Kapitel 1

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Prolog


Es regnete in Strömen und der Himmel hing voller dunkler Wolken. Doch es störte Ihn nicht. Ihm war alles egal. Noch immer konnte er nicht begreifen was in den letzten Wochen passiert war. Wie es zu diesem schlimmen Punkt kommen konnte. Hatte er seinen Tod herbeigeführt? Er spürte die Regentropfen seinen Nacken entlanglaufen und wie die nasse Kleidung an seinem Körper klebte. Er nahm die anderen Menschen um sich herum nicht wahr. Er starrte mit leerem Blick auf das Loch im Boden. Da leg er jetzt. In einer Kiste. Er war einfach weg. Sein Bandkollege. Sein Bruder. Sein bester Freund. Einfach nicht mehr da. Die Schuldgefühle waren ungebändigt. Hatte er Ihn überfordert mit der Aussprache? Mit seinem forschen Vorgehen, Ihn am nächsten Tag gleich wieder zu besuchen?
Tränen rannten seine Wangen herunter und vermischten sich mit den Regentropfen. Er spürte eine Hand auf seiner Schulter, doch nahm nicht den Blick von dem Grab vor Ihm. „Los, komm. Du wirst noch krank." Kevins Stimme klang leise, bedrückt und brüchig. „Ich kann nicht gehen. Ich ... ich kann Ihn doch nicht alleine lassen", flüsterte er. Kevin seufzte leise. „Los, komm mit uns. Wir müssen jetzt zusammenhalten. Keiner sollte alleine damit fertig werden. Das hätte er nicht gewollt." Nun drehte er sich zu Kevin. „Er ist tot, Kevin! Er ist einfach tot. Wir haben Ihn alleine gelassen!", schrie er nun aufgebracht und einige Trauergäste sahen erschrocken zu den beiden. „Es ist ein schreckliches Unglück gewesen", sagte Kevin ruhig. „Es ist alles meine Schuld. Ich habe Ihn mit Vorwürfen überschüttet. Nur deshalb hatte er die Panikattacke", sagte Nick aufgebracht. „Nick, dass weißt du nicht. Keiner weiß es", versuchte Kevin Ihn zu beruhigen. „Wenn du mich nicht weggeschickt hättest, wäre ich bei Ihm gewesen. Und man hätte Ihm helfen können", schrie Nick Ihn an und um sie herum wurde alles still. Kevin funkelte Ihn nun an. „Wenn du nicht so egoistisch gewesen wärst, wäre das alles nicht soweit gekommen", kam es Ihm über die Lippen. Erschrocken über seine Worte, hielt er inne. Er wollte nicht Ihm keine Vorwürfe machen. Keiner war Schuld an seinem Tod. Nick funkelte Ihn an, schnaufte leicht und rannte den Weg hoch zu seinem Wagen. Kevin senkte den Blick und seufzte leicht. „Es tut mir so Leid", sagte er tief traurig mit dem Blick zum Grab.


6 Monate zuvor

Brian saß nachdenklich auf der Bettkante und starrte aus dem Fenster. Die Sonne schien und leise nahm er das Vogelgezwitscher war. Normalerweise würde er jetzt gutgelaunt durchs Haus laufen und mit Leighanne dann den Rest des Tages am Pool verbringen. Doch seit einigen Wochen war alles anders. Es hatte sich was verändert. Seine Stimme brach immer häufiger weg. Es klang kratzig und alles andere als sauber. Immer öfter blieb die Luft weg und es kam kein Ton heraus. Erst hatte er an eine Erkältung geglaubt. Doch es wurde immer schlimmer. Und jedes Mal, wenn er auf die Bühne musste bekam er Panik. So schlimm, dass er sich immer mehr zurückzog. Er schwänzte Termine und unterhielt sich kaum noch mit seinen Bandkollegen. Natürlich bemerkten sie, dass sich etwas verändert hatte. Doch sie bekamen keine Antwort auf Ihre Fragen. Was sollte er auch sagen? Seine Stimme war sein Leben. Die Band war sein Leben. Doch er konnte nicht mehr richtig singen. Seit zwei Wochen hatte er eine Diagnose. Seit zwei Wochen besuchte er dreimal die Woche einen Vocal-Coach. Zusätzlich bekam er Medikamente. Er hatte wenig Hoffnung, dass er jemals wieder so wie früher singen konnte. Und das müsste er den Jungs endlich sagen. Sie hatten ein Recht darauf, die Wahrheit zu wissen. Sie planten ein neues Album. Alleine dieser Gedanke löste heftige Magenkrämpfe und Panikattacken aus. Heute Mittag hatten sie ein erstes Meeting zum neuen Album. Er hatte mehrfach in den letzten Wochen seinen Ausstieg aus der Band beschlossen. Doch Leighanne hatte Ihm immer wieder den Wind aus den Segeln genommen. Es bräuchte nur Zeit und die Therapie. Er seufzte und schob sich von der Bettkante. Heute war die Chance endlich reinen Tisch zu machen. Ob er sie nutzen würde? Was würde die Wahrheit mit der Band machen? Würden Sie Ihn rausschmeißen und ersetzen? Wäre Ihre Freundschaft vorbei, weil er nicht sofort im der Sprache herausgerückt war? Er trottete langsam durch das Schlafzimmer nach unten. Leighanne stand in der Küche und sah Baylee eindringlich an. „Ich habe nein gesagt", sagte sie streng und Baylee seufzte frustriert. Als er Brian entdeckte kam er direkt auf Ihn zu. „Dad, sag Mum bitte, dass ich an diesem Casting teilnehmen will." Brian sah zu Leighanne, die nur den Kopf schüttelte. „Welches Casting?", fragte er leise und mir kratziger Stimme. „Für dieses Broadway Stück. Bitte, Dad." Brian räusperte sich und im Hals schmerzte es schon wieder. „Ich ... ich .... Spreche mit Mum." Baylee seufzte frustriert und stürmte aus der Küche. „Morgen", krächzte er. „Morgen", grummelte Leighanne. „Kaffee?", fragte sie. Brian schüttelte nur den Kopf. „Tee bitte", sagte er leise. Sie nickte stumm. Brian setzte sich an den Tisch und wippte nervös mit dem Bein auf und ab. Leighanne schielte zu Ihm und seufzte kaum hörbar. Er stand wieder kurz vor einer Panikattacke. Heute war der Tag, an dem er sich nicht mehr herausreden konnte. Heute musste er die Wahrheit sagen und mit den Konsequenzen zurechtkommen. Sie stellte Ihm den Tee auf den Tisch und legte eine Hand auf seine Schulter. „Alles wird gut", sagte sie leise, doch sie wusste, dass diese Worte an Ihm abprallten. Er hatte sich sehr verändert. Von dem Brian, in den sie sich verliebt hatte, war nicht mehr viel über. Sein ansteckendes Lachen erfüllte nicht mehr das Haus und er war sehr verschlossen. Sie konnte nur erahnen wie er sich fühlte. Wissen tat sie es nicht. Er würde sie belügen. Er würde den Schmerz, den diese Diagnose mit sich brachte, in sich hineinfressen. Immer noch wippte er nervös mit dem Bein auf und ab. „Wann musst du los?", fragte sie. Brian rührte in seinem Tee herum und räusperte sich erneut. „Um eins", kam es leise. „Gut", murmelte Leighanne und ließ Ihn alleine. Sein Herz begann zu rasen und er spürte die Schweißperlen auf seiner Stirn. Seine Brust hob sich hektisch auf und ab und er versuchte seine Atmung in den Griff zu bekommen. Fieberhaft versuchte er sich auf die Worte seines Coaches zu konzentrieren, doch die Panik war zu groß. Sie gewann und Ihm wurde schwarz vor Augen. Sein Körper glitt zu Boden und er verlor das Bewusstsein.


Als er wieder zu sich kam, lag er auf der Couch im Wohnzimmer und einige Sanitäter standen um Ihn herum. „Mr. Littrell. Hören Sie mich?" Brian blinzelte. „Mr. Littrell", kam es lauter. „Ich ... höre Sie", raunte er und versuchte sich aufzusetzen. „Bleiben Sie liegen", kam es sofort, doch Brian setzte sich auf. „Lassen Sie mich in Ruhe. Ich habe einen Termin", knurrte er. „Mr. Littrell. Sie gehören ins Krankenhaus." Brian wischte die Hand des Sanitäters weg. „Ich gehe nirgendwo hin", sagte er scharf. „Lassen Sie mich in Ruhe. Mir geht es gut." Leighanne stand abseits und biss traurig auf Ihrem Nagel herum. Er wurde immer schlimmer. Die Angst, die er hatte, nahm Ihm alles. „Mr. Littrell. Seien Sie doch vernünftig", versuchte es der Sanitärer erneut, doch Brian schellte in die Höhe. Augenblicklich wurde Ihm schwindelig und er sackte wieder auf die Couch. „Ich unterschreiben Ihnen, dass ich gegen medizinischen Rat Zuhause bleibe", murmelte er und sah kurz zu Leighanne, die sich still eine Träne aus dem Auge wischte. Sie lächelte schwach, doch Brian senkte den Blick. „Wie Sie wollen", seufzte der Sanitäter und reichte Brian das Dokument. „Bitte schonen Sie sich. Fahren Sie kein Auto. Lassen Sie es ruhig angehen", kam es bestimmend. Brian nickte leicht und die Sanitäter verließen das Haus. Brian erhob sich langsam und lief ohne ein Wort an Leighanne vorbei. „Wo willst du hin?" „Ich habe einen Termin", raunzte er. Leighanne seufzte und ging zurück in die Küche. Er würde daran noch zu Grunde gehen, wenn er sich nicht endlich den anderen gegenüber öffnete. Das gerade eben, war der Beste Beweise gewesen.
Brian schleppte sich in die Dusche und lehnte mit geschlossen Augen an der Wand. Das Wasser prasselte auf Ihn herab. Er versuchte ruhig zu atmen, sich nicht wieder hineinzusteigern. Er würde zu diesem Termin gehen und es endlich aussprechen. Dann würde hoffentlich diese ungebändigte Panik verschwinden.

Eine Stunde später fuhr er zum Bürokomplex in der Innenstadt, in dem das Management Ihre Büros hatte. Sein Herz raste schon wieder, als würde es jeden Moment zerspringen. Er parkte den Wagen und senkte den Blick. „Ganz ruhig. Du schaffst das", murmelte er leise. Er zuckte erschrocken zusammen, als es an seine Fensterscheibe klopfte. „Jesus", fluchte er und sah Nick wild winkend und grinsend an seinem Fenster stehen. Brian zwang sich zu einem Lächeln. Doch so richtig gelingen wollte es Ihm nicht. „Hi", sagte er und Nick stupste Ihn an. „Rok. Wie geht's dir? Hast dich ganz schön rar gemacht." Brian hielt inne. Was sollte er denn nun sagen? „Ich hatte viel zu tun", murmelte er. „Aber jetzt starten wir wieder richtig durch, Rok", strahlte Nick. Brian versuchte nicht erneut in Panik zu verfallen. Allein der Gedanke, wieder auf der Bühne zu stehen, war fürchterlich. Nick plapperte aufgeregt drauflos, doch Brian konnte sich nicht auf seine Worte konzentrieren. Er versuchte verkrampft nicht umzufallen, je näher sie dem Büro kamen. Er spürte einen heftigen Kloß im Hals und das Herz schlug wie wild in seiner Brust, als er das Büro betrat. Früher hatte er sich gefreut, wenn er die anderen traf und es darum ging neue Musik zu machen und auf Tour zu gehen. Er sah die lachenden Gesichter, doch es schreckte Ihn ab. Er zwang sich zu lächeln, doch es gelang Ihm in keinster Weise. Er kam sich reichlich fehl am Platz vor. Er gehörte nicht mehr dazu. Seine Stimme war nicht mehr dieselbe. Das Pensum, das er sonst immer sang, würde er nie mehr schaffen. Er glaubte nicht an den Erfolg der Therapie. Und genau das war der Knackpunkt. Solange er nicht daran glaubte, würde es nicht funktionieren. Er entzog sich dem großen Begrüßungsmarathon und setzte sich in die hinterste Ecke an den Tisch. „Ok, Jungs. Schön, dass wir alle Zeit gefunden haben", begann Jen und Brian spielte nachdenklich mit seinem Stift in der Hand. Er fand es überhaupt nicht schön. Er wollte hier nicht sein. Er wollte nicht mit Ihnen arbeiten. Nicht weil er sie nicht mochte. Nein, er liebte sie alle. Sie waren eine Familie. Aber er konnte das nicht mehr. Er war nicht mehr Brian. Er konnte nicht mehr singen. Seine Stimme war sein Leben. Die Band war sein Leben. Aber er war nicht mehr der Lage zu singen.
Brian verlor sich immer mehr in seinen Gedanken, dass er nichts mitbekam was Jen und die anderen besprachen. Er spürte schließlich eine Hand auf seiner Schulter und zuckte erschrocken zusammen. „Alles in Ordnung?", fragte Kevin besorgt. Brian blinzelte leicht. „Was? Ja... Sorry. Alles gut." Kevin musterte seinen Cousin streng und setzte sich schließlich wieder auf seinen Platz. „Brian, wir wollen für das neue Album alle zusammen in ein Haus ziehen. So wie damals. Nur wir. Zusammen schreiben und aufnehmen. Was denkst du?", fragte Nick. Brian schluckte schwer. In seinem Hals kratzte es gewaltig. „Klingt gut", krächzte er und räusperte sich. Er war so feige. „Bist du erkältet?", kam es neben Ihm von Howie. Brian fälschte ein Lächeln. „Ein wenig. Zu viel Klimaanlage." Kevin durchbohrte Brian förmlich mit seinem Blick. Hier stimmt irgendetwas gewaltig nicht. Er musste dringend mit Leighanne sprechen. „Solange du in zwei Wochen wieder fit bist und uns alle mit deiner Stimme in Grund und Boden singst ", lachte Nick. Brians Herz begann wieder wild zu schlagen und er spürte deutlich wie die Angst wieder dabei war die Überhand zu gewinnen. Er griff eilig nach dem Wasser vor Ihm. Hektisch nahm er einen großen Schluck Wasser. Doch das Gefühl ging nicht weg. Er wurde größer. Er schnellte in die Höhe und stürmte aus dem Konferenzraum. „Was hat er denn?", fragte AJ irritiert. Kevin seufzte und stand auf. „Ich sehe mal nach Ihm."

Lange musste er Ihn nicht suchen. Er lehnte an der Wand im Treppenhaus. Still stellte er sich neben Ihn. „Was ist los mit dir?", fragte er schließlich. Brian hielt die Augen geschlossen und versuchte seine Atmung zu regulieren. „Nichts. Es ist alles in Ordnung", presste er hervor. „Du lügst. Ich kenne dich sehr gut. Also ich frage dich noch einmal höflich, was los ist." Langsam öffnete Brian die Augen und dreht den Kopf zu Kevin. Das war der Moment endlich die Wahrheit zu sagen. Und es war Kevin. Die Wahrheit lag auf der Zunge, doch er bekam kein Wort heraus. Zu sehr schmerzten diese Worte. Die Erkenntnis, dass er nie wieder der Alte sein würde. Nie wieder würde er so klar singen können. „Es ist alles in Ordnung", sagte er leise und trottete zurück in den Konferenzraum. Kevin schüttelte den Kopf und folgte Ihm. „Sorry, Jungs", murmelte er und setzte sich wieder hin. Kevin setzte sich wieder auf seinen Platz und verschränkte wütend die Arme vor der Brust. Warum vertraute Brian Ihm nicht? Nun verlor sich auch Kevin in seinen Gedanken und überhörte Nicks euphorische Erzählung, was er sich für das neue Album vorstellte. „So, möchte sonst noch jemand etwas loswerden?", fragte Jen nach einer Weile. Brian presste die Lippen zusammen. Und ohne das er es wollte entfloh Ihm ein „Ich". Alle Augen waren nun auf Ihn gerichtet. Wieder pochte sein Herz wie wild in der Brust. In Gedanken versuchte er sich erneut an den Leitfaden des Vocal-Coaches zu halten, doch es war unendlich schwer. Er räusperte sich, denn sein Hals kratzte immer noch. „Ich ... ich wollte Euch sagen ... das ich ...", stammelte er unsicher. „Los spuck es aus, Rok. Oder hast du deine Stimme verloren?", lachte Nick. Brian senkte den Kopf. Wie Recht Nick doch hatte. Die Angst nahm Ihm jegliches Selbstvertrauen und er schüttelte leicht den Kopf. Er sah wieder auf. „Ich wollte eigentlich nur sagen, dass ich auf die gemeinsame Zeit freue", kam es schließlich. Nick lehnte sich zu Ihm und legte den Arm um Ihn. „Awww ... wir lieben Dich auch, Bro." Brians und Kevins Blicke trafen sich und Kevin funkelte Ihn wütend an. Brian entzog sich seinem Blick und verabschiedete sich eilig von den anderen. Schnell verließ er den Bürokomplex und stieg in seinen Wagen. Er lehnte sich in den Sitz und schloss die Augen. Wie sollte er diese Reise nur überstehen?

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