Kapitel 6

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Ich hatte einen ganz bestimmten Platz im Kopf.

Und diesen betraten wir ein wenig später auch schon.
Kaum das ich den Pfad verlies und die Zweige eines Busches auseinanderbog, kam eine Lichtung in Sicht.
Beinahe in der Mitte befand sich ein kleiner Teich.
An den tiefsten Stellen reichte mir das klare, türkisfarbene Nass gerademal bis zum Knie.
Ja, richtig.
Ich hatte es bereits getestet.
Schließlich hielt ich Kontakt zu meinen kleinen Freunden, welche im Sommer ebenfalls gern badeten.
Natürlich mussten sie schon schwimmen, wenn ich bis zum Knie im Wasser stand, aber das machte nichts.

Die Lichtung war wirklich schön und strömte eine Ruhe aus, die nur hier zu finden war.
Im Schatten am Rande der Lichtung, in den Bäumen, hingen kleine, knollenartige Gebilde.
Sie erinnerten auf den ersten, unachtsamen Blick ein bisschen an löchrige Kokosnüsse, auch wenn sie größer waren als diese.

Dem scharfsinnigen Beobachter jedoch fiel auf, das es sich eher um kleine Nester oder sogar Häuschen handelte.
Denn hier lebten Elfen.
Ja, tatsächliche, leibhaftige Elfen.
Aber sie waren nicht wie pummlige kleine Menschen oder in Blütenblätter gekleidet, ne-hein.

Sie sahen von nahem aus wie sehr kleine Drachen mit Schmetterlingsähnlichen Flügelchen.
Je dunkler es wurde, desto heller leuchteten sie, praktisch gesehen könnte man sie für frei herumschwebende Glühwürmchen oder sogar Sterne halten.

Elfen waren friedliche, äußerst nützliche magische Wesen.
Zwar waren sie gerademal, wenn es hochkam, 25cm groß, aber sie konnten sich so miteinander verbinden, das sie ein hell leuchtendes Schutz-Netz bildeten.
Sie waren so gut wie imun gegen Drachenfeuer und ziemlich resistent.
Äußerst nützlich für den Fall eines Kampfes.
Zumal sie sehr beschützerisch waren, wenn es um ihren Lebensraum, Besitz, Artgenossen oder Freunde ging.

Außerdem hatten sie einen Hang zu allen Pflanzen, je älter desto besser.
Deshalb befanden sich in diesem Birkenwald auch ziemlich viele außergewöhnlich alte Bäume.
Ich, die ja ganz in der Nähe wohnte, hatte damals schwören müssen, sie in Frieden zu lassen.
Das hatte ich.
Ich hatte sogar kleine Blumenkästem mit allerlei Pflanzen und Gewürzen auf meinen Fensterbänken stehen, für den Fall das sie mich mal besuchen kommen würden.
Denn in unseren grau-schwarzen Betonwüsten fühlten sie sich nicht wohl.
Aber gut, wer konnte ihnen das verdenken.
Wer atmete nicht lieber saubere, klare Luft als den dichten, von Abgasen geschwängerten Smog der Städte?

Naja, auf jeden Fall betraten Anica, Cassy und ich diese Lichtung nun.
Es lag, wie immer, ein Hauch uralter Magie in der Luft, gefolgt vom Elfenstaub, der sich sacht vom Winde verwehen ließ.
Die Elfen würden vielleicht mal kurz vorbeischauen, aber an sich würden sie uns in Frieden lassen, solang wir den Frieden ebenfalls wahren würden.

Und da meine zwei Anhängsel nicht gerade aussahen, als würden sie hier den nächsten Schlachthof eröffnen wollen, ging das sicher total klar.

Ich blieb auf der Lichtung stehen und wandte mich den anderen beiden zu.
Cassy sah sich mit stummem Erstaunen in den Augen um, während Anica anerkennend nickte.
"Nicht schlecht", meinte sie und lächelte mir kurz zu.
"Der Ort ist gut. Setzen wir uns doch in die Nähe des kleinen Teichs", meinte sie und zeigte auf den Platz den sie meinte.
Ich setze mich im Schneidersitz auf einen der Plätze, auf die Anica gezeigt hatte, während Cassy sich mit einem Grinsen neben mich ins Gras fallen lies.
Anica setzte sich uns beiden gegenüber und sah uns an.
Sie hielt den Rücken gerade und hatte selbst im sitzen noch eine gewisse Art von Anmut.
Beneidenswert.
Wirklich beneidenswert.
Ich warf einen Seitenblick auf Cassy.

Das Licht- und Schattenspiel der Sonnenstrahlen, welches durch die Blätter der Bäume fielen brachten ihre Haare an einigen Stellen zum glänzen, während sich der Rest des Lichtes auf der Seeoberfläche brach und ein insgesamt beeindruckendes Lichtspiel auf Cassys Gesicht zeichnete.
Ich hingegen musste geradr aussehen wie ein Geist, da ich generell keinen allzu dunklen Hautton hatte.
Äußerst bedauerlich.
Cassy ließ den Blick aus ihren funkelnden Augen über die gesamte Lichtung, bis hin zu mir schweifen.
Ich wandte schnell den Blick ab und sah wieder zu Anica.

Der Drache mit den KatzenpfotenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt