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Der Sand war heiß und trocken zugleich. Sie spürte den immer stärker werdenden Schmerz, der sich mit der Dauer und der Distanz, die sie zurücklegte, verstärkte. Doch sie blendete es aus, entschied sich bewusst gegen die schützende Sohle ihrer Flipflops. Die heiße Sonne Californiens schien unbarmherzig auf sie nieder, ohne das leichteste Pustens eines Lüftchens. Ella stöhnte. Wie lange sollte sie denn bitte noch durch den heißen Sand laufen, bis sie endlich am Ziel war - was auch immer das sogenannte Ziel sein sollte. Sie warf einen erneuten Blick auf die handgeschriebene (!!!) Karte, die sie nun seit 15 Minuten nur geradeaus führte. Allmählich gelangte sie zum wilderen Teil des Strandes, wo sich weniger Menschen aufhielten, da das Wasser hier unruhig gegen die aus dem Wasser ragenden Felsen schlug und Steinplatten aus dem Sand hervorlugten, geformt und abgeflacht vom Wind. Ella kannte diesen Teil nicht, konnte sich aber vorstellen, weshalb der Verfasser der Karte ihn als Zeil ausgewählt hatte. Weniger badende Familien, sich sonnende Touristen, keine spielenden kleine Kinder und stark besuchte Strandbistros. Und vor allem: keine nervigen Paparazzi.
Ella beugte sich nach unten um eine kleine Schneckenmuschel aufzuheben, auf die sie beinahe getreten wäre. Sie war klein und im vergleich zu den anderen Muscheln, die man an diesem Strand finden konnte eher ziemlich unscheinbar, doch genau das mochte Ella an ihr. Als sie sich gerade wieder aufrichtete fiel ihr Blick auf etwas, das gerade wieder hinter einen Felsen huschte. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Sein brauner Haarschopf hatte ihn verraten. Die letzten paar Meter rannte Ella - so gut es ihr mit ihrem durch ihren Autounfall verletzten Bein eben möglich war- bis sie schließlich vor dem Felsen stand. Langsam ging sie drum herum und da stand er; seine Gesichtszüge konzentriert und sein Körper in angespannter Haltung, als hätte er vor gehabt, sie zu erschrecken. Doch jetzt war sie diejenige, die ihn erschreckte. „Ella!" rief er überrascht und fasste sich an die Brust, „hast du mich erschreckt." „Überraschung", grinste sie nur und musterte sein mal wieder tadellos gut aussehendes Erscheinungsbild. Sein lachsfarbenes Hemd war lässig aufgeknöpft, sodass seine gebräunte Brust darunter zum Vorschein kam. Dazu trug er Badeshorts im Hawaii-Styl, die bei vielen Männern wahrscheinlich lächerlich, bei Brian jedoch nur einfach nur lässig wirkten und eine gewisse Sympathie ausstrahlten. Wieder einmal musste Ella sich ins Gedächtnis rufen, dass dieser gut aussehende junge Mann tatsächlich ihr Verlobter war.
„Dabei wollte /ich/ doch die Überraschung sein", schmollte Brian Oliver und verzog dabei sein Gesicht so wie ein kleines Kind, dem die zweite Kugel Schokoladeneis verweigert wurde. „Hm, dann musst aber leider noch ein bisschen überraschender werden", neckte Ella ihn und versuchte dabei unauffällig an ihm vorbei zu linsen. „Madame, zügle deine Neugierde", drohte er scherzend und versperrte ihr die Sicht. „Oder willst du mir meine ganze Überraschung vorwegnehmen?" „Also dann, ich lasse mich sehr gerne weiter überraschen", verkündete Ella und hauchte Brian einen Kuss auf die Wange. Sofort vergaß dieser seine Schmollatacke und strich ihr so sanft über die Wange, dass sie erschauderte. „Deine Karte war übrigens sehr süß, nur an der geographischen Genauigkeit könntest du noch etwas arbeiten. Ich wäre nämlich noch weiter geradeaus gelaufen, hätte ich dich nicht gesehen." „Tja, so ist das eben, wenn man seit einer Ewigkeit mal wieder analog abreitet. Ungenauer, umständlicher, aber viel romantischer. Und jetzt schließe deine Augen Ella." Ella schloß ihre Augen und fühle Brians warme Hand, die nach ihrer Griff. Langsam führte er sie ein Stück weiter um den Felsen herum, bis er sich schließlich hinter sie stellte und ihr von hinten einen sanften Kuss auf die Wange gab. „Du kannst sie jetzt öffnen, Ellamara" schnurrte er in ihr linkes Ohr. Ihr wurde warm ums Herz und ein Strom von Glücksgefühlen floss durch ihren Körper. Brian mangelte es einfach an keiner einzigen guten Eigenschaft, an Romantik schon gar nicht. Er war zwar ein begnadeter Schauspieler und romantische Szenen gehörten häufig zu seinem Drehalltag, doch das hinderte ihn nicht dran, auch im echten Leben Ella des öfteren mit seiner romantischen Ader zu verzaubern. „Wie du wünschst, mein Druidenprinz", flüsterte sie und öffnete die Augen.
Vor ihr im Sand war eine riesige, cremefarbene Decke ausgebreitet, die über und über mit Muscheln und weißen Rosenblättern verziert worden war. Außerdem stand dort ein Korb, aus dem der Kopf einer Champangerflasche lugte, sowie Gläser, kleine bunte Schälchen und Teller und andere Getränke. In der Mitte waren mehrer Tabletts hingelegt worden, auf denen verschiedene Obstsorten, kleine Pancakes, Cupcakes, sowie dreieckige mini Sandwiches arrangiert waren. Ella fehlten die Worte. Sie wusste, dass Brian durchaus kreativ war und es ihm an romantischen Ideen nicht mangelte, doch mit wie viel Liebe er dieses wunderbare Picknick am Strand für sie hergerichtet hatte, rührte sie zutiefst. „Freust du dich?", raunte er in ihr Ohr und sie konnte den Stolz, der in seiner Stimme mitschwangen, hören. „Ob es mir gefällt? Brian, das ist wundervoll. Ich wusste gar nicht, dass romantische Picknicks herrichten nun auch noch zu deinem Kompetenzbereich gehört." Lächelnd drehte sie sich um und gaben ihm einen festen Kuss auf den Mund, welchen er nur zu gern erwiderte. „Aber dürfte ich fragen, womit ich mir das verdient habe?", fragte Ella und löste sich sanft von ihm um ihn fragen anzublicken. „Ella, abgesehen davon, dass ich als dein wunderschöner, romantischer und dich vergötternder Freund es mir zur Aufgabe gemacht habe, dich mit Kleinigkeiten zu erfreuen" verkündete er selbstsicher und wartete gar nicht ab, bis sie ihn spielerisch auf den Arm geboxt hatte, sondern fuhr mit geheimnisvoller Miene fort: „Hast du die Rolle bekommen."

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