Kapitel 5

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Wir waren mit einer Geldstrafe davon gekommen und mein Vater und Teddy hatten erstmal Hausverbot. Auf den Heimweg warf Mr. Claus die eingesteckten Waffen in einen Mülleimer. Er bemerkte, dass ich es gesehen hatte und kam zu mir. „Ich kann Teds und Troys Verhalten natürlich nicht gutheißen. Auch was ich gerade tat, war verkehrt. Aber es macht mich traurig. Das die Leute ihren Kinder ohne Bedenken nachgeahmte Waffen in die Hand geben, wo es soviel Gewalt auf der Welt gibt.“ Ich verstand ihn und beschloss Finn das gewünschte Schwert nicht zu geben.

Beim Abendessen waren wir alle wegen der Sache verstimmt. Es war ziemlich ruhig am Tisch. Teddy war nicht mit uns hinein gegangen, sondern weiter die Straße runter. Dolly entschuldige sich zigmal wegen seinem Verhalten. Sie weinte auch kurz in meinen Armen, ob nur wegen Teddy oder den Waffen, wusste ich nicht. Vielleicht auch wegen beidem. Mein Vater verhielt sich ganz still. Den Kopf gesenkt biss er vom seinem  Brot ab. Snow schaute ihn traurig an und streichelte ihm kurz über seine Rücken. Ich blickte aus dem Fenster. Heute waren viel weniger Fenster mit Weihnachtslichtern erleuchtete. Es war Dienstag. Bestimmt hatten viele nach der Arbeit keine Lust darauf.  „Funkel, möchtest du noch Tee?“, fragte mich Mr. Claus Junior. Ich nickte. „Ich finde, dass ihr Recht habt. Diese Sachen gehören nicht in Kinderhände.“ Mein Vater blickte auf und lächelte. „Aber…“ Sein Lächeln stockte. „ihr dürft es trotzdem nicht so machen. Das war Sachbeschädigung. Das nächste Mal protestierte bitte, meinetwegen mit Plakaten vor dem Geschäft.“  Vielleicht half es, wenn ich selbst in den Traum eingriff? Mein Vater grinste plötzlich. „Ja, hervorragende Idee. Finn willst du, Opa, beim Plakate malen helfen?“ „Meinen Sohn haltet ihr da aber raus. Es fehlt mir noch, wenn er so wird wie du.“ Alle lachten. Langsam gewöhnte ich mich in meinen Traum richtig ein.

Und da hatte ich jetzt richtig was ausgelöst. Am nächsten Tag malte mein Vater Protestplakate. Dolly und Teddy unterstützten ihn. Sie saßen gemeinsam am Esstisch. Ich räumte gerade mit Hilfe der anderen den Tisch ab, als Mr. Claus, Cookie bat für alle Kakao zu kochen. Sie strahlte und verschwand in die Küche, die mittelweile ihr gehörte. Weil sie die meiste Zeit darin herum wuselte. Sie buk. Sie buk Unmengen. Ich war der Überzeugung, wir können mit den ganzen Plätzchen, Keksen, Stollen und Kuchen die ganze Straße miternähren. Wenn ich sie bat, aufzuhören, lächelte sie mich nur an und schob meist das nächste Blech in Ofen. Auch die Geschenkberge wuchsen von Tag zu Tag. Mittlerweile stapelten sich schon im Flur und ich ahnte, dass ich bald auch welche im Schlafzimmer haben würde. Unsere Elfen erhoben sich als Erstes. Sie schliefen alle, bis auf Gingerbread, die gern bei Finn schlafen wollte, im Wohnzimmer. Mr und Mrs Claus hatte ich im Gästezimmer untergebracht. Jeden Morgen, wenn ich also ins Wohnzimmer kam, saßen unsere „Elfen" am Tisch und packten eine Stunde wie in Trance Geschenke ein. Es war ein beruhigender Anblick für mich geworden. Manchmal setzte ich mich mit einen Kakao auf Sofa und sah ihnen zu bis die anderen aufstanden. „Vielleicht sollte es sich reimen?“, fragte Dolly. „Und was reimt sich auf Zeug?“, fragte mein Vater sie. „Da gib nichts.“, meinte Teddy. Sledge hielt im Schaukeln inne und schielte auf das Plakat. „Zeug schreibt man mit g und nicht mit k, ihr Strohpuppenköpfe.“ Mein Vater und Teddy, die links und rechts vom saßen,  bekamen eins mit seinem Stock. Sledge war  ihr und Teddys Onkel, dass hatte mir Cookie erzählt, als ich und sie mal gemeinsam Plätzchen verziert hatte. Wer hätte gedacht, dass die liebe Cookie und der brummige Teddy Geschwister waren. Rudolph war mein Vaters und Dollys ältere Bruder, dann kam Dolly und mein Vater war als letzter geboren worden. In letzter Zeit versuchte ich meinen Körper mehr und mehr zu überzeugen aufzuwachen. Ich mochte meinen Traum immer noch. So glücklich und zufrieden bin ich selten in der Realität. Aber irgendwann wollte ich auch zurück. Wer wusste wie lange ich schon schlief und Finn musste bestimmt zu Mick, mein Ex. Da meine Mum mit Dad ja im Urlaub war. Das wollte ich ganz und gar nicht. Bis jetzt hatte nichts funktioniert. Ich habe mich selbst anfleht, bin die ganze Nacht wach geblieben. Warum das helfen sollte, kann ich auch nicht erklären. Mir fehlen einfach die Möglichkeiten. Wachgerüttelten kann man sich ja schlecht selbst. So saß ich mit am Tisch und nippte an Kakao. Ja, langsam wurde nach diesem Kakao süchtig. In Realität würde ich probieren, ob er dort genauso schmecke wie im Traum. Vermutlich nicht. Leider. Ich rede auf mein Unterbewusstsein ein. Öffne einfach die Augen. Nur ein Stück. So merkte ich nicht wie Mr. Claus sich zu uns setze und erschreckte leicht, als er sagte: „Benutz lieber kurze, aber aussagkräftige Sätze. Wie Frieden auf Erden? Mit Spielzeugwaffen in den Händen unserer Kindern?“ Die Drei strahlten ihn an. „Danke, Mister Clark.“ Mr. Claus ließ sich noch den einen oder anderen Spruch einfallen, den die Drei dann auf ihre Plakate schrieben. Sledge schlug noch zweimal nach Teddy und mein Vater. Snow half mein Ausschmücken der Plakate, wollte aber nicht mitgehen. Auch Rudolph und Cookie hielten sich größtenteils raus. Was aber mehr mit Gingerbread, als mit ihre Überzeugung zu tun hatte. Die Kleine war ganz scharf auf Protestieren. Doch ihre Eltern wollten nicht, dass sie mitging. Darauf verzog sie sich trotzig auf Finns Zimmer. Finn wäre wohl auch gern mitgegangen. Mein Vater respektiere wirklich meinen Wunsch und erklärte, dass sie vorsichtig sein musste, danach dem die Polizei ihn und Ted auf ihrer Unartig-Liste hatten und das Finn für den Notfall lieber hier bleiben und für sie einspringen sollte, wenn sie das Paket nicht abliefern konnten. Dann hatte er meinem Sohn verschwörerisch zu gezwinkert. So zogen die drei los. Gegen Nachmittag meinten Cookie sie und die anderen gehen spazieren. Ihr Mann wirkte, als wüsste er aber nichts von dieser Idee, als sie ihn aus der Tür schubste. Finn und Gingerbread nahmen Schlitten mit. Über Nacht hatte nochmal sehr viel geschneit und draußen war alles weiß. Ich träumte ja auch. Da darf man Schnee zu Weihnachten erwarten. Gegen Nachmittag war das Haus leer. Bis auf mich und Christoph. Erst saßen wir auf dem Sofa und genossen die Stille. Dann nahm Christoph meine Hände. „Wollen wir auch etwas Spazieren gehen?“ Ich hatte nichts dagegen. Wir zogen uns an. „Ich liebe den Schnee.“, sagte Christoph, während er sich einen Schal umwickelte. „Er verzauberte die Welt. Macht sie leise. Als ich klein war, habe ich gern Weihnachtsengel in Schnee gemacht.“ Er runzelte die Stirn. „Jedenfalls glaube ich das. In letzter Zeit kann ich mich so schlecht erinnern.“ So stampften wir los. Sein Arm legte sich um meine Hüfte. „Hörst du wie still die Welt nun sein kann. Finde, wenn es schneit, sollte jeder vielleicht nur ein paar Sekunden innehalten und zu schauen, wie würdevoll die kleinen Eiskristalle vom Himmel tanzen.“ Er hielt die Hände, die weiß, blauen Handschuhe stecken, auf und fing ein paar auf. Ich mochte diese Handschuhe. Alle besaßen eins in einer anderen Farbe. Ein Eiskristall auf die Oberseite gestickt worden. Snow hatte sie selbst hergestellt und sogar welche für mich und Finn gemacht. Ich nahm eine von seinen Händen. „Würdevoll?“. Ich lachte. Christoph war das, was viele einen Traumtänzer nannten. Ich sah Schneematsch entstehen und er rede von würdevoll tanzenden Schneeflocken. Zur meiner Bestätigung begegne uns ein fluchtenden Mann, der sich mit Schneeschaufeln abmühte. Naja, im Grunde waren alle Erwachsenen, die derzeit meine Wohnung belagerten, Traumtänzer. Real und im übertragenden Sinne. Mein Unterbewusstsein konnte mir sagen wollen, öfter mal zu träumen. „Sieh mal eine Eisbahn.“ Christoph wies zu einem abgesperrten  Bereich. „Lass uns Eislaufen.“, sagte er völlig begeistert. „Ich kann kein Eislaufen.“, wollte ich ihn von dieser verrückten Idee abbringen. Ich auf Schlittschuhen. Auf gar keinen Fall. Ich konnte nicht mal richtig Inliner Skates laufen. Mit zwölf hatte ich Inliner bekommen und am Ende mussten mich Mum und Dad aus der Hecke der Nachbarn befreien. Ich würde mich nicht vor all Leuten auf der Eisbahn zum Affen machen. „Dann bring ich es dir bei.“, sagte er noch euphorischer. Er lieh uns zwei Paar Schuhe aus und half mir bei Anziehen und auf die Eisfläche zu kommen. „Halt dich einfach an mir fest.“ Das tat ich dann auch, wobei klammern, war bei mir wohl das bessere Wort. Wir liefen eine Runde. Gut, Christoph zog mich. „Funktioniert doch gut.“, meinte er. „Versuch die Füße zu bewegen, als wolltest du laufen. Nur ausladender.“ „Ich sage ja, ich kann das nicht.“, grummelte ich, als ich uns mit meinen Versuch fast von den Füßen gerissen hatte. „Aller Anfang ist schwer.“ Na super, jetzt kam mir mein „Traum „Ehemann mit Weisheiten um die Ecke. Ich warf ihm meinen aufgesetzten bösen Blick an den Kopf. Ich kann nicht böse gucken, auch wenn ich wollte. Er grinste mich an und fuhr schneller. „Hey.“ Er lachte, als er mir beide Hände um die Hüfte legte und uns drehte.  Christophs Geduld riss nicht ab. Immer wieder ermutigte er mich. „Noch eine Runde und du kannst es.“, sagte er, wenn ich vom Eis wollte.  Nach unzähligen Runden musste ich nur noch an einer Hand gehalten werden. Langsam machte es auch  mir Spaß und ich wurde mutig. Wir schlangen die Arme übereinander und drehten uns im Kreis. Wie ich es bei einem anderen Paar gesehen hatte. Jetzt begann ich auch zu lachen. Der Himmel dämmerte bereits und die Betreiber der Eisbahn schaltete Weihnachtsmusik an. Christoph nahm meine Hände, legte eine von ihnen auf seine Schulter und seine eigene Hand an meine Hüfte. Meine andere Hand hielt er in seine. Wir wiegen uns zu Musik. Zwischendrin küsste er mich. Manchmal drehte er uns. Wieso musste es bloß ein Traum sein? Die Eisfläche leerte sich und die Sterne tauchten am Himmel auf. Die Eisbahn stand an keinen besonders schönen Platz. Einige Parkplätze waren dafür gesperrt worden vor einen Elektromarkt. Wir waren mitten in der Einkaufspassage, durch eine kleine Straße verlief. Es herrschte noch viel Verkehr darauf, der nur langsam von der Stelle kam. Mir war das alles egal. Im Moment gab es nur uns und dies war ein wunderschöner Ort für mich. Ich hatte noch nie auf Eis gestanden und jetzt tanzte ich sogar ein wenig darauf. Aber das war es nicht, was es unvergesslich machte. Es waren die Farbe Apfelgrün, die sich liebevoll in mein Herz brannte und der Geruch nach Weihnacht an dieser Traumgestalt. Wäre Christoph nur echt. Mittelweile waren wir allein auf der Bahn. Christoph hob mich auf seine Arme und drehte sich. „Ich fürchte, wir müssen gehen. Der Besitzer winkt mir.“ Ich legte meinen Kopf an seine Brust. Ich wollte seinen Geruch in meiner Nase konservieren. Ich zog ihn fest ein. Nüsse, Schmalzgebäck und Schnee. So ungewöhnlich und berauschend für mich in jedem Moment. Erst war es komisch für mich gewesen, ihn als Ehemann zu haben. Jetzt würde ich ihn schon ein wenig vermissen. Solche Männer gab es doch nur in Filmen und Romanen. Das war zu perfekt, um echt zu sein. Er lief mit mir zum Ausgang. „Aber ich habe einen Einfall. Was wir noch machen können.“ Er gab unsere Schlittschuhe zurück, während ich meine Stiefel anzog. „Wir müssen aber ein Stück laufen.“ „Kein Problem.“, sagte ich. „Oder soll ich dich tragen?“, fragte er und hielt mir seine Hände entgegen. „Ach, Quatsch. Ich kann schon laufen.“ Verspielt schlug ich seine Hände weg. „Bist du sicher?“ Er packte mich und kitzelte mich. Ich krümmte mich natürlich auf der Bank, auf der ich saß, unter seinem Angriff. „Hört auf. Hört auf.“ „Ich wusste, es du bist so schwach, dass du nicht mal gerade sitzen kannst.“ „Hört auf. Ich will selbst laufen.“ „Na gut.“ Wir stampften weiter durch den Schnee. Wir brauchen wirklich etwas. Wir waren jetzt erneut bei Weihnachtsmarkt. „Warte kurz.“ Christoph verschwand aus meinem Blickfeld. Irgendwo hier in der Nähe waren vermutlich mein Vater, Teddy und Dolly. Ob sie schon mit Protesten aufgehörte hatte oder gar verjagt worden waren? Hoffentlich war mein Unterbewusstsein nett zu ihnen. „Schließ die Augen.“, bat Christoph, als er zurückkam. Ich sah ihn fragend an, kam aber seine Bitte nach, weil er mich mit seinen Augen so bittend anschaute. Schon wurde ich hochgehoben. „Kann ich nicht selbst gehen?“, fragte ich. „Dann ist die Überraschung hin.“ Ich spürte die Bewegungen unter seinem Mantel. Er trug einen dunkelgrünen Mantel. Der,  in meiner Vorstellung, nur ihm stand. Jeden Tag hatte einen anderen Variante Weihnachtspullover an.  Heute einen blauen mit silbernen Sternen auf einer Schulter. Denn er hatte nur solche im Schrank. Heute war er mal seltsamerweise in eine schlichte schwarze Jeans geschlüpft. Sonst trug er grüne, rote, blaue oder weiße Jeans. Und er besaß das einzige Paar Schuhe. Wildlederstiefel mit Fell im Innern. Bei seiner Kleidung konnte ich wirklich mal kreativer werden. Elfen, die nach ihrer Tätigkeit benannt wurden, zauberte mein Unterbewusstsein nur so aus dem Hut. Jedoch meinen Traummann mal in einen eleganten Anzug zu packen, war zu hoch für es. „Nun setz dich hin. Die Augen bleiben bitte zu.“ Er stellte mich wieder auf die eigenen Beine. Die Sitzfläche war weich und hart zu gleich. Jemand setze sich neben und eine Decke wurde über Beine gelegt. Schon kuschelte ich mich an meinen Nachbar, der ja nur Christoph sein konnte. „Es kann losgehen. Augen noch geschlossen, Funkel?“, fragte Christoph. „Ja. Wann darf ich gucken?“ „Bald.“ Er schmiegte seinen Arm um mich. „Bald!“ Unsere Sitzfläche setze ruckartig in Bewegung. Ein klapperndes Geräusch vor mir ließ mich erahnen, wo ich war. „Mir kam schon mal in den Sinn, das wir sowas gemeinsam machen.“ „Du darfst die Augen öffnen.“ Der Anblick war wunderschön. Wir fuhren durch den Park. Über uns funkelten die Sterne. Schnee lag auf den Zweigen. Von den Laternen hingen Eisstapfen. Wie Diamanten im Licht der Laternen. „Wunderschön.“ „Finde ich auch.“, flüsterte Christoph neben mir. Seine Augen waren auf mich gerichtet. Meine Wangen wurden heiß. Vermutlich leuchten sie gerade wie Ampel auf. Christoph strich mit zwei Fingern über eine meiner Wangen. Er küsste mich. Wir hatten uns zwar schon öfter geküsst. Nur als sich diesmal unsere Lippen trafen, wollte ich wirklich hier sein und nicht träumen. So löste sich eine Träne aus einem Augenwinkel.

Der Weihnachtsmann, den ich erträumteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt