{Teil 1 ~ 4}

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„Und wie ist jetzt der Plan? Wir können schlecht alle deine Sachen und meinen Kram zu Fuß mitnehmen", überlegt Per und schaut ratlos zwischen den Umzugskartons und Taschen hin- und her. „Ich dachte, wir tun sie in mein Auto." Ich grinse und genieße, wie sein Unterkiefer nach unten klappt und er mich komplett verwirrt anschaut. „Bitte was?" „Mein Auto. Steht draußen unter ner Plane. Ist zwar abgemeldet, läuft aber einwandfrei." „Nicht dein verdammter Ernst", knurrt er und kommt ein paar Schritte auf mich zu. Ich weiche nicht zurück, sondern ziehe ihn in meine Arme. „Okay, ich habs am Anfang vergessen, dass ich ein Auto und Benzin habe, und später wollte ich dich behalten", gebe ich zu. „Als wär ich ein Objekt", schnaubt Per und ich verstehe nicht ganz, warum er böse ist. „Was ist los?" „Du bist los und ich bin verdammt aufgeregt, dass ich den Mann meiner Träume einfach mit nach Hause nehmen darf!" Jetzt fühle ich mich auch objektifiziert. „Niemand erträumt sich einen unfreundlichen Typen", widerspreche ich ihm und schiebe meine Hände auf seine Hüfte. „Aber einen heißen Typen." „Danke, ich werd gern auf mein Aussehen reduziert." „Du weißt genau, dass ich..." Ich drücke ihm einen kurzen Kuss auf seine Lippen, um ihn zur Ruhe zu bringen. „Ja, weiß ich", versichere ich ihm dann. Er lächelt mich an und küsst mich zurück. „Gut."

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„War doch ne gute Idee", gebe ich zu, als ich aus meinem Auto steige. Wir haben das Benzin in Pers Auto gefüllt und meinen Wagen hinten angehängt, mit mir natürlich am Steuer. So hatten wir auch genug Platz für all meinen Krempel, der sich irgendwie doch als mehr herausgestellt hatte als ich dachte. Jetzt stehen wir vor einer kleinen Werkstatt, bei der ich mir wenigstens für einen Tag ein Nummernschild holen will, damit ich das Teil mit nach Stockholm nehmen kann. Und tanken müssen wir natürlich auch.

Der Typ in Mechanikerkleidung stellt zum Glück keine großen Nachfragen und schiebt mir einfach ein paar Formulare zu, die ich schnell ausfülle. Ein paar Minuten später ist auch schon alles geklärt und Per und ich lösen die Abschleppseil-Konstruktion auf, während sein Telefon klingelt. Er verdreht die Augen, packt das Seil in den Kofferraum und lehnt sich dann neben mich gegen das Auto. „Ja?" Sein Gesicht sieht nicht allzu erfreut aus. „Ja, ich lebe noch und bei mir ist alles gut. Ich konnte nicht bescheid sagen, ich hatte eine Panne und das war da total abgeschieden, weshalb ich da nicht wegkam und auch kein Netz hatte." Ich hört weiter zu und verdreht die Augen. „Nein, ein Typ, der im Wald wohnt, hat mir einen Platz zum Schlafen angeboten." Er wirft mir ein Lächeln zu, welches ihm gleich darauf aus dem Gesicht fällt. „Nein, haben wir nicht. Und selbst wenn, würde ich es euch auch nicht erzählen." Er spannt seine Kaumuskeln an. „Nein, mein Urlaub ist vorbei und ich fahre heute wieder zurück." Er schaut grimmig und schüttelt den Kopf. „Ich lege jetzt auf." Tatsächlich macht er auch genau das und atmet tief durch, während er sein Handy wegsteckt.

„Deine Eltern?" Er nickt und ich fahre ihm vorsichtig durchs Haar. „Hey, alles gut. Sie sind vielleicht Idioten, aber ärger dich nicht. Lächeln steht dir besser." Er wendet den Kopf zu mir und lächelt traurig. „Warum sind sie so?" Ich seufze und nehme ihn in den Arm. „Ich weiß es nicht. Aber du wirst sie nicht ändern können." Ich bin nicht so gut im trösten. Vorsichtig setze ich einen Kuss auf seinen Hals, dann löse ich mich wieder von ihm. Er lächelt, diesmal nicht traurig. „Danke, dass du wenigstens versucht hast, mich aufzumuntern."

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Drei Stunden später haben wir das Kennzeichen wieder abgegeben, die Autos geparkt und allen Kram hoch in Pers Wohnung geschleppt. Nun stehe ich in seinem Gästezimmer, in welchem ich meinen neuen Kreativraum einrichten darf. Die Schlafcouch kommt in die Wohnküche und das Korbsofa, was dort vorher stand, steht nun im Flur, da die beste Freundin von Per es uns abnehmen will. Das sowieso halbleere Bücherregal hat Per komplett leergeräumt und den Inhalt irgendwie noch in seinem Schlafzimmer verstaut. Ein paar Steh-im-wegs, nicht nur aus dem Gästezimmer, haben wir unten auf die Straße gestellt, in der Hoffnung, dass sich jemand anderes daran erfreut. So ist der Raum jetzt abgesehen von dem ausgeräumten Bücherregal leer. Während ich nachdenklich in der Mitte des Raumes stehe, schlingen sich plötzlich zwei bekannte Arme um meinen Oberkörper. „Na?" Ich lehne meinen Kopf zurück und drücke ihm einen Kuss auf die Wange. „Gefällt dir die Wohnung?" „Ja, total." Neben der Wohnküche, dem Flur, dem Schlafzimmer und dem ehemaligen Gästezimmer gibt es noch ein Badezimmer, das wars. Aber ich fühle mich wohl, denn alles ist schlicht, aber geschmackvoll eingerichtet. Aus den Fenstern kann ich einen Park mit vielen schönen Bäumen sehen und in der Ferne das Wasser. Es ist traumhaft hier.

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