Ich werde von gemächlichen Streicheleinheiten geweckt. Auch, wenn ich Per nicht direkt neben mir spüre, weiß ich, dass er das ist. Für kuscheln ist es schon jetzt, am frühen Morgen, zu heiß. Trotzdem berühren wir uns beim Schlafen immer mit mindestens einem Finger.
Jetzt scheint Per allerdings nicht mehr zu schlafen, denn seine Finger tanzen sanft über meine Brust. „Hmmm", mache ich. Wohlig seufze ich auf, strecke meine Hand nach ihm aus. Langsam fahre ich über das Stück Haut, was ich erwische. Fühlt sich nach Taille an. „Hmmm", wiederhole ich mich leise. „Guten Morgen." „Morgen, mein Schatz", kommt es leise zurück. „Wie spät?", nuschle ich, wobei ich mit meinem Kopf in Richtung seiner Stimme rücke. „Erst halb acht. Wenn wir Glück haben, schlafen die Kleinen noch." Gegen die heiße Morgenstimme meines Mannes bin ich machtlos, weshalb ich ihn an der Taille näher zu mir ziehe. Hitze hin oder her, ich sehne mich gerade nach seiner Nähe.
Unsere Küsse bleiben sanft und unschuldig, im Gegensatz zu denen am gestrigen späten Abend. Ein Gutes hat es, dass die Hütte so klein ist: Die Kinder müssen draußen im Zelt schlafen, was sie glücklicherweise grandios finden. So können Per und ich trotzdem noch ein bisschen Spaß haben, denn er ist für mich nach wie vor heißer als jeder andere Mensch auf diesem Planeten. Wenn wir zu Hause sind, geht das zwar auch, aber erst spät. Oder, wenn Kira sich um die Kleinen kümmert, was sie liebt.
„Matt", murmelt Per leise, wobei er durch meine Haare streicht. „Ja?" Ich schenke ihm ein liebevolles Lächeln, welches er warm erwidert. „Ich bin so glücklich. Für dich, für uns." Seine rotbraunen Augen strahlen mich voller Liebe an. „Hm, ich auch", gebe ich zurück. Seit unserem ersten Urlaub hier sind acht Jahre vergangen und in der Zeit hat sich so einiges geändert. Ich habe nicht nur Wolkenreich veröffentlicht, sondern auch noch zwei weitere Bücher, eine Menge Bilder und ein ganzes eigenes Album. Mittlerweile verdiene ich ähnlich gut wie Per, worauf ich unglaublich stolz bin. Manchmal werde ich sogar auf der Straße erkannt. Zu erfahren, dass Leute meine Kunst liebend gern konsumieren und sie ihnen vielleicht sogar hilft, erfüllt mich immer mit Freude.
Wir haben entschieden zu heiraten, was eine der besten Entscheidungen in meinem Leben war. (Tatsächlich kann ich mich nicht mehr erinnern, wer wem den Antrag gemacht hat. Es stand irgendwann im Raum und dann haben wir es einfach gemacht.) Und nachdem das Babysitten bei Mimis und Oscars erstem Baby damals so gut geklappt hat, haben wir dann irgendwie ein paar Kinder adoptiert. Mittlerweile haben wir vier süße Chaoten unter unsere Obhut, was mich jeden Tag unfassbar glücklich und zufrieden macht. Außerdem verstehen sich unsere Kinder super mit den drei Jungs unserer besten Freunde. Was praktisch ist, da wir mittlerweile in einer Straße wohnen.
Neben Mimi, Oscar und Kira sind wir auch mit Lotta und Torge eng befreundet. Alte Freunde von Per, wie Alex, ein neuer Arbeitskollege von ihm und ein Mitarbeiter des Tonstudios, in dem ich mein Album aufgenommen habe, vervollständigen unseren näheren Freundeskreis. Mittlerweile fühle ich mich unfassbar wohl, zumindest unter diesen Leuten. Aber auch in Gegenwart von Fremden, selbst bei größeres Menschenansammlungen, beschleicht mich nicht mehr dieses beklemmende Gefühl. Diese Unsicherheit, nicht zu wissen, ob sie es gut oder schlecht mit mir meinen. Ich habe dieser Angst gegenüber eine gesunde Egalhaltung eingenommen: Wenn mir neue Menschen etwas gutes wollen, freut mich das. Wenn nicht, interessiert es mich nicht, denn mit Per, unseren Freunden und unseren Kindern im Rücken fühle ich mich nicht mehr einsam.
Im Gegenteil, mir wird jeden Tag gezeigt, wie liebeswert und wertvoll ich bin. Fans, die mir auf Instagram ihre Begeisterung für meine Kunst aussprechen. Freunde, die sich unfassbar über Einladungen zu Kochabenden freuen, weil selbige bei uns wohl die besten seien. Kira, die mir mit den Kindern unter die Arme greift, wenn Per mal wieder ewig viel arbeiten muss, und die mir als Ersatz-kleine-Schwester ein Gefühl von Familie vermittelt, was ich nie hatte. Unsere vier kleinen Süßen, die mir mit ihrer liebevollen Art zeigen, dass ich meinen Vater-Job wirklich gut mache. Per, der mir immer mal wieder Blumen, veganen Kuchen oder einen unerwarteten Kuss schenkt, weil er mich so sehr liebt.
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Waldgeflüster
Short StoryMatt hasst Menschen. Per trifft durch Zufall auf ihn. Eine Kurzgeschichte (mit unterschiedlich langen Kapiteln). Die Rechte liegen allein bei mir!