Kapitel 11

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Nach einer weiteren Mathestunde bei Herrn Pächer, in der ich mich trotz seiner Mahnung nicht beteiligt hatte, sah ich auf dem Schulhof eine mir bekannte Person.

Henri stand in einer Ecke des Schulhofs an einen Baum gelehnt. Es sah lässig aus. Der Ahornbaum über seinen Kopf gab ihm Schatten vor der warmen Sonne. Es war immerhin fast Mittag.

Aber er war nicht alleine. Natürlich nicht. Er war von drei Mädchen umgeben, die ihn anhimmelten. Ich erkannte, dass er versuchte, ihnen höflich zu antworten, obwohl sie ihn sichtlich nervten. Belustigt sah ich ihm zu. Dass ich ihn überhaupt hier in meiner Schule sah, war für mich nicht in Frage zu stellen. Wir wohnten schließlich nicht im Zentrum Bremens. Anna ging ja auch auf die gleiche Schule, aber ich sah sie in den Pausen nicht sonderlich oft.

Gerade als ich diesen Gedanken fasste, sah ich wie sie auf Henri zulief und ihm von weitem zuwinkte. Auf den Gesichtern der drei Mädchen zeichnete sich etwas wie Wut und Angst ab.

Anna umarmte ihn ausgiebig und nahm seine Hand. Ich zog meine Nase kraus, wie ich es immer tat, wenn ich mich über etwas ärgerte.

Dann sagt Anna etwas zu dem Mädchen und zog daraufhin Henri mit sich von ihm weg. Anna erblickte mich und zerrte Henri dann in meine Richtung. Bei mir angekommen fing sie an, heftig zu lachen. Erst schien es, als würde sie gar nicht mehr aufhören wollen, doch dann machte Henri Anstalten, ihr seine Hand zu entziehen.

»Hey!«, sagte sie plötzlich wieder ernst. »Du willst doch deine Tarnung behalten, oder?»

Zu mir gewandt erklärte sie dann: »Ich musste ihn vor den Weibern retten.«

Obwohl ich das gewusst hatte, beruhigte es mich, diese Worte zu hören.

Henri zog einen Schmollmund. »Bah! Ich halte mit einem Mädchen Händchen!«

»Hab dich nicht so. Wenn du nicht aufhörst, zu jammern, verpasse ich dir eine Ohrfeige und sag den Mädels, du wärst wieder single!«

»Nein!«, sagte er mit einem geschockten Gesichtsausdruck.

»Na dann!«, triumphierte sie.

Nach dieser Pause musste ich nur noch eine Doppelstunde Biologie durchstehen. Anna hat heute länger Schule, wodurch ich alleine im Bus saß. Zuhause angekommen brachte ich als erstes meinen Schulranzen nach oben in mein Zimmer.

»Lukas?«, hörte ich meine Mutter rufen. »Kommst du mal runter?«

Ich bejahte.

»Was ist denn?«, fragte ich als ich unten in der Küche ankam.

»Ich wollte dir etwas erzählen.«

»Ist Markus da?«, wollte ich mich versichern?

»Nein.«

»Okay.« Ich fühlte mich gleich viel wohler.

»Ich hatte ja gesagt, wir wollen neu anfangen. Markus und ich hatten überlegt, umzuziehen.«

Ich war so geschockt, dass mir alles Blut aus dem Gesicht wich. Wie ein Schlag floss die Kälte durch meinen gesamten Körper.

»Steht das fest oder darf ich da noch mitentscheiden?«

»Das steht fest.«

Ich schaute Mama nur wütend an.

»Nach Hamburg.«, fügte sie hinzu. »Das ist nicht weit weg.«

»Du machst alles kaputt.«

»Wie kommst...«

Ich unterbrach sie. »Einmal finde ich Freunde und direkt musst du wieder alles zerstören. Du und dein wundervoller Markus.«

180 GradWo Geschichten leben. Entdecke jetzt