Kapitel 9

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Ausgerechnet Melanie, die Schulmiststück schlechthin! Wenn sie das Haus eines Mannes verließ konnte man sich sicher sein, dass das, was sich darin abgespielt hatte, sicher nicht jugendfrei war. Meine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen und ich zischte sie an: „Was willst du denn hier???" „Nachhilfe meine Liebe, " säuselte sie zuckersüß mit ihrer einlullenden Stimme. Melanie wirkte auf den ersten Blick wie ein braves und unschuldiges Mädchen doch hatte man erst hinter ihre Fassade geblickt war es schwer sie überhaupt noch anzusehen. Nichts als Hass empfand ich für diese Person, den sie war Melanie die Freund-Auspannerin, die nichts als gebrochene Herzen und Tränen hinterließ. Zu ihrem Beuteschema gehörten sogar verheiratete Männer, was nun wirklich unter aller Würde war. Melanie musste nur mit ihren unechten, vollgeschminkten Wimpern klimpern und schon lag ihr die Männerwelt zu Füßen. Vergangenes Jahr hatte sie auch Jose's dreijährige Beziehung gnadenlos beendet und ein weiteres Leben zerstört. Ganze drei Monate hatte es gebraucht bis ich Jose endlich wieder dazu überreden konnte ihr Leben außerhalb ihres Zimmers weiterzuführen. Ha, wenn dieses Miststück dachte sie könnte mich einfach so gefügig machen wie ihre zahlreichen Errungenschaften hatte sie sich mächtig geirrt. Feindselig fauchte ich: „Willst du mich für blöd verkaufen? In der zweiten Ferienwoche, bei deinen Noten?" „Habe ich etwas von „Schulnachhilfe" gesagt?", lächelte sie eisig, rückte ihren verrutschten, viel zu kurzen Rock zurecht und stolzierte davon. Mir blieb nur der Blick durch die offene Tür, direkt auf den nackten Oberkörper meines Geschichtsprofessors. Als er mich bemerkte wurde er plötzlich ganz blass und stammelte: „Claire! Es, es ist nicht das..." Ich ließ ihm keine Zeit zu Ende zu Sprechen sondern zitterte den Tränen nahe: „Doch das ist es glaub ich schon, nur der Unterschied ist, dass sie danach kein Shirt von dir trägt!" Ich hätte ihm am liebsten sein blödes Sweatshirt vor die Füße geworfen, doch da ich keinen BH darunter trug riss ich mich zusammen. Mein ganzes Gewicht auf ein Bein verlagert fuhr ich herum und wäre fast über die Stufen gestolpert, doch ich rannte weiter. Ich wollte nicht, dass er mich weinen sah. Wer tat das denn  schon gern, wenn man eigentlich am liebsten vor Wut schreien oder randalieren würde. Liam, noch immer ohne T-Shirt lief mir nach, doch ich war schneller, ich war wütender! Auf dem Weg durchs Gartentor überrannte ich eine verdutzte Melanie, die keifend in die zuvor durch den Regen aufgewühlte Erde fiel. Wenigstens eine kleine Genugtuung für mich. Als Liam schließlich einsah, dass er mich nicht mehr einholen konnte blieb er stehen und fluchte vor sich hin. Der Gehsteig verschwand vor meinen Augen, denn meine Tränen rannen schon quer über mein Gesicht und das Schluchzen konnte ich auch nicht mehr unterdrücken. Anstatt mich jedoch einfach auf den herrlich grünen Wiesenweg neben mir fallen zu lassen, rannte ich weiter. Ich rannte und rannte und rannte bis ich meine Füße nicht mehr spüren konnte und mich an einer Bushaltestelle sinken ließ. Wissend, dass um diese Uhrzeit kein Bus mehr kommen würde, heulte ich mich dort aus bis meine Tränenflüssigkeit alle war. Danach raffte ich mich auf und stolperte nach Hause. Da hatte ich es wiedermal geschafft mich wie etwas Besonderes zu fühlen und dann verletzt zu werden. So war das immer. Natürlich hatte ich mit nichts Ernstem gerechnet, aber zusehen dass ich nur eine x-beliebige Eroberung auf seiner Liste war gab mir den Rest. Ab jetzt musste sich einiges in meinem Leben grundlegend ändern, das war mir klar. Ich hatte es satt für dumm verkauft zu werden und mich blödsinnigen Fantasien hinzugeben. „Lehrer hin oder her", hatte ich mir gedacht „ein Abenteuer ohne Probleme ist kein Abenteuer!" Für diese naiven Gedanken hätte ich mir jetzt am liebsten selbst eine reingehauen.  Doch nein, das hatte Liam schon für mich erledigt. „Typisch...", seufzte ich und schloss schwermütig meine Haustür auf.


Auf dem Boden der TatsachenWhere stories live. Discover now