< ACE >
(Thomas Barbusca)Als es nach zwei Stunden endlich zur Pause klingelt, springe ich erleichtert auf. Ich werfe Fynn einen kurzen Blick zu, bevor ich weiter zu Luke und Aya sehe. Die drei scheinen denselben Gedanken zu teilen, weshalb ich mich schließlich überwinden kann, ihn auszusprechen: „Verbringen wir die Pause zusammen?"
Tatsächlich wirkt besonders Luke ziemlich erleichtert. Er nickt zustimmend, und greift nach seiner Tasche. Ich tue es ihm gleich. Zu viert verlassen wir den Klassenraum, und versuchen, die Pausenhalle oder die Cafeteria zu finden. Tatsächlich erreichen wir, dank Fynns Hunger, die Cafeteria. Wir lassen uns an einem der Tische nieder.Es ist noch immer unangenehm zwischen uns. Aya betrachtet ihre Hände, als gäbe es dort unglaublich viel zu sehen. So ist es aber nicht. Ich habe so langsam das Gefühl, dass ich genau an die Gruppe geraten bin, die sich absolut nichts aus Geld macht. Das ist natürlich nichts negatives, aber das stellt meinen Plan infrage, die nächsten vier Jahre allein durchzustehen. Es vergehen ein paar Minuten. Die Pause dauert hier eine halbe Stunde und ich hoffe insgeheim, dass wir bald endlich ein Gesprächsthema finden. Denn sonst würde auch die nächste Pause der Horror werden, und die ging gleich doppelt so lang.
„Ihr seid alles Bonzenkinder, oder?", durchbricht Fynn plötzlich das Schweigen am Tisch. Überrascht sehen wir auf. Ich benutze den Begriff selbst ebenfalls für die anderen, aber ihn von jemand anderem an dieser Schule zu hören, irritiert mich trotzdem ein wenig.
Ich zucke mit den Schultern. „War nicht geplant. Mein Dad hat geheiratet und plötzlich waren wir reich", erläuterte ich schließlich vage. Aya zog die Stirn kraus. „Ich würde mich nicht als Bonze bezeichnen...", sie grinst schief. „Meine Familie hasst mich, also sehe ich von dem Geld nicht viel. Mir wird alles bezahlt, aber nichts, was ich mir selbst aussuche."Ich werfe Luke einen neugierigen Blick zu, der noch immer keinen Ton von sich gegeben hat, seit wir hier sind. Entweder, er ist generell sehr ruhig, oder er will die Frage nicht unbedingt beantworten. Schließlich seufzt er auf. „Naja, um ehrlich zu sein bin ich wohl sowas wie der Liebling meiner Familie... Aber ich mache mir aus Geld nicht viel. Seit meine Mum nicht mehr da ist, habe ich andere Sorgen als die teuersten Sneaker zu besitzen."
Das Thema scheint ihn sehr zu bedrücken, weshalb Aya scheinbar beschließt, aufzustehen. „Ich hol' mir was zu trinken. Will sonst noch jemand was?"„Gibt es hier Energy?", hake ich nach, und versuche, die Getränke im Automaten auf die Distanz zu erkennen. Erfolglos. Aber tatsächlich nickt Aya. „Monster. Schwarz und weiß glaube ich", sagt sie. Ich drücke ihr Geld in die Hand, als sie sich bereit erklärt, mir einen mitzubringen, und muss grinsen. Meine Eltern hassen es, wenn ich das Zeug trinke, aber es ist längst zu meinem absoluten Lebenselexier geworden. Ohne würde ich nicht überleben. Mein Schlafrytmus ist seit den Ferien vollkommen zerstört und schon während den ersten beiden Stunden habe ich mit meiner Müdigkeit gekämpft.
Während wir auf Aya warten, gleitet mein Blick suchend über die Schüler. Irgendwo müssen meine Schwestern sein. Eigentlich sind sie nur meine Halbschwestern, aber das ist egal. Ich habe immerhin fast jedes Wochenende in meinem Leben mit ihnen verbracht. Es ist nicht schwer, Lucys rote Locken in der Menge auszumachen. Sie sitzt bei ein paar anderen aus ihrem Jahrgang, und scheint völlig vertieft in ein Gespräch zu sein. Schließlich entdecke ich auch Jessica, und atme erleichtert auf. Auch sie scheint schon Kontakte gefunden zu haben. Damit tut sie sich für gewöhnlich sehr schwer, aber wenn in jedem Klassenraum Gruppentische stehen, kommt man ja kaum drumherum.
Aya reißt mich aus den Gedanken. Sie stellt einen schwarzen Energy vor mir ab, und drückt mir das Rückgeld in die Hand. Ich sehe sie dankbar an. Fynn wirft mir einen amüsierten Blick zu. Als ich begreife, dass er und Luke mich nun vermutlich mit Aya shippen, verdrehe ich die Augen. „Es ist ein Energy, Leute", informiere ich sie, als wüssten sie das nicht. „Das ist kein Ring, klar?"
Aber Luke lacht bloß auf. „Ich sehe da keinen großen Unterschied, Ace. Außerdem ist Energy definitiv der bessere Heiratsantrag!"Fynn lacht ebenfalls auf, und greift nach der Getränkedose, um vor Luke auf die Knie zu gehen. „Luke", beginnt er theatralisch, und bemüht sich um ein ernstes Gesicht. „Wir kennen uns jetzt schon seit der Highschool... Wir sind durch... Doppelstunden Mathe und durch mindestens zwei Flure dieses Gebäudes gemeinsam gegangen, haben gelitten und... Gelitten. Deshalb wollte ich dich nun endlich fragen: Willst du mein Mann werden?" Er streckt die Energydose etwas höher. Ich sehe vor meinem inneren Auge bereits die Kohlensäure entweichen und tausche einen Blick mit Aya. Sie ist rot geworden, schiebt beleidigt die Unterlippe vor. Im ihren Augen funkelt es allerdings belustigt.
„Ne", lautet die stumpfe Antwort von Luke, die mir schließlich ein Lachen entlockt. „Eigentlich hast du mir echt zu wenig Geld."
Er greift nach dem Getränk und rollt es mir über den Tisch zu. „Ich gebe den Antrag ab. Hiermit bist du mit Fynn verlobt, und in einer Beziehung mit Aya."
Ich reiße gespielt erschrocken die Augen auf. „Nicht so laut, das dürfen sie nicht erfahren!", spiele ich mit, und höre nun auch Ayas freches Kichern. Wo bin ich hier nur reingeraten? Während Fynn seine Rolle weiterspielt und ein riesiges Drama schiebt (ich werde ihm bei Gelegenheit vorschlagen, sich bei der Theater-AG anzumelden), beruhigen wir anderen uns wieder.Als es wenig später klingelt, machen wir uns zusammen auf den Weg zurück zum Klassenraum. Wir albern etwas herum. Zufrieden lasse ich mich auf meinen Platz sinken, und stelle fest, wie schnell das Eis zwischen uns gebrochen ist. Und ich habe das dumpfe Gefühl, dass Fynn am Anfang recht hatte. Das hier wird tatsächlich eine tolle Freundschaft. Mit ihm, Aya und Luke.
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SUFFERING
Teen Fiction„Ihr seid alles Bonzenkinder, oder?", durchbricht Fynn plötzlich das Schweigen am Tisch. Überrascht sehen wir auf. × × × Ace' Familie scheint das perfekte Leben zu haben. Sie sind sehr wohlhabend, lieben einander und die drei Geschwister haben sehr...