11. Kapitel: Gladiator

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11. Kapitel: Gladiator


„Tja, Draco, das war eine überraschend dumme Reaktion von dir", stellte Melodie fest und nippte an ihrem Cappuccino. Es war inzwischen Nachmittag und sie saßen in einem Zauberercafé in einer Seitenstraße der Rue de l'heliante. Draco hatte ihr den Vorfall des heutigen Vormittags gebeichtet und war heilfroh, dass seine beste Freundin sich den Rest selbst zusammenreimte und nicht nachfragte, ob Astoria wirklich nur eine Bettgeschichte war.
„Aber krass, dass deine Mum so weit denkt. Reinblütige Familie, guter Ruf und so ... ist das echt noch so wichtig bei euch?", fragte sie stattdessen.
„Nur in den alten Familien. Seit dem Krieg weniger", entgegnete Draco. „Beziehungsweise ist der gute Ruf wohl inzwischen wichtiger als das reine Blut."
Melodie warf ihm einen kurzen Seitenblick zu und Draco verfluchte, dass er sich zu einer Antwort hatte hinreißen lassen. Das war genau der Rassismus der Engländer, den die Franzosen verabscheuten.
„Wie bügle ich jetzt meine überraschend dumme Reaktion wieder aus?", kam er also zum eigentlichen Thema zurück.
Melodie legte den Kopf schief. „Beweise ihr, dass du es ernst meinst", erwiderte sie.
Draco seufzte. „Und wie zur Hölle macht man das?"
„Merlin, Draco, hattest du noch nie eine Freundin?", neckte Melodie ihn mit einem schiefen Grinsen.
Er schenkte ihr einen grimmigen Blick. Nicht seit ich 16 war. Denn obwohl er in den letzten Jahren nicht unbedingt keusch gelebt hatte, hatte er seither weder Nerven für eine ernsthafte Beziehung noch ausreichend Interesse an irgendeiner Hexe aufgebracht.
„Zumindest keine, bei der ich es so verkackte habe, obwohl es mir wichtig war", antwortete er trocken.
Jetzt war es an Melodie, nachdenklich die Stirn zu runzeln. „Ich weiß auch nicht ...", begann sie, „Du solltest dich auf jeden Fall bei ihr entschuldigen und ihr sagen, wie du die Sache wirklich siehst. Aber bedränge sie nicht. Wenn du willst, kannst du ihr was mitbringen – ihre Lieblingsschokolade oder einen Strauß Blumen, wenn du's ganz klassisch willst. So eine Geste schadet sicher nicht. Und Draco, ..." Sie sah ihm direkt in die Augen und lächelte. „Lass sie merken, dass du ehrlich mit dir bist. Das ist wahrscheinlich das wichtigste. Klar ist sie verletzt, aber sie wirkt auf mich nicht wie der Typ Frau, der unnötig Drama macht."
Da hatte sie recht, musste Draco zugeben. Astoria war nicht theatralisch veranlagt, im Gegenteil, sie sagte, was sie dachte. Und sie nahm nie das schlechteste von einem Menschen an. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie ihm dauerhaft für eine unabsichtliche, in der Wut ausgesprochene Bemerkung böse war. Zumal ihr garantiert bewusst gewesen war, dass seine Reaktion nicht entspannt sein würde. Sonst hätte sie ihm viel eher von dem Gespräch mit seiner Mutter erzählt.
Andererseits hatte sie ihm unmissverständlich klar gemacht, damals auf der Straße in Ault, dass sie kein Mädchen für eine Nacht war.
Draco fuhr sich mit der Hand durchs Haar und seufzte abgrundtief. Er würde es einfach versuchen müssen.


***


Draco überlegte, Astoria wieder vor der Botschaft abzupassen wie schon einmal. Aber es war erst Samstag und seines Wissens nach musste sie an diesem Wochenende nicht arbeiten. Und er wollte das Gespräch so schnell wie möglich hinter sich bringen. Also machte er sich auf den Weg zum nächsten Apparierpunkt, um schnellstmöglich zu ihrer Wohnung zu gelangen. Auf dem Weg dorthin fand er einen Blumenladen und ging kurzentschlossen hinein.
„Bonjour", rief ihm die Verkäuferin direkt beim Eintreten zu, „Kann ich Ihnen behilflich sein?"
Draco erwiderte den Gruß und hob nachdenklich die Schultern. „Ich bin mir noch nicht sicher, was ich suche, ehrlich gesagt."
„Schauen Sie sich gern in Ruhe um."


Der Laden war recht klein. In der Mitte thronte ein Rondell mit mehreren Ebenen, dicht gedrängt mit fertigen Blumensträußen in Vasen bestückt. An den Wänden standen Regale mit Topfpflanzen. Die Gänge waren eng und Draco musste höllisch aufpassen, keinen der Sträuße auf dem Boden beim Vorbeigehen umzuwerfen.
„Für wen soll es denn sein?", fragte die Verkäuferin, die seinen überforderten Blick bemerkt hatte. „Ihre Freundin?"
„Sowas in der Art ..."
„Ich nehme an, Rosen sind übertrieben."
„Definitiv."
„Im Moment haben wir wunderschöne Dahlien", schlug die Dame vor, „kräftige Farben, schöne große Blüten." Sie winkte ihn auf die andere Seite des Rondells und deutete auf die Sträuße auf mittlerer Höhe, die wirklich großartig aussahen. „Sonnenblumen machen optisch auch viel her; sie bringen den Sommer direkt in die Wohnung."
Ein Lächeln schlich dich auf Dracos Lippen. Er erinnerte sich dunkel, wie er Astoria die Rue de l'hélinate gezeigt hatte und den Place Flamell. Hatte sie dort nicht gemeint, sie möge Sonnenblumen?
„Ich hätte gern den", sagte er zu der Verkäuferin und deutete auf einen prächtigen Strauß, der mit Bindegrün und einigen kleinen roten und blauen Blüten hergerichtet war. „Vielen, vielen Dank!"
„Soll ich ihn Ihnen einpacken?"
„Nein, danke, das geht so."
„In Ordnung." Sie nahm den Strauß mit hinter den Verkaufstisch, schlug die Stängel in ein feuchtes Tuch und Folie ein und reichte ihn ihm hinüber. Draco zahlte und setzte seinen Weg fort, ein bisschen optimistischer als zuvor. Er kam sich seltsam vor - das einzige Mal in seinem Leben, als er einen Blumenstrauß verschenkt hatte, hatten ihn die Hauselfen für ihn besorgt. Und er war für seine Mutter gewesen, damals, kurz nach dem Krieg. Narzissa hatte Blumen immer geliebt und tatsächlich hatte sein Geschenk sie für einige Minuten aufheitern können.
Draco schob den Gedanken an seine Eltern beiseite. Stattdessen versucht er, sich auf Astoria zu konzentrieren und sich zurechtzulegen, was er ihr sagen wollte.

Eine Hexe in ZivilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt