Ängstlich überlegte Graham jeden Morgen, bevor er zu seiner Ausbildungsstelle ging, ob er sich nicht doch einfach Krankmelden sollte.
Man sollte meinen, dass die Ideale der Gesellschaft und der Hass die Jene mitbringen, mit dem Alter verschwinden sollten; Doch Graham wusste es besser. Statt, dass man ihn akzeptierte wie er war, machte man ihn nieder.
Er spürte wie sich die Blicke der Menschen um ihn herum förmlich in seinen Rücken fraßen, während er seinen Freund zur Arbeit brachte und ihm zum Abschied einen Kuss gab.
Er spürte den Ekel und den Hass den seine Mitmenschen ihm entgegen brachten, wenn er bei einem Stadtbummel die Hand seines Freundes in die seine nehmen wollte, es dann aber doch bleiben ließ.
In der Neunten Klasse hatte Graham gespürt, dass er sich von den anderen Jungen unterschied. Während sie nach dem Sport in der Umkleide immer von den Figuren der Mädchen sprachen, fand er daran nichts anziehendes. So kam es, dass man ihn Schwuchtel und Tunte taufte, ihn in eine separate Umkleide zwang, aus dem Grunde, weil sie sich nicht mit dem Gedanken abfinden konnten, Graham könne Männerkörper attraktiver finden als die der Frauen.
Seine Schulzeit war für ihn ab der neunten Klasse eine Qual.
Vor seinem Outing, zählte Graham zu dem Mädchenschwarm schlecht hin. Er hatte viele Freunde, doch wer die Wirklichen waren, machte sich erst später bemerkbar. Er hielt seine ganzen Kumpels für wahre Freunde, bis er ihnen erzählte er sei schwul.
Er sah die Abschätzung in ihren Augen auflodern und bereute seine Entscheidung auf der Stelle.
Seine Freunde machten ihm das Leben zur Hölle. Schmissen sein Mittagessen auf den Boden, warfen seine Sachen weg, klauten im Sportunterricht seine Sachen und schmissen sie in den Mülleimer oder sogar in die nasse Dusche. Sie ärgerten ihn mit abschätzigen Bemerkungen, sorgten dafür, dass er seine Pausen alleine verbrachte.
Heute findet Graham den Gedanken unfassbar, zu was Kinder fähig sind.
Sie machen jeden nieder, der nicht so war wie sie es toll fanden.
Doch das Schlimmste war, dass die Erwachsenen keinen Deut besser waren als die Kinder.
In seiner Ausbildungsstelle wurde er aufs Niedrigste diskriminiert. Er wurde für etwas gehasst, was er sich nicht aussuchen konnte. Er war so verzweifelt, dass er tatsächlich darüber nachdachte sich einfach der Gesellschaft anzupassen und seine Sexualität und seinen Willen aufzugeben.
Die Gesellschaft trieb ihn an seine Grenzen. Genauso wie seinen heutigen Ehemann.
Sie lernten sich in einer Kneipe kennen, wurden Freunde. Verheimlichten dem Anderen jedoch ihre Sexualität. Immerhin lernten sie endlich jemanden kennen, der gerne mit ihnen Zeit verbrachte.
Heute sind sie beide verheiratet, und haben eine kleine Tochter adoptiert.
Die Blicke der Passanten ignorieren sie, sie haben es geschafft sich selbst zu lieben.
Sie haben das für sie Unmögliche tatsächlich möglich gemacht, und beginnen damit ihr Leben so zu führen, wie sie es für richtig halten.
20th May 2020
DU LIEST GERADE
Die Sonne hinter den Wolken ✔︎
KurzgeschichtenWeil manche Menschen vergessen, dass selbst nach dem schlimmsten Sturm die Sonne wieder scheint. © Suchtfaktor 2020 Covered by Gedankendealerin