Einige Minuten hatte es gedauert, bis mein Pulsschlag sich wieder normalisiert und die Hitze in meinem Körper nachgelassen hatte. Es fiel mir unfassbar schwer, mich zu konzentrieren. Zwischen Gedanken zu den neuen Informationen und Gefühlen zu Gabe konnte ich mir kaum eine Verschnaufpause gönnen. Umso glücklicher war ich, als ich in den etlichen, gleich aussehenden Gängen mein provisorisches Schlafzimmer wiedergefunden hatte. Zwar hatte ich den Trainingsraum auf der Suche nach meinem eigenen Zimmer noch nicht erspähen können, doch das war momentan meine kleinste Sorge.
Immer noch fragte ich mich, was mit meinem Körper los war. Selbst als ich eine Sportleggings mitsamt Sport-Top in der schwarzen Sporttasche gefunden hatte, die meine Großeltern mir vorbeigebracht hatten, konnte ich mir nicht erklären, wie es möglich war, dass ich derart stark auf Gabe reagierte. Es war nur schwer vorstellbar, dass dies einzig und allein auf unserer Verbundenheit beruhte. Andererseits hatte ich so etwas noch nie in meinem Leben verspürt. Nicht einmal Stefan gegenüber.
Vermutlich hatte Elise sogar Recht. Vielleicht war Gabe der erste Mann, dem ich voll und ganz verfallen war. Mitsamt Haut und Haaren. Der Gedanke, von jemandem derart kontrolliert werden zu können, war mir zuwider.
Ich schüttelte meinen Kopf und suchte in der Seitentasche der Sporttasche nach Energieriegeln, die ich dort für alle Fälle deponiert hatte. Als ich hineingriff und tatsächlich etwas zu fassen bekam, stöhnte ich erleichtert auf. Meinem vergangenen Ich zu Dank verpflichtet, gönnte ich mir im Schnelldurchgang zwei der Riegel und verließ etwas gesättigter das Zimmer. Erneut begann das Umherirren durch viele gleich aussehende Gänge, um den Trainingsraum zu suchen. Die fortwährende Bewegung tat meinen Nerven unfassbar gut und gab auch meinem Körper etwas zu tun. Zwar wäre frische Luft, um einen klareren Kopf zu bekommen, noch angebrachter gewesen, doch ich nahm das, was ich kriegen konnte. Nach einer Weile im Bunker gewöhnte man sich daran, sich über die kleinsten Dinge zu erfreuen.
Immer wieder schafften es meine Gedanken zu dem Gespräch mit Gabe zurück zu gelangen, was es mir nicht vereinfachte, die Konzentration auf das Wesentliche zu legen. Trotz der erfreulichen Nachricht, dass Karina nicht die gesamte Formel für das Universalheilmittel hatte, würde es nicht lange dauern, bis ihr Angriff kommen würde. Es war nur eine Frage der Zeit, bis wir vollkommen bereit sein mussten.
Mittlerweile war ich in einem Gang im Erdgeschoss angelangt, an dem der blaue Teppich grünem gewichen war. Die Abstände zwischen den einzelnen Räumen waren größer geworden, was in mir das Gefühl verstärkte, meinem Ziel immer näher zu kommen. Es dauerte nicht lange, bis ich von Weitem das Aufeinanderschlagen von Metall, Laute der Erschöpfung, aber auch vereinzeltes Lachen vernahm. Ich schmunzelte. Meine Destination war ganz in der Nähe.
Ich trat durch die geöffnete Doppeltür und staunte nicht schlecht, als ich derart viele Personen in der großen Halle erblickte. Meine drei ehemaligen Mitstreiter erblickte ich als Erstes in der Menge. Dorian und Dimitri kämpften miteinander, als wären sie ebenbürtige Gegner. Im nächsten Moment schien Ilvy etwas zu ihnen zu sagen, was alle drei in Gelächter ausbrechen ließ. Mir fielen beinahe die Augen aus den Höhlen. Hätte mir jemand erzählt, dass dies möglich sein würde, hätte ich dieser Person vermutlich ins Gesicht gespuckt. Doch dies blieb nicht die erstaunlichste Sehenswürdigkeit in diesem Raum.
In der Ecke zu meiner Rechten, wo mehrere Waffen wie Messer und Bögen aufgestellt worden waren, erkannt ich niemand Geringeres als meine besten Freunde aus Deutschland. Mein Mund stand offen, als ich Suz, Max und Stefan dabei beobachtete, wie sie versuchten, mehr oder weniger erfolgreich, mit Pfeil und Bogen zu schießen.
Was zur Hölle haben sie hier zu suchen?
Die Frage, ob sie bei einer der zwei Operationen mitwirken würden, stieg in mir auf. Jedenfalls waren mir ihre Namen bei der Auflistung der einzelnen Operationen nicht ins Auge gestochen. Eines war klar. Dass sie an solch einer Operation teilnehmen würden, würde ich auf keinen Fall zulassen. Es genügte bereits, dass sie durch meine Wenigkeit in eine Welt hineingeraten waren, vor der sie eigentlich hätten verschont bleiben sollen.
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Phönixchroniken - Erleuchten
Paranormal--- Band 3 der Phönixchroniken --- Das, wovor Cassie sich gefürchtet, zeitgleich jedoch herbeigesehnt hat, ist eingetreten. Michail ist durch ihre eigene Hand gestorben. Obwohl das ein guter Grund ist, sich zu freuen und alles hinter sich zu lassen...