𝐂𝐇𝐀𝐏𝐓𝐄𝐑 𝐍𝐈𝐍𝐄

372 12 0
                                    

Bringt mir seinen Kopf.

Seinen Kopf.

Kopf...

Ich zitterte am ganzen Körper, obwohl mir Carpinio zuvor eine Decke über die Schultern gelegt hatte.

Nach der Hinrichtung meines Vaters hatte er mich unerkannt und unbemerkt zu seinem Lager — in der Nähe der Trainingsfelder bei denen wir uns das erste Mal begegnet waren — gebracht.
Sein Bruder Ruben hatte schon das meiste für die Reise nach Hause zusammengepackt und war jetzt dabei, ein weiteres Pferd zu besorgen.

Ich trug noch immer die Kapuze meines Umhanges tief in mein Gesicht gezogen und umklammerte meinen Bogen, während meine Augen sich auf das Gras vor mir gerichtet hatten.

Bei der sanften Berührung auf meinem Rücken, zuckte ich merklich zusammen und Carpinio hob beschwichtigend die Hände, bevor er sich vor mich kniete und vorsichtig mein Kinn anhob.

Meine Augen waren verquollen von den unzähligen Tränen die ich vergossen hatte und meine Lippe bebte, weil ich das Schluchzen zurückhalten wollte.

»Komm mit uns. Das ist am sichersten für dich.«

Ich blickte ihm in die Augen.

Er hatte zwar Recht — ich war die Tochter eines angeblichen Hochverräters und wurde wahrscheinlich jetzt schon von allen gesucht — aber ich musste die ganze Zeit an meine Schwestern denken und an das gebrochene Versprechen zu meiner Mutter.
Ich hab nicht auf meine jüngeren Geschwister aufgepasst und das, obwohl es meine Pflicht war.
Mein ganzes Leben schon war es meine Aufgabe.
Aber ich war viel zu sehr mit meiner Selbstfindung und der Rebellion gegenüber des Lady-Seins beschäftigt.
Und ausgerechnet jetzt hatte ich bemerkt, dass die Familie das wichtigste auf der Welt war.

»Ich kann nicht.«

Carpinio setzte schon zum Protest an aber ich hob eine Hand an seine Wange.

»Ich muss meine Familie beschützen, ehe es zu spät ist. Ich muss erst meine Schwester finden und dann meine Mutter und meine Brüder.«

»Und ich muss dich beschützen!« rief Carpinio aus und ich strich ihm sanft über die Wange.

»Ich bin verantwortlich für die Jüngeren und das muss ich wieder gut machen. Hilfst du mir?«

Wir blickten uns in die Augen.

Ich sah den kurzen verzweifelten Blick doch dann nickte Carpinio langsam.
»Was soll ich tun?« flüsterte er ruhig.

»Ich darf zu allererst nicht mehr auf den ersten Blick wie Alayna Stark aussehen. Ich brauche Kleidung einer Kämpferin.«

»Daran soll es nicht scheitern.« lächelte Carpinio.

»Und ich muss nochmal in die Stadt.« offenbarte ich schließlich und der Ausdruck in seinem Gesicht wurde schlagartig anders.

»Das ist dein Tod!«

»Ich muss zur Waffenschmiede.«

»Ich schicke Ruben dorthin, wenn er zurück ist.«

»Er wird es nicht bekommen. Ich habe es als Alayna Stark aufgetragen.«

»Was überhaupt?«

»Ein Schwert.«

»Kannst du überhaupt...«

Ich unterbrach ihn mit einem durch dringlichen Blick. »Das ist jetzt nicht der Moment. Und ja, ich kann. Ich brauche dieses Schwert.«

Carpinio seufzte tief und ich sah ihn bittend an.
Schließlich willigte er ein.

Alayna Stark | 𝐠𝐚𝐦𝐞 𝐨𝐟 𝐭𝐡𝐫𝐨𝐧𝐞𝐬.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt