Kapitel 16

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"Wie schön, euch wieder hier zu haben. Das Haus ist so still ohne euch", meinte Dad mit einem Lächeln auf den Lippen, als wir alle zusammen wenig später an unserem viel zu großen Esstisch saßen
"Dad, wir sind gerade mal seit zwei Monaten nicht mehr da. Kauft euch doch einen Hund, dann ist es nicht mehr so still", meinte Finn bloß lapidar und schob sich ein Stück Steak in den Mund.

Dad verdrehte nur die grauen Augen und grinste seinen Sohn liebevoll an. "Du weißt, was ich meine, Finn. Jetzt habe ich niemanden mehr, den ich coachen kann."
Dad war schon seit ich denken konnte Finns 'persönlicher Coach'.
Früher hatte er auch mal hobbymäßig Eishockey gespielt und hatte dann alle seine Kenntnisse an seinen Sohn weitergegeben.

Mich wollte er auch zum Eishockey überreden, allerdings hatte mich das nie so wirklich interessiert. Bis jetzt.
Aber selbst spielen wollte ich wirklich immer noch nicht, denn ich verarztete lieber eine blutige Nase oder Prellung, als selbst eine zu bekommen. Außerdem wäre ich jetzt sowieso schon viel zu alt dafür. Alle Siebenjährigen wären besser als ich.

"Wie läuft es denn bei dir, Schätzchen?", wandte sich Dad an mich und trank einen Schluck Wein. Er trug noch den Anzug von der Arbeit und mit dem Wein wirkte er daher irgendwie ein bisschen wie ein Mann, der nicht mal eine Jogginghose besaß und nur in Anzug herumlief. Sogar zu Hause.

Aber so war Dad überhaupt nicht. Er spielte oft mit Finn auf dem etwa zehnminütigen entfernten See Eishockey und auch im Sommer lieferten sich die zwei in unserer Einfahrt das ein oder andere heiße Battle auf Rollerblades. In Jogginghose.

"Och, gut. Das Studium ist sehr interessant, es gefällt mir wirklich sehr gut dort und..." Weiter kam ich nicht, denn ich wurde von Mom unterbrochen, die am Kopfende des Tisches saß. "Aber das ist doch alles gar nicht wichtig. Dave, deine Tochter hat einen Freund. Sie sind zwar erst seit zwei Wochen oder so zusammen, aber sie kennen sich schon über 3 Monate. Oh, und er ist ein guter Freund von Finn."

Okay, das hatte sie sich ja schön zusammengereimt. Manchmal hatte ich das Gefühl, meine Mom war verdeckte CIA- oder FBI- Agentin. Oder von Interpol.
"Und wo lebt dieser Will? Was machen seine Eltern beruflich?", Dad lehnte sich neugierig vor, was Finn die Augen verdrehen ließ.

"Was macht ihr denn da alle für einen Aufstand? Cara hat einen Freund. Toll. Will ist sicher kein Serienmörder und seine Eltern leben nicht unter der Brücke."
"Weißt du, Finn. Wir können uns auch über dein Liebesleben unterhalten, aber ich glaube, das willst du nicht. Und es ist doch schön, wie junge Leute sich verlieben, nicht wahr?"

"Ähm, ja. Voll.", sagte Finn und begann zu grinsen, als er Moms träumerisches Gesicht sah.
Als sie es sah, schlug sie ihm spielerisch auf den Arm und sah ihn tadelnd an.
"Irgendwann, mein lieber Junge, wirst du dich auch noch verlieben. Früher oder später wirst du dich verlieben", meinte Mom weise und lächelte liebevoll.

Finn schnaubte nur und kratzte mit einer Gabel das letzte bisschen Kartoffelsalat zusammen und schob es sich in den Mund. Bedächtig kaute er darauf herum und schluckte es dann runter.
"Lieber später als früher. Ich muss mich erstmal auf meine Karriere konzentrieren. Wenn sie in so acht Jahren auftaucht, wäre das perfekt."

Mom lachte daraufhin nur und sagte belustigt: "Die Liebe kann man nicht planen. Sie kommt, wann sie kommt und richtet sich nicht nach deinem Kalender oder deiner Karriere."
Finn zuckte daraufhin nur mit den Schultern und fragte dann, wann unsere Verwandschaft käme.

"Am 25. Dezember kommen sie vorbei. Den Tag davor werden wir zusammen verbringen, wir können auch alle in die Stadt fahren und den Christkindl Market besuchen. Der hat euch doch früher so gut gefallen."

"Gerne", meinte ich und lächelte. Der Weihnachsmarkt, auch genannt Christkindl Market in Chicago war einer der bekanntesten im Bundesstaat Illinois. Dieser große Markt hatte einige Traditionen aus Deutschland übernommen, es gab viele verschiedene niedliche Stände mit Weihnachtsdeko, Glühwein und Punsch.

"Ich komm auch mit", murmelte Finn und spielte mit der Tischdecke.
"Wie schön. Ein echter Familientag, ich freue mich darauf, ihr Lieben", Mom lächelte glücklich in die Runde. Wir redeten noch ein bisschen, dann verabschiedete ich mich ins Bett. Obwohl es erst zehn Uhr war, war ich trotzdem total müde. Kam vielleicht von der langen Fahrt.

Ich zog meine Klamotten aus und schlüpfte in meinen blauen Pyjama. Dann ging ich ins angrenzede Bad, dass ich gottseidank mit niemanden teilen musste, schminkte mich ab und putzte dann meine Zähne. Als ich fertig war, ging ich zurück in mein Zimmer, schaltete meine Bluetooth-box ein und suchte einen Song raus.

Rise up von Andrea Day

Das war zur Zeit irgendwie mein Lieblingssong, denn ich hörte ihn jeden Tag mindestens einmal.

Danach setzte ich mich in meinen Erker, den ich mit einer Sitzecke und flauschigen Kissen und Decken ausgestattet hat und blickte in unseren schneebedeckten Garten. Er war ziemlich groß, einige alte Apfelbäume, in denen Finn und ich früher oft geklettert waren, ragten in den Himmel. Finns Zimmer lag gegenüber von meinem, es hatte ebenfalls einen Erker, der aber auf unsere Einfahrt und die Straße zeigte.

Ich lächelte bei dem Gedanken daran, dass Finn und Dad früher fast jeden Tag draußen in der Einfahrt waren und Eishockey auf Rollerblades spielten. Einmal im Winter hatte Dad sogar soviel Wasser ausgekippt, dass sich unsere Einfahrt in eine spiegelglatte Eisfläche verwandelt hatte.

Finn und ich waren damals ungefähr sechs Jahre alt. Mom hatte sich dann aber darüber so sehr aufgeregt, weil sie nicht mit dem Auto über diese provisorische Eisfläche fahren wollte, weshalb Dad und Finn seit dem immer zum naheglegen See gefahren waren. Ein Klingeln riss mich aus den Gedanken, ich sah kurz aus meine goldene Uhr, die über meinem Schreibtisch an der Wand hing. Es war halb 11, Will hatte mir gesagt, dass er mich um diese Zeit noch einmal kurz anrufen wollte.

Wir waren zwar erst seit zwei Wochen richtig zusammen und kannten uns gerade mal drei Monate, allerdings war es für mich so, als ob wir uns schon in unserer Kindheit kennengelernt hatten. "Ja? Will?", meldete ich und setzte mich wieder, nachdem ich mein Handy von meinem Tische gegriffen hatte. "Hey", sagte er mit rauer Stimme, was mir eine Gänsehaut bescherte.

"Wie gehts?", erkundigte ich mich und spielte mit dem Saum meiner orangen, weichen Decke. "Gut", meinte er. Aber ich hab bisschen Angst vor den nächsten Tagen." Er lachte leicht.

"In zwei Tagen wird das Haus voll sein von irgendwelchen Verwandten, die mir Fragen stellen werden, die ich schon tausendmal gehört hab. Meine Grandma ist da die schlimmste. Sie frägt mich jedesmal, wenn wir uns sehen, was ich denn mal werden will.

Weißt du, sie hat, glaube ich, eine leichte Demenz. Nicht schlimm, aber sie vergisst des Öfteren viele Dinge. Wie zum Beispiel, was ich eben studieren will. Obwohl ich das jetzt schon mehr als ein Jahr lang tue. " Er seufzte, seine Stimme klang etwas niedergeschlagen. Klar, dass er sich um seine Grandma sorgte, würde ich auch machen.

"Hey, das mit deiner Grandma tut mir leid. Aber vielleicht bessert sich das wieder, ich hab schon öfter von Paienten gelesen, die von Demenz wieder genesen sind." Zwei oder so. Aber ich wollte ihn ja aufmuntern.

"Ja. Vielleicht. " Er klang nicht gerade hoffnungsvoll. "Lass uns das Thema wechseln. Ich hoffe du hast mein Geschenk noch nicht aufgemacht. Wehe du wartest nicht bis zum 25., sonst komm ich extra nach Chicago und nehme es dir wieder weg", scherzte er und ich lachte.

"Keine Sorge, es liegt in meiner Schublade und wartet darauf, unter den Weihnachtsbaum gelegt zu werden." "Gut, sehr gut."
Als ich wenig später gähnen musste, lachte er belustigt auf. "Langweilige ich dich so sehr, oder wie?"

"Nein, sorry. Ich bin nur total müde."
"Okay, dann lass ich dich schlafen. Nicht, dass du morgen nicht aus dem Bett kommst."

"Danke", lächelte ich und hauchte einen Kuss ins Handy. "Ich liebe dich", sagte ich. "Ich liebe dich auch, Süße. Schlaf gut. Träum von mir." "Bestimmt", sagte ich mit einem Hauch Sarkasmus in der Stimme.
Er lachte nur, legte dann auf und ich schaltete mein Handy aus.
Dann machte ich auch noch die Musik aus und legte mich ins Bett. Wenig später schlief ein und vielleicht träumte ich sogar von Will. Aber nur vielleicht.

Danke für eure Votes und Kommentare :)

Oh Mann, das ist echt krass, aber es dauert gar nicht mehr allzu lange und wir haben die 1k reads geknackt. Ich freu mich, dass die Story so gut bei euch ankommt. (Ich weiß, 1k ist eigentlich nicht sooo krass, aber ich finds toll dass überhaupt Leute meine Geschichte lesen haha)

Q: Geht ihr in der Weihnachtszeit auch immer an Weihnachtsmärkte?
Also ich jedes Jahr.😂

Sucker For Her | Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt