KAPITEL 5 : Bjalla

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Es war mir kaum möglich zu atmen, als ich aus dem Schlaf gerissen wurde. Ich versuchte mich mit aller Mühe aufzurichten, doch es gelang mir nicht. Ich wurde von irgendetwas oder irgendjemanden festgehalten. Ich riss in Sekundenschnelle die Augen auf, wurde aber so sehr von der morgendlichen Sonne geblendet, dass ich nicht sehen konnte, was gerade geschah. Aber auch ohne freie Sicht fürchtete ich mich davor, dass es Vestar war, der mich am Boden hielt. Ich sollte damit Recht behalten. Er drückte mir seine Hand auf den Mund, sodass ich nur noch durch die Nase atmen konnte und mir der Versuch etwas zu sagen, verwehrt wurde. Ich wollte Laute von mir geben, wurde hektisch und bereute sofort, naiv genug gewesen zu sein, die letzte Nacht in seiner Nähe verbracht zu haben , Er, von dem ich mich immer mehr entfernte. „Pst....." Vestar hielt sich einen Finger vor die Lippen und deutete mir somit leise zu sein, als es mir endlich gelang klarer zu sehen. Mein ganzer Körper war von Furcht erfüllt, selbst als sich der Griff seiner Hand etwas löste. Er signalisierte mir immer noch keinen Ton von mir zu geben, woraufhin ich wortlos nickte, um ihm meine Absichten kenntlich zu machen. Um uns herum herrschte absolute Stille, doch ich konnte Vestar seine Nervosität deutlich ansehen. Er blickte sich zu allen Seiten um, doch wir waren allein. Trotz der kleinen Lücken und Öffnungen in den Wänden dieser Hütte, die es den Sonnenstrahlen erlaubten sich im Innenraum auszubreiten, war es einem kaum möglich nach draußen zu schauen. All meine Sinne spannten sich augenblicklich an, als sich hinter der Hütte etwas regte. Schritte waren zu hören, die sich uns langsam näherten. Wir hockten auf dem Boden dicht aneinander und gaben keine Geräusche von uns, bis die Schritte verstummten. Ich hörte nur meinen eigenen Atem und die Laute, die der Wald um uns herum abgab. Ich konzentrierte mich auf die Gesänge der wenigen Vögel und auf den Wind, der sich durch die Bäume zog. Ich versuchte alles um mich herum auszublenden, Vestar, diese Hütte und alle Gefahren, die uns drohten, um dem Drang zu widerstehen, tief Luft zu holen. Denn jede noch so winzige Bewegung konnte jetzt über Leben oder Tod entscheiden. Auch wenn ich die Situation, in der wir uns befanden, nicht richtig einschätzen konnte, blieb mir nichts anderes übrig, als das Schlimmste zu erwarten. Wie lange wir da schon beieinander saßen, wusste ich nicht, aber es fühlte sich endlos an.

Nach einer Weile, in welcher ich gebannt auf eine der Wände vor mir geschaut hatte und schon die Hoffnung in mir aufkam, der Bedrohung entkommen zu sein, überkam mich das Gefühl beobachtet zu werden. Ich drehte meinen Kopf vorsichtig dorthin, wo Vestar eng an meiner Seite saß. Er starrte mich mit beängstigendem Blick an und sein Lächeln ließ mich erstarren. Urplötzlich regte er sich und kam auf mich zu, lehnte sich zu mir, lehnte sich über mich. Er ließ keinen Abstand zu und drängte sich weiter an meinen Körper. Sein Lächeln wurde immer breiter, bis er mit einem Male so dicht bei mir war, dass er meinen Hals mit seiner Nase streifte. Er roch mit einem Atemzug an meiner Haut, wobei ihm ein leises Keuchen entwich. Ich hatte keinerlei Möglichkeit ihm zu entkommen, denn er lag mit seiner gesamten Masse auf mir. „Versuch nicht mir auszuweichen. Du gehörst mir und wirst bei mir bleiben." Sein Flüstern ließ mich erschaudern und ich fing an am ganzen Leibe zu zittern. „Geh von mir runter Vestar, bitte.", flehte ich, doch er schenkte mir keine Beachtung. „So lange schon versuche ich dir näher zu kommen, doch du hast es nie zugelassen und ich hoffe wirklich für dich, dass du bald begreifen wirst, wie wichtig ich für dich bin. Also lass es nicht darauf ankommen und füge dich mir, dann wird dir nichts geschehen." All meine Gedanken überschlugen sich und ließen keinen Raum für Klarheit in meinem Kopf. „Worauf soll ich es nicht ankommen lassen? Ich hab dir nie etwas getan, also lass mich gehen."-„Das wirst du noch früh genug erfahren, solltest du dich weiter wehren....du hast mich nicht an dich heran gelassen, niemanden. Dabei gehören wir zusammen. Du bist genauso ein Teil meiner Seele wie ich ein Teil deiner." Als Vestar endgültig versuchte sich mir noch weiter zu nähern, drückte ich ihn von mir weg und stieß in mit all meiner Kraft von mir, doch ich kam nicht gegen seine Stärke an. Ich versuchte weiter jeder seiner Bewegungen auszuweichen, bis er schließlich losbrüllte. Sein Geschrei drang durch die Hütte und ich war mir sicher, man würde ihn noch bis zurück in unsere Heimat hören, sollte dort noch irgendwer am Leben sein. Er stand auf einmal auf, stieß mich von sich weg und setzte abermals dieses unerträgliche Lachen auf. „Meine süße Bjalla, du hast es also nicht anders gewollt." Ich verstand nicht und seine Stimme erhob sich, als er weiter sprach. „Kommt rein und sorgt dafür, dass keiner ihren Anblick noch ertragen will. Wenn ich sie nicht bekomme, soll sie keiner haben!" Sein theatralisches Lachen ließ alles um mich herum abscheulicher wirken und in mir stiegen Angst und Zorn gleichermaßen auf, als die Tür aufgestoßen wurde und ich feststellen musste, dass dort draußen nicht nur ein Fremder umherging, sondern gleich drei, die allesamt auf mich zustürmten...

LONELY SIGNWo Geschichten leben. Entdecke jetzt