. "Das Pariser Deck!" verkündete die Roboterdame. Sie ging zu einer Tür und öffnete diese, dahinter ein imposantes Kingsizebett. Eins der Kissen schwebte im Raum bis der Roboter befahl "Ari. Gravitation." Sie präsentierte mir noch das Bad und eine Art Bar oder Küche, ich war aber nicht mehr bei der Sache. Meine Gedanken kreisten noch immer um den Tag in Ming Dow's Atelier. Diese fette Asiatin mit dem fiesen Blick. Diese sexistische Art, wie sie mich betatscht hat und herumgeschubst als sei ich ein Gegenstand. Ich trat ans Fenster und sah zu den Sonnenkollektoren, wo ein paar Handwerker in Raumanzügen arbeiteten, als mir plötzlich etwas bewusst wurde: "Sie ist hier. Die Frau an der Rezeption." Wow, das erklärte ihre Reaktion. Sie wollte nicht erkannt werden. Der Roboter, der so aussah wie ich, trat neben mich. "Mai Ling?" "Das ist Chang Ming Dow. Sie versteckt sich hier im Hotel Orbit." Ein Roboter kann nicht lügen, deshalb streitet mein Gegenüber es nicht ab. "Das sollten Sie für sich behalten, Madame Duboir." "Sag Celine zu mir. Es fühlt sich falsch an, wenn ich zu mir selbst 'Sie' sage." "Okay, Celine. Du solltest Frau Ming Dow nicht verraten. Sie möchte unerkannt bleiben." warnte sie mich eindringlich. "Die Schlampe schuldet mir Geld." empörte ich mich. "Trotzdem, es ist gefährlich. Sie wird dich umbringen." Die Warnung hallte in meinen Ohren wieder und machte mir Angst.
Das Ping des Fahrstuhls unterbrach uns und Fahal kam herein mit ihm ein Portier mit einem goldenen Rollwagen und meinen Koffern darauf. "Du hast mehr Gepäck als die Royalen. Willst du hier einziehen?" "Eine Frau braucht ihr Ausstattung, immer und überall!" Der Portier stellt die Koffer ins Schlafzimmer, verabschiedet sich höflich und verschwindet Richtung Fahrstuhl. Fahal sieht den Roboter fragend an, als sie nicht reagiert, betonte er etwas verärgert: "Melissa, würdest Du mich bitte mit Madame Duboir alleine lassen." Sie sieht mich an und ich nicke ihr zu, dann geht auch sie Richtung Fahrstuhl. "Du hättest mich ruhig vorwarnen können." giftete ich Fahal an. "Es tut mir leid. Diese Scheichs sind Investoren..." "Ich war wirklich geschockt, mir selbst hier zu begegnen." "Was meinst du, Celine?" tat er ahnungslos, dieser Bastart! Wütend stapfte ich mit meinen Highheels ins Schlafzimmer und warf den kleinen Koffer auf das Bett. "Ich meine diesen Roboter!" "Melissa?" Ich holte aus meinem Koffer ein paar Fell-Schlappen und versuchte aus meinen Schuhen zu kommen, aber die Schnallen klemmten und ich war zu aufgebracht um sie zu öffnen, also setze ich mich auf das Bett und reckte Fahal einen Fuss entgegen. Sofort kniete er vor mir nieder und half. Oh ja, da will ich dich haben! sagte eine innere Stimme und ich verdrängte schnell das Gefühl, was damit verbunden war. Nur ein bisschen erlaubte ich mir, es zu genießen, wie Fahal die Schuhe von meinen Füssen zog. "Ich hatte ja keine Ahnung, dass dieser Roboter existiert. Ich habe meine Gage von Chan Ming Dow nie bekommen." "Chan Ming Dow?" Fahal zog mir sogar die Fellschlappen über. "Sag mal, tust du nur so oder bist du so blöd?" Ich gab ihm einen Tritt und stand auf. Er kippte nach hinten um und sah zu mir auf, wie ein scheues Reh. Ein Anblick den ich in vollen Zügen genieße. Ich schnappte mir meinen Kulturbeutel und den Schminkkoffer und ging herüber ins Bad. "Ich weiß wirklich nicht, wovon Du sprichst." "Und dir ist nicht aufgefallen, dass dieser Roboter Melissa so aussieht wie ich?" "Was? So ein Quatsch. Melissa?" "Chan Ming Dow hat sie nach meinem Abbild modifiziert. Meyan hat mir den Job vermittelt." "Meyan wollte, dass der Roboter so wie Du...?" "Nein, das glaube ich nicht." Ich hatte Probleme meine Schminksachen in die Vorrichtungen der Ablage zu tun, die verhindern sollten, dass bei Schwerelosigkeit alles herum flog. "Soll ich?" bot Fahal an. Du sollst mich endlich küssen! fauchte ein Verlangen in mir. Stattdessen reichte ich ihm eine Tube, ein Flacon, die Pinsel und anderes Zeug und er verstaute es fachmännisch. "Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich dich vorgewarnt. Mir ist das aber nicht aufgefallen!" "Du Lügner. Gib es zu, Du hast sie als Sexbot benutzt und dir vorgestellt, ich wäre es, die du fickst!" "Ich...?" Er lief puterrot an und empörte sich. "Sie sieht dir kein bisschen ähnlich." "Erwischt, mein lieber Fahal. Hengst bleibt Hengst! Ich weiß, wie du tickst!" Beleidigt hob er sein Kinn: "Du spinnst doch" und ging.
Wie empfindlich er immer reagierte, amüsierte mich sehr. Ich wusste, es würde nie lange dauern und er kam wieder bei mir angekrochen. So war es irgendwie immer. Er war so eine Diva und dann wieder so unterwürfig. Ich werde ihn wohl nie verstehen. Wenn ich nur daran dachte, wie er mir die Schuhe eben ausgezogen hat. Ich wünschte, er hätte statt mir die Schlappen anzuziehen, mir die Zehen geleckt. Mir prickelten bei dem Gedanke die Füße. Seine Hand wäre langsam über meine Waden in meine Kniekehle gewandert. Er hätte Küsse über mein Schienbein herauf verteilt. Meine Knie wurden ganz weich und ich musste mich auf den Rand der Badewanne setzen. Dieser Mann machte mich einfach wahnsinnig und war immer wieder Inhalt meiner schmutzigen Fantasien. Ich würde ihm einen Tritt verpassen wie eben. Breitbeinig würde ich mich über ihn stellen, ihm den Blick unter mein Kleid auf meine unbedeckte Muschi präsentieren und er würde sich die Lippen lecken. Leider hatte ich in der Realität ein Höschen an. Ich strich mein Kleid hoch über meine Oberschenkel und ließ besagtes Kleidungsstück meine Beine heruntergleiten. Wie es wohl wäre sich einfach auf das Gesicht eines Mannes nieder zu lassen, sich so zu platzieren, dass sein Mund direkt auf dem Zentrum meiner Lust landete, damit er es lecken kann. Langsam glitt ich vom Badewannenrand auf die Knie. Seine Zunge würde mich da berühren, wo gerade meine Finger hin wanderten. Seine Lippen würden an meinem Kitzler lutschen und schließlich würde ich sein Gesicht reiten von Nase bis zum Kinn ohne Rücksicht darauf, dass er ersticken könnte. Augenblicklich komme ich bei der Vorstellung allein durch die Imagination.

Nachdem ich meine Sachen aus den Koffern in den Schränken verstaut hatte, zog ich mir etwas Bequemes an. Jeans, Turnschuhe und T-Shirt. Ich wollte das Gespräch mit Melissa beenden.

Hotel OrbitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt