Kapitel 8

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Ich hatte endlich mal tief und fest geschlafen und fühlte mich super, als ich aufwachte. Christoph war bereits aufgestanden. Als ich auf den Flur lief, um ihm einen guten Morgen zu wünschen, stolperte ich fast über Nicolai. Er pennte tatsächlich vor unsere Tür. In einer Hand die Glocke und die andere war leer, aber ein Pfütze hatte sich darunter gebildete. Christoph schaute aus der Küche. „Ich dachte, doch ich habe dich gehört.“ Er schaute auf Nicolai. „Lass ihn bitte schlafen. Ich habe ihn die ganze Nacht durch Haus gehen, gehört. Möchtest du Kaffee oder Kakao zum Frühstück?“ „Kakao, bitte.“ Das Frühstück verlief ruhig und entspannt. Wir beschlossen etwas spazieren zu gehen, damit die Kinder Schlitten fahren konnten. Als wir uns gerade alle anzogen, wachte Nicolai auf. „Darf ich bitte mitkommen?“, fragte er, während er sich gähnend übers Gesicht rieb. „Wenn du möchtest, immer gern.“, sagte Christoph zu ihm. Seine Stimme klang härter als sonst. „Willst du nicht lieber noch etwas schlafen?“, fragte ich. Ich wollte nicht, dass er mitging. Später konnte ich auch noch den Traum ändern. Jetzt wollte ich Zeit mit Christoph verbringen. „Ich brauche nie viel Schlaf.“, meinte er und zog sich seine schwarze Jacke an.

Im Park gab es eine kleine Anhöhe. Dort konnten die Kinder perfekt Schlitten fahren. Rudolph und Christoph fegten eine der Sitzmöglichkeiten für uns sauber. „Setz euch bitte.“, sagte Christoph und ergriff meine Hand, aber auch Nicolai hatte meine Hand genommen. Die beiden sahen einander an. Nicolai ließ los und Christoph half mir beim Hinsetzen. Nicolai ging zu den Kindern. Mein Vater jedoch zog an meiner Jacke. „Sternchen? Lass uns, wie früher, Schneeengel machen.“ Als ich noch klein war, haben wir das immer gemacht, wenn ich ihn mit Mum besuchte und er raus durfte.  Meine Mum war nie besonders glücklich darüber, aber sie ließ uns gewähren. Als ich älter wurde, hatte ich natürlich keine Lust mehr auf solchen Kinderkram. Heute wollte ich auch erst ablehnen. Dann wollte ich plötzlich unbedingt und stand auf. „Dann los.“, sagte ich fröhlich. Wir liefen ein Stück zu einer Stelle, wo der Schnee noch unberührt war, und ließen uns rücklings in den Schnee fallen. Wir bewegten Arme und Beine. Gingerbread und Finn kamen lachend an gelaufen und warfen sich auch in den Schnee. Das Lachen der anderen drang zu uns herüber. Christoph kam zu mir und legte sich neben mich. Als wir wieder aufstanden, zog er mich hoch. Wir hinterließen fünf wunderschöne Schneeengel. Ich hatte vergessen wie viel Spaß mir das damals gemacht hatte. Mein Vater bückte sich und formte eine Schneekugel. Diese warf er auf mich. „Hey.“ Finn grinste verschwörerisch an und bewarf mich ebenfalls mit Schnee. „Das werde ihr bereuen.“ Die beiden liefen weg und ich mit Schneekugeln in der Hand hinter ihnen her. Christoph lief auf die andere Seite, anscheinend wollte er ihnen den Weg abschneiden. „Wir könnt ihr es wagen, diese Maid mit Schnee zu bewerfen.“, verkündete er dabei lachend. Gingerbread war zu ihren Eltern gelaufen. Deshalb kam vermutlich Dolly, ihren Mann hinter sich her ziehend, angerannt. „Braucht ihr Hilfe?“ Ich nickte ihnen zu. „Das ist nicht fair. Dann will ich Christoph.“, protestierte mein Sohn. „Am besten wir bilden Zweierteams. Das Team, das die meisten mit Schnee bewirft, gewinnt.“, schlug Rudolph vor, der mit Cookie und Gingerbread zu uns gekommen war. Wir teilen zu folgt auf. Rudolph und seiner Tochter, Dolly und mein Vater, Cookie und Teddy. Da mein Sohn unbedingt mit Christoph ein Team bilden wollte, musste ich Nicolai nehmen. Er war bereit mit zu spielen, damit es passte, wirkte aber abgelenkt. Ihn traf als Erstes ein Schneeball. Da zog er mich hinters Klettergerüst. „Ich verstehe dich nicht.“, gestand er. „Wieso kannst du dir bitte solange etwas einreden, das gar nicht stimmt. Gloria, du träumst nicht. Diese Personen sind alle echt und sie brauchen deine Hilfe, damit sie die Welt zu einem freundlichen Ort machen können. Verstehst du?“ „Ich werde dir doch helfen. Aber bitte nicht jetzt, das macht gerade Spaß. Ich habe selten solchen Spaß.“ Er seufzte. „Du bist echt eine harte Nuss.“ Er umfasste mein Kinn. „Und dein Zauber ist so stark und ahnst es nicht mal.“ Er beugte sich vor. Sein Blick wurde weich. „Verstecken gilt nicht.“, rief Dollys süße Stimme zu uns rüber. Ein Schneeball traf meine Jacke. „Erwischt.“, verkündete mein Vater stolz. Nicolai ließ mein Kinn los und drehte sich schnell weg. „Wir werden euch kriegen.“, drohte er Dolly und meinen Vater nicht besonders wirkungsvoll. Da mein Vater ihn wieder traf. Dolly und er lachten herzhaft. Nachdem Nicolai mit mir hinter dem Klettergerüst gesprochen hatte, war ich auch nicht mehr richtig bei der Sache. Hatte er versucht mich zu küssen? „Oh, Mami. Gib dir mehr Mühe.“, meckert Finn, als sein Schneeball mich traf. „So macht es keinen Spaß!“ Ich schaute nochmal zu Nicolai und der wich meinem Blick aus. „Dann lauf, sonst krieg ich dich.“, sagte ich zu meinem Sohn. Er lief los und ich hinterher. Nicolai folgte uns, blieb dann aber stehen. Er sah zu meinen Vater hinüber. Der gerade versuchte Rudolph zu erwischen und sichtlich Spaß hatte. Ich wurde von hinten gepackt und geküsst, während Christoph einen Schneeball auf meine Schulter drückte. „Ich hab dich.“, flüsterte er und küsste mich nochmal. „Sie ist unser Feind. Komm, Christoph.“, drängte mein Sohn aus einiger Entfernung. Christoph ließ mich nicht ganz freiwillig los und lief zu Finn. Im Laufen warf er mir noch einen Kuss zu. Auf halben Weg kam er aber zu mir zurück und wickelte mir, während eines Kusses, seinen Schal um meinen Hals. „Hier bitte, damit du nicht frierst.“ Und schon war er wieder weg. Trotz aller meiner Bemühungen, Nicolai war keine Hilfe, gewannen wir nicht mehr. Mein Vater und Dolly hatten alle erwischt. Sie führten einen Freudentanz auf, als Rudolph, der seiner enttäuschenden Tochter über den Kopf streichelt, sagte: „Schneemannbauwettbewerb. Wer den besten Schneemann baut, gewinnt.“ „Diesmal möchte ich bitte mit deiner Mama ein Team bilden. Ich verspreche dir mein Bruder ist ein perfekter Schneemannbauer, Finn.“ Finn war einverstanden. Da Nicolai irgendwie nicht zu sehen war, bot sich Mr. Claus an, Finn zu unterstützen. „Du baust die Frau und ich den Mann.“, schlug ich Christoph vor. Dieser war von der Idee begeistert. „Der Gewinner bekommt von Verlierer einen Kuss.“, schlug er vor. Er gab mir die Hand. „Abgemacht.“ „Abgemacht.“  Ich rolle die Kugel für meinen Schneemann sorgsam. Ich wollte, dass sie schön rund waren. Schließlich wollte ich nicht gegen Christoph verlieren.  Wir wollten unseren Schneefiguren gerade den letzten Schliff geben, als Nicolai wie ein Verrückter angelaufen kam und seinem  Bruder den Schnee aus den Händen schlug. „Christoph, was hast du getan? Ich war nur mal kurz für kleine Weihnachtsmänner und du produzierst hier ein richtiges Schneechaos.“ Er war völlig fertig und sah sich wohl nach Hilfe um. Doch er fand keine. Die Frau, die mir ähnelte, war ein wahres Kunstwerk aus Schnee. Sie wirkte so lebendig und wirklich ihr Brustkorb hob und senkte sich. Eine Stimme flüsterte  Christophs Namen. Langsam setzte die Schneefrau einem Fuß auf den anderen. Sie hinterließ dabei keine Fußabdrücke und machte auch kein Geräusch. Schnee rieselte von ihrem Körper. Als die Schneefrau stehen blieb, war sie eine lebendige Frau.  Weiße Haare, mit Glanz von frischgefallendem Schnee, wie Christoph mir beigebracht hatte, fiel als geflochtener Zopf , wie ich ihn heute trug, über ihre Schulter. Er stand ihr deutlich besser. Und auch meine Gesichtszüge passten besser in ihr Gesicht als in mein eigenes. So elegant würde ich nie aussehen. „Ich bin Eirwen.“ Sie knickste vor ihm. Ihr Körper  war in einen weißen Pelzmantel gehüllt. Ihre Füße waren nackt. „Deine Ehefrau.“ Christoph war vor Schock versteinert und starrte sie an. Nicolai sprang für ihn ein. „Guten Tag, Erwählte Eirwen. Mein Bruder ist nicht ganz bei Sinnen. Wir haben deine Erweckung nicht geplant.“ Er fuhr sich energisch mit den Fingern durch den Bart. „Er ist bereits gebunden.  Ich bin etwas mit der Situation überfordert. Verzeih mir bitte, Erwählte Eirwen.“ Er holte tief Luft. „Gehe wir erstmal nach Hause. Können wir das bitte tun, Gloria?“, fragte er mich. Ich nickte. Finn wäre gern noch geblieben. Deswegen maulte er ein wenig.  Dadurch ließ mein Vater sich von ihm überzeugen noch zu bleiben. Christoph war immer noch schockiert. Er ließ zu, dass die Schneefrau ihren Arm um seinen legte und sich an ihn kuschelte. Nicolai nahm meine Hand und zog mich hinter sich her. Christoph schob er. Ich riss mich von Nicolai los und packte Christophs Hand. Dabei funkelte ich die Schneefrau so gut ich konnte an. Sie ignorierte mich. Sie hatte nur Augen für Christoph. Blöde Kuh, Christoph gehörte mir. Also schlang ich mich auch um seinen Arm. Zu Hause verfrachtete Nicolai uns auf mein Sofa. Er selbst lief sich über den Bart streichend hin und her. Die Schneefrau hatte Christoph nicht losgelassen und er sah sie an. Am liebsten hätte ich sie getreten. Ihn mit ihren wunderschönen Augen anzusehen. Ich versuchte Christoph zu küssen, um ihr zu beweisen, dass Christoph mir gehörte. Doch Christoph stieß mich weg und küsste sie. Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Wieso küsste er sie jetzt? Klar, sie war hübscher. War mein Unterbewusstsein wirklich so gemein zu mir? „Er kann nichts dafür. Das ist die Macht des Zaubers. Laut dem Schicksal eines Claus ist sie seine rechtmäßige Frau. Wenn wir alt genug sind, dürfen wir uns eine von ihnen für uns erschaffen. Meine Mutter war auch ein Mädchen aus Schnee. So sind die Regeln.“ Nicolai setzte sich zu mir. „Nun schau bitte nicht so traurig. Ich glaube, es ist das Beste. Wir holen uns Rat bei meinen ehrenwerten Großvätern. Gloria, würdest du mich bitte begleiten. North City öffnet dir vielleicht die Augen für die Wahrheit. Leider müssen wir dafür aufs Dach.“ Ich blickte ihn an. „Ich weiß, ich habe es versprochen. Ohne Elfenschnee kommen wir leider nur durch den Noteingang dorthin und dafür müssen wir aufs Dach. Ich pass auf dich auf. Versprochen.“ Wir gingen in den Garten, dabei hielt Nicolai die ganze Zeit meine Hand. Standen da wirklich die Rentiere im Garten? Warum wunderte ich mich noch. Wo sollten sie sonst sein? Mein Herz weinte wegen Christoph. Er hatte einfach diese Schneemädchen geküsst und mich wegstoßen. Ich schlang meine Arme um Nicolai und küsste ihn. Er war erst erstaunt, dann erwiderte er ihn. So wollte es mein Unterbewusstsein ja. Sonst würde es  mir jetzt Christoph nicht wegnehmen. Trotzdem liefen mir Tränen über die Wangen. „Was hast du, Gloria? Was soll das?“ Sein bekanntes Schluckauf Bitte. „Mein Traum will es so.“ „Dein Traum will es so?“, wiederholte er fragend. Er schluckte. „Gern würde ich das jetzt zu lassen. Doch deine Liebe gehört Christoph. Deshalb sage ich dir jetzt.“ Er nahm meine Schulter in seine Hände und hielt mich von sich weg. „Deine vermutliche Schwärmerei für meinen Bruder hat alle beschützt. Nur deswegen gibt es noch Hoffnung. Eirwens Erweckung ist ein schreckliches Missgeschick, ändert nichts an deinen Gefühlen. Du hast deine Wahl selbst getroffen. Kein Traum. Verstehst du Gloria? Du entscheidet es. Niemand anders. Und  können wir uns jetzt bitte auf ein Rentier setzen. Du schließt dann bitte die Augen und ich sage dir Bescheid, wenn es vorbei ist. Würde es so für dich gehen?“ Er schaute mir fest in die Augen. „Ich würde einen anderen Weg wählen, wenn es einen anderen geben würde. Zurück ist es einfacher, versprochen.“ Also nickte ich kurz, setzte mich auf das nächste Rentier, es hatte einen weißen Blitz auf der Stirn, und presste die Augen zusammen. Ich spüre den Ruck beim Losspringen und Anhalten. Ansonsten versuchte ich krampfhaft die Augen nicht zu öffnen. Nicolai umfasste mich schließlich, ging ein paar Schritte und sprang vom Dach.

Der Weihnachtsmann, den ich erträumteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt