Kapitel 8

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Ich verließ die Umkleidekabine um den Grund des lauten Polterns herauszufinden. Wie sich herausstellte war Seth gegen eine Tür gedonnert und hielt sich die Hand vor die Nase. Um ihn herum hatte sich eine schaulustige Menge gebildet. Ich befand mich selbst noch im Zwiespalt, ob ich hingehen sollte, oder nicht. Meine Entscheidung wurde mir schließlich von Mr. Hunter abgenommen, der die herumstehende Meute verscheuchte. "Mr. Rogger, bringen Sie bitte Seth auf die Krankenstation und für alle übrigen gilt: Wir treffen uns morgen pünktlich um 8:30 Uhr vor dem Hauptgebäude. Und bitte vergessen Sie Ihre Schwimmbekleidung nicht!" Den Termin hätte ich beinahe vergessen. Wie konnte mir das passieren? Ich freute mich doch schon die ganze Woche darauf. Auch wenn ich den Sportunterricht generell hasste, bildete das Schwimmen eine Ausnahme. Bereits als Kind ging ich tausend Mal lieber ins kalte Nass als Klettern oder Tanzen, wie alle meine anderen Altersgenossen. Dementsprechend sollte der Ausflug morgen eine gelungene Abwechslung zum Schulalltag werden.

Voller Vorfreude machte ich mich auf den Weg in die Mensa. Ich trottete hinter Austin her, der einen Arm von Seth um seine Schultern geschlungen hatte, um ihn leichter zu stützen. "Das nächste Mal solltest du besser aufpassen, wohin du läufst.", merkte Austin an, als Seth aufgrund der vielen Schmerzen aufstöhnte. Mit einem Schmunzeln musste ich dem Typen insgeheim recht geben. Auch wenn Seth ein ausgezeichneter Footballspieler war, lassen seine vielen Besuche der Krankenstation darauf schließen, dass er auch tollpatschig sein kann. Kurz vor der Mensa zweigten die beiden links ab, da die Krankenstation zwei Türen weiter links lag.

Ich betrat also die Mensa alleine, wie so viele Male zuvor auch. Die Schlange der Essensausgabe war so fürchterlich lang, dass ich kurzerhand beschloss, das Mittagessen heute ausfallen zu lassen. Ich suchte trotzdem nach einem freien Tisch, um wenigstens die Unterlagen durchzuarbeiten, die ich für die kommende Stunde brauchen würde.

Auf dem Weg zu dem einzigen freien Tisch am anderen Ende des Saales, kam ich auch am Tisch der Beliebten und Sportler vorbei. Mitten unter ihnen saß Jack, der mich nur mit einem kurzen Nicken begrüßte. Ich war es gewöhnt, dass wir zwei in der Schule nur den kleinstmöglichen Kontakt pflegten, aber dennoch versetzte es mir immer wieder einen Schlag in die Magengrube, wenn er mich behandelte, als wären wir nur flüchtige Bekannte.

Doch heute nahm ich mir vor, im Gegensatz zu allen anderen Malen, auch einen Sitzplatz an diesem Tisch zu ergattern. Dazu würde ich allerdings noch viel Selbstwertgefühl brauchen, um über meinen Schatten zu springen. Und ich hatte schon eine Idee, wie ich genau das bewerkstellen konnte. Dieses Tagebuch sollte mein Schlüssel werden, der mir den Weg ebnen sollte.

Das Tagebuch, das jemand fandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt