Teil 2

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Die Tore des Thronsaals wurden geöffnet und gaben den Blick auf eine reich geschmückte Halle frei. Ein goldener Teppich war bis zu der Thronreihe ausgerollt worden, von der Decke hingen Banner mit dem Zeichen des Landes und dem Wappen der Königsfamilie.

Ein dickbäuchiger Mann in feinster Kleidung lief durch die Tore und schritt gezielt über den Teppich. Hinter ihm betraten die beiden Fremden den Saal.

Der Dickbäuchige hatte Schweißperlen auf der Stirn und kniete sich vor dem Thron nieder.

„Verehrte Erzherzogin, dürfte ich um Eure Aufmerksamkeit bitten?"

„Was gibt es? Wer sind diese...dreckigen Fremden, welche um Einlass verlangen?", fragte eine klare Stimme bestimmt und eine Frau mittleren Alters erhob sich von ihrem Sitz. Auch ihr langes Kleid war aus dem feinsten Stoff ferner Länder. Das Gold um ihren Hals, an den Fingern und an den Ohren funkelte im Sonnenlicht, welches durch die Fenster schien und gab ihr den nötigen Auftritt. Es schien um sie herum zu erleuchten. Als sei sie eine Gesandte Gottes.

Die Fremden blieben mit gebürtigem Abstand stehen und knieten ebenfalls nieder. Der Mann vor ihnen tuschelte etwas und die Augen der Frau weiteten sich aufmerksam.

Sie nickte ihm zu und forderte ihn mit einer Handbewegung auf zu gehen.

Dann blickte sie zu den vermummten Gestalten, welche noch immer mit gesenktem Haupt vor ihr niederknieten um ihr den nötigen Respekt zu erweisen.

„Kommt näher. Ich empfange Euch.", sprach die Frau erneut mit klarer, deutlicher Stimme und faltete die Hände. Der Rotschopf sah kurz zu seinem Begleiter, welcher sich erhob und auf die Frau zutrat. Er selbst bleib an seinem Platz.

„Erzherzogin von Weißhalm, es ist mir eine Ehre vor Euch zu stehen. Doch mit Verlaub, wo ist Euer Gatte?", fragte der Vermummte und blieb vor der Frau stehen. Die rechte Hand auf der linken Brust, die Linke auf dem Rücken.

„Er ruht, seit einiger Zeit fühlt er sich nicht sonderlich. Dürfte ich Euch bitten Euer Gesicht zu zeigen?", forderte sie und verengte die Augen.

Ihr Gegenüber nickte. „Selbstverständlich, verzeiht meine Unhöflichkeit." Mit diesen Worten löste sich das Tuch vor dem Gesicht und die Kapuze wurde heruntergezogen.

Blondes Haar fiel über die breiten Schultern, zum Vorschein kamen die markanten Gesichtszüge, die vollen Lippen. Doch die Aufmerksamkeit der Baronin galt den Narben, welche sich teils über den Kiefer hinab zum Hals zogen.

„Ihr seid es wirklich. Leona, die Löwin.", hauchte sie erstaunt.

Die Gestalt vor ihr löste den Umhang und reichte ihn ihrem Begleiter.

„In der Tat. Ich bin Leona, dies ist mein treuer Begleiter Brios. Ich würde gerne mit Euch sprechen. Über die magische Explosion.", sprach die blonde Frau und legte eine Hand auf den Griff ihres Schwerts. Die Baronin verengte die Augen und nahm auf dem Thron Platz. Dem Thron ihres Gatten.

„Verzeiht, aber was interessiert sie Euch? Sie ist schon sehr lange her.", sie sprach langsam, schon gar zögernd. Leona blickte ihr in die Augen und lächelte leicht. „Dies ist mir durchaus bewusst, dennoch würde ich gerne alles darüber erfahren. Zuallererst durch was sie verursacht wurde?"
Das nervöse Zucken des Zeigefingers ihres Gegenübers entging ihr dabei nicht.

„Sie passierte nachts, aus dem Nichts."
„Ich vernahm, es wäre eine Hexe gewesen."
„Das wäre mir neu. Meines Wissens nach wird keine Magie geduldet und es wurden alle Magier und Hexen verbrannt oder anders getötet. Das soll schon über Jahrhunderte her sein. Außerdem sind das nur alberne Geschichten um Kindern Angst zu machen, es gibt keine Magie oder derartiges.", erwiderte die Frau mit einem erneuten Zögern.

Leona blickte zu Brios, er hörte aufmerksam zu, hatte aber noch immer das Haupt gesenkt.

„Wie erklärt Ihr Euch dann diese enorme Explosion?"
„Ich durfte mich damit nicht auseinandersetzen, da müsstet Ihr meinen Gatten fragen, doch dieser ist derzeit nicht ansprechbar. Schließlich möchte ich keine falschen Vermutungen anstellen oder derart wirre Theorien wie Magie. Wie ich bereits sagte, es liegen Jahrhunderte zurück. Niemand der davon etwas wusste ist noch am Leben."

Leona verzog die Mundwinkel und hob das Kinn. „Was ist mit König Denzel? Weiß er etwas darüber?"
Die Augen der Erzherzogin weiteten sich in sekundenschnelle, doch sie fasste sich schnell wieder. „König Denzel hat nichts mit unseren Ländereien zu tun."
„Nein? Ich vernahm, er wäre einige Zeit des öfteren hier her angereist und über Tage geblieben."
„Ich weiß nicht, was Ihr Euch zusammenreimt, meine Teuerste, jedoch kann ich Euch versichern, dass König Denzel nicht mit uns verkehrt.", erwiderte die Frau auf dem Thron kühl und Leona senkte das Gesicht.

„Verzeiht, ich wollte keine Unterstellungen unterbreiten. Ich versuche nur Informationen über die magische Explosion zu erlangen."

„Weshalb?"
„Persönlichem Interesse. Ich werde Eure kostbare Zeit nicht weiter beanspruchen. Vielen Dank, Lebt wohl.", Leona verneigte sich erneut und schritt an Brios vorbei, dieser folgte ihr und warf den Umhang auf ihre Schultern. Sie knotete ihn zu und zog das Tuch wieder über ihr Gesicht. Sie folgten dem dickbäuchigen zu den Toren, welche sie nach draußen führten.

„Sie hat gelogen.", sagte Brios schließlich als sie wieder auf ihren Pferden saßen. Leona nickte. „Sie wird dem König augenblicklich darüber informieren, dass ich hier war."

„Was machen wir nun?"

„Sie war hier, das steht fest. Ich kenne niemanden, der so mächtig ist."
„Was macht dich so sicher, dass sie noch nicht tot ist?"
„Ich bin es noch nicht."

What RemainsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt