Ewiges Schlaflied

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Die Schatten wuchsen länger und allmählich wandelte sich das satte Himmelblau des Horizonts in ein orangenes Rot

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Die Schatten wuchsen länger und allmählich wandelte sich das satte Himmelblau des Horizonts in ein orangenes Rot. Trotzdem war es auf dem Sommerfest noch immer brechend voll. Ein Bauer aus dem Dorf stellte jedes Jahr seinen Hof zur Verfügung. In der Scheune gab eine Band aus dem Nachbardorf gefühlvolle Country-Lieder zum Besten. Davor tanzten einige Leute miteinander.

Draußen auf der Festwiese, zwischen Bierwagen und Imbissbuden, waren zahlreiche Bierzeltgarnituren aufgebaut worden. Kinder kletterten in einer aus Heuballen gebauten Burg umher. Streichelzoo und Ponyreiten hatten inzwischen seit einer Viertelstunde geschlossen.

Der Sommer hatte seinen Höhepunkt überschritten und die Nächte wurden wieder kürzer. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung und ich saß, eingequetscht zwischen einigen Klassenkameradinnen, inmitten der ganzen Menschen. Dass morgen wieder Schule sein würde, interessierte momentan niemanden.

»Hey! Einmal alle hergucken!«

Überrascht schaute ich zum Mädchen rechts neben mir. Sie hielt ihr Handy in die Höhe und machte ein Foto mit der Frontkamera.

Es klickte und sie nahm das Gerät wieder herunter. »Oh Gott, Edion.« Lachend zeigte sie mir den Schnappschuss. Meine Augen waren nur zur Hälfte geöffnet, der Mund zu einer seltsamen Grimasse verzogen.

»Da sehe ich ja schrecklich aus!«

Sie lachte. »Okay, okay ... wir machen ein Neues.« Mit derselben Geste erhob sie ihr Handy erneut, lehnte sich an mich. Auch die anderen am Tisch nahmen ihre Fotopose ein. Sie drückte ab und betrachtete das Resultat. »Oh ja, das ist gut geworden.«

»Schickst du das in die Gruppe?«, fragte jemand.

»Klar, mach ich.« Sie tippte auf dem Touchscreen herum.

»Edion?«

Ich sah in die andere Richtung. »Ja?«

»Ich gebe noch einen aus. Was willst du?«

Mein Blick fiel auf die leeren Becher vor mir. Es beeindruckte mich selbst, dass ein menschlicher Körper in der Lage war, so viele Getränke in sich aufzunehmen. Ich schüttelte vorsichtig den Kopf und sah sie unschuldig an. »Sorry, noch einen und ich ertrinke innerlich.«

»Bei diesem Wetter ist Flüssigkeit wichtig«, erklärte das Mädchen gegenüber von mir. »Wir wollen nur, dass du nicht dehydrierst.« Sie streichelte mir über den Handrücken.

Unauffällig zog ich die Hand weg. »Schon in Ordnung. Ich hab wirklich genug. Aber vielen Dank für das Angebot.«

Lautlos stieß ich Luft aus und ließ den Blick über die Leute streifen. Es gab nichts, dass ich an meinen Kräften mehr hasste, als ständig im Mittelpunkt zu stehen. Oder vielmehr: im Mittelpunkt der falschen Menschen. Eigentlich hätte ich froh sein sollen. Über meine Beliebtheit bei den Mädchen. Ich hatte zwar nichts dafür getan, aber mittlerweile gehörte sie zu mir. Statt Freude stieg auch in diesem Moment wieder ein stechendes Gefühl der Einsamkeit in meiner Brust auf.

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