Chapter 6

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P.o.V. Ciel

Endlich fertig mit meinen Hausaufgaben streckte ich mich so sehr, dass der Stuhl auf die Hinterbeine kippte.
Seufzend sprang ich wieder nach vorne, rieb mir die Augen und ging aus meinem Zimmer, die Treppen herunter den Weg zur Küche einschlagend.
Ich öffnete die Tür, wusste schon was mich erwarten würde - eine gähnende Leere.
Gar nichts konnte man hier finden, keine Getränke, keine Lebensmittel.
Die letzten Nudeln hatte ich gestern aufgebraucht, wirklich sauberes Geschirr hatte ich auch nicht.
Ich fand noch drei saubere Löffel und zwei Gabeln, im Kühlschrank war nicht mehr allzu gut aussehendes Gemüse, Verpackungen in welchen meist nichts mehr drin war.
Im kleinen Gefrierfach oben fand ich nur Eiswürfel.
Seufzend öffnete ich den Schrank obenrechts von mir, der Geruch der Gewürze schoss mir empor und ich musste niesen.
Ich erinnerte mich daran, als Mutter noch gekocht hatte und schloss schnell die Tür ohne noch einmal nach oben zu schauen.
Ich spürte sie förmlich neben mir, wie sie kaum einen Meter von mir stand, vor dem Herd und mich anlächelte, fragte, was ich denn zu Abend essen wollte.
Mein Kopf drehte sich nach rechts, zu dem Herd, der eigentlich immer sauberen Küchenzeile.
Doch da stand keiner.
Ich drückte meine Zähne zusammen und schaute starr auf den Boden, ballte angesteckt meine Fäuste.
„VERDAMMT!"
Ich schlug kräftig gegen den Kühlschrank.
Die Tür gab nach, verdammte scheisse!
Scharf Luft einziehend strich ich über meine roten Knöchel.
Ich muss meine Gefühle unter Kontrolle kriegen.
Die Panik stieg in mir auf und ich inspizierte den Kühlschrank, die Tür um genau zu sein.
Schließen ließ sie sich nicht mehr.
„Verdammt.."
Ich lehnte meine Stirn dagegen.
Wen soll ich denn jetzt fragen das zu reparieren?
Ich habe kein Geld für die Reparatur, gar kenne ich einen der die Reparatur einer
Kühlschranktür studiert hat.
Die Nachbarn hier würden mir den Vogel zeigen.
..Ich traue mich einfach nicht zu fragen.
Mein Blick schweifte nach rechts.
Und ich müsste dieses ganze Geschirr wegräumen..
Ich seufzte wieder.
Reiß dich zusammen Ciel, soll dich jetzt etwa eine Kühlschranktür stoppen?
Mit schnellen Schritten zog ich meine Jacke an, meine Schuhe, meine Tasche.
Ich warf mir noch schnell einen Schal um - ich musste jetzt einkaufen.
20€ stehen mir zur Verfügung.. und das für die nächsten drei Tage.
Zwei Tage lang habe ich nichts gegessen für 20€.. und was habe ich davon? Drei Packungen Reis mehr oder eine Teepackung meiner Lieblingsorte?
Das bringt doch alles nichts.
Ich steckte den Schlüssel in meine Jackentasche, nachdem ich alles abgeschlossen hatte, steckte mir Kopfhörer in die Ohren und lief zum Supermarkt.
Es wurde wärmer draußen, so meinten alle, doch mir wurde immer kälter.
Hopkins hat mir etwas mehr Geld als sonst gegeben, doch für den Kühlschrank reicht das nicht.
Das meiste geht für die Miete drauf.. und wenn wir auch noch diese ganzen scheiss teuren Schulutensilien holen müssen, geht gar nichts mehr.
Und dann noch der Lebensmitteleinkauf..
Das wird diesen Monat alles nicht hinkommen.. wo soll ich denn mein Essen lagern?
Ich will einfach nur frei sein.
Im Grübeln versunken und nicht auf die Straße achtend hörte ich plötzlich ein lautes Hupen.
Ich drehte mich schnell zur Seite und sah ein Auto auf mich zu rasen, bemerkte erst jetzt, dass ich mich auf der Straße befand.
Weit aufgerissene Augen, stehengebliebener Atem, es fühlte sich so an, als bliebe die Zeit stehen.
So soll jetzt also alles enden?
Das Auto hätte mich erwischt, auch obwohl Fahrer stark nach links einschlug.
Doch das Einzige was ich spürte waren zwei starke Arme die mich von hinten packten und gemeinsam zur anderen Straßenseite schleuderten.
Ich kniff meine Augen zusammen, hörte das Quietschen der Autoreifen und verschallendes Fluchen des Fahrers.
Als ich dann langsam meine Augen öffnete sah ich vor mir den Bürgersteig, mir tat alles weh.
Ich probierte mich abzustützen und hochzukommen, lag derzeit auf der Seite und auf meinem rechten Unterarm.
„Alles okay?"
Erst jetzt fiel mir der Retter wieder ein, und ich konnte meinen Ohren kaum trauen.
Ruckartig drehte ich mich um, auch wenn es weh tat.
Das war tatsächlich der Neue!
Er hatte Schrammen und Blutspuren im Gesicht, seine Handrücken waren aufgeschürft.
Seine Schläfe und Hände blutete am stärksten.
„Was machst du denn hier?"
Fragte ich leicht hitzig und entfernte mich von ihm, um den Körperkontakt aus dem Weg zu gehen. 
„Sei doch froh, schließlich bist du derjenige der blindlings auf die Straße gelaufen ist."
Zum Glück ist ihm nichts passiert.
Auch ich blickte nun auf meine Hände und sah einiges Blut mein Gesicht heruntertropfen.
„..danke, und entschuldige die Umstände."
Ich rappelte mich auf und er wollte mir helfen, doch ich schlug ihn weg.
„Und gib dich nächstes Mal gefälligst nicht in Lebensgefahr für mich, du Idiot."
Er lächelte leicht und winkelte seine Augenbrauen hoch.
„Gern geschehen."
Er klopfte sich den Staub von der Kleidung und ich tat es ihm nach.
Ich nahm mein Handy heraus und schaute mein Gesicht an, wie soll ich denn damit einkaufen gehen..
Meine Wangen, Stirn und Schläfen, mein Kiefer, einfach alles war verschrammt und blutete.
Ich spürte drückenden Schmerz auf der rechten Seite, mein Kopf dröhnte und meine Beine waren schwach.
Mein Auge war halb zugefallen.
Ich seufzte, schaute über meine Schulter zurück auf die Straße.
Da auf dem Boden hätte ich jetzt wirklich liegen können.. doch warum habe ich keine Angst?
Warum bin ich eher enttäuscht?
Ich blickte wieder nach vorn.
Was rede ich da.. ich will doch endlich frei sein.
Entweder ich kämpfe dafür, oder ich gebe auf und lasse mich von irgendsoeinem Auto überfahren.
„Du solltest zum Arzt gehen."
„Mir geht es gut."
Ich schaute ihn an und fühlte mich schlecht.
„..wir können zu mir nach Hause, ich habe da Verbandmaterial."
Er hielt kurz inne.
„Gut."
Keiner der Zivilisten kam zu uns, eine wirklich schäbige Ecke hier, nur 20 Minuten von meinem Haus entfernt.
Nun ja, ich hätte sowieso verhindert, dass irgendjemand die Polizei rufen würde.
Wir drehten also tatsächlich um.
„Wohnst du hier in der Nähe? Oder warum bist du hier."
Fragte ich und umgriff den Gurt meiner Tasche.
„Ich war spazieren und kam hier zufällig vorbei, wobei mein Haus auch nicht weit von hier entfernt ist."
Ich summte.
Wer geht denn hier spazieren. Wobei er ja neu in der Stadt ist..
Als ich die beiden Türen aufschloss bat ich ihn ins Wohnzimmer zu gehen, machte währenddessen die offengelassene Küchentür zu, wollte nicht, dass er reinschaut und das Chaos sieht.
Ich ging in das Schlafzimmer meines Vaters und öffnete die unterste Schublade der größeren Kommode, in welcher sich der erste Hilfe Koffer befand.
Als ich wieder aufstand sah ich das Bild, in zwischen den ganzen alten Pflanzen.
Ich starrte es für einige Sekunden an, kalt und erdrückend, legte es dann so, dass man das Foto nicht mehr sehen konnte.
Wollte gerade wieder los, doch meine Augen weiteten sich, mein Herz blieb stehen.
Meine Hände zitterten, ließ fast den Koffer fallen.
Warum war an der einen Stelle kein Staub mehr..?
Als wenn da jemand mit seinem Finger rübergefahren wäre..?!
Ich schloss mit meinem Fuß die Schubladen und starrte nach unten auf das Gepäck in meinen Händen.
Bestimmt bin ich da einfach nur gegen gekommen.
Ich kniff meine Augen zusammen.
Sebastian sollte ich nicht warten lassen, ich sollte ihm die Sachen geben.
Schnell ging ich aus dem Zimmer und schloss die Tür, setzte mich dann auf das Sofa zu ihm.
Er suchte all die Sachen heraus.
„Kennst du.."
Fing ich an, er hob seinen Kopf.
„Kennst du dich mit Kühlschränken aus.."

All I see is Y O UWo Geschichten leben. Entdecke jetzt