Als ich da so am Waldboden lag, war alles um mich herum ruhig. Das einzige, was ich spürte, waren gedämpfte Schritte. Vorsichtig schlugen meine Augen auf, und ich starrte in die Baumkronen. Mein Kopf drehte sich, und besonders scharf sah ich auch nicht. Wahrscheinlich war ich auf den Kopf gefallen.
Die Welt um mich herum wurde wieder etwas klarer, als sich mir ein blonder Junge näherte. Sofort erkannte ich ihn nicht, da meine Erinnerungen wohl auch noch etwas Zeit brauchten, um wieder warm zu laufen. "Gehts wieder?", erkundigte sich der Junge, den ich als Florian erkannte. Warum quatschte er mich an? Wegen ihm lag ich doch hier unten! Oder?
Jedenfalls zog er mich vorsichtig am Handgelenk, und half mir erst mal, mich vorsichtig auf zu setzen. Ein Schwindelanfall brach wieder über mich herein, aber Flo hielt mich fest. Er war wirklich ungewöhnlich nett. "Du kannst mir vertrauen, Anna", sagte er, "Wahrscheinlich willst du das nicht, aber wenn du es willst, dann kannst du es. Ich helfe gern anderen Menschen. Das habe ich schon immer gemacht. Noch keinen davon habe ich jemals enttäuscht" Ich nickte. Ob es ein dankbares Nicken war, wusste ich selbst nicht so genau. Aber der weiße Wolf hatte auch irgendwie recht. Ich wollte ihm nicht vertrauen, weil es mir so gesagt wurde. Andererseits würde ich es so gerne tun, weil er einfach so nett war! Und ganz ehrlich, er sah nicht mal so schlecht aus.
"Bleib noch ein wenig sitzen. In der Nähe ist ein Bach, ich hole dir etwas zu trinken", erklärte mir mein neuer Bekannter. Wieder konnte ich nur nicken.
Bald darauf, es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, kam Florian mit einer vollen Wasserflasche zurück, und hielt sie mir hin. Dankbar lächelnd nahm ich sie an, und trank sie mit einem Satz halb leer. Mit einem erneuten Nicken gab ich die Flasche zurück. "Ein paar Minuten warten wir noch. Dann bringe ich dich am besten zu deinem Rudel", schlug er dann vor. Endlich kam auch meine Sprache wieder zurück, sodass ich antworten konnte: "Nein, Flo, das will ich nicht. Wenn meine Mutter die Wahrheit gesagt hat, werden sie mich töten!" "Ja, das hat sie gesagt", bestätigt der Blauäugige, "Aber das ist 16 Jahre her. Ich bin mir sicher, die Zeiten haben sich geändert. Und so blöd das jetzt vielleicht klingt, aber ich glaube, bei den Dunklen bist du im Moment am besten aufgehoben."
Noch ein paar Minuten verstrichen, die Dunkelheit wurde dunkler. Florian hatte in der Zwischenzeit ein wenig Abstand vor mir genommen, damit ich mich wieder beruhigen konnte. Das wusste ich sehr zu schätzen. "Es wird Zeit", durchbrach er dann plötzlich die Stille, und kam zu mir rüber, "Kannst du aufstehen?" "Ja, das müsste gehen" Er verwandelte sich in seine Wolfsform, und bedeutete mir mit einer Kopfbewegung, das Gleiche zu tun. Durch das Gespräch mit ihm war mein Kopf wieder schön frei, und ich konnte die Form halten.
Gemütlich gingen wir die Route entlang, die ich in den letzten Wochen schon so oft eingeschlagen hatte. Dabei achtete der weiße Wolf neben mir genau auf mein Tempo, und richtete sich danach. Wir gingen nicht schneller und nicht langsamer, als ich es wollte.
Bald sah ich in der Ferne schon den großen Felsen, der unseren Rudelplatz auszeichnete. Florian blieb stehen, als uns ein anderer Wolf entgegen kam. Ich erkannte ihn sofort. David stand vor mir, der Sohn meines Alphas. Ich bekam ein komisches Gefühl, denn Florian war ja ein Heller! Wahrscheinlich war er deswegen hier stehengeblieben, weil das die Grenze war, und David ihm somit nichts tun konnte.
Trotzdem wurde Flo von ihm angeknurrt. Das war wohl das Zeichen, dass er nicht erwünscht war. Der Helle senkte sofort seinen Kopf. Verbeugte er sich gerade vor David? Naja, das machte man wohl so.
Bevor Florian ging, drehte er sich zu mir, und verbeugte sich nochmal vor mir. Dann drehte er ab, und war weg. Ich ging währenddessen ein paar Schritte weiter, und betrat somit wieder das Revier der Dunklen. Für mich eigentlich eine Todeszone, wenn man es sich genau überlegt.
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Zurück zu mir
FantasíaAnna ist eine normale 16-jährige. Wie jede andere in ihrem Alter lebt sie eben ihr Leben. War ihr Leben jemals spektakulär? Nein. Zumindest nicht bis zu der einen entscheidenden Nacht, die alles veränderte. Ein wunderschöner Vollmond stand am Himmel...