Kapitel 1

2.4K 66 21
                                    


Ich schaute auf die Klausur vor mir und mich grinste dick und fett eine 5 an. Na super. Mathe war echt nicht mein Ding. Obwohl, wenn ich dafür gelernt hätte, vielleicht schon. Aber wer hatte für solchen Mist schon Zeit? "Man, Tessa. Wie konntest du die Klausur denn schon wieder verkacken? Wurzelziehen ist doch gar nicht so schwer." Lucy schaute mich kopfschüttelnd an. "Will ich Zahnarzt werden? Nee, ich will Fussballprofi werden.", grummelte ich zurück. "Häää?" Sie schaute mich  fragend an und bei dem dummen Gesicht musste ich doch lachen "Mensch, ich will keine Wurzelbehandlungen machen, sondern den Ball treten." Meine Freundin begann auch zu kichern und hakte sich bei mir ein, nachdem wir unsere Schulsachen sicher in unseren Rucksäcken verstaut hatten. Sicher war besonders wichtig, nicht das meine Fünf nachher noch Füße bekam und weglief. "Endlich Ferien.", begrüßte uns meine Zwillingsschwester Maja, die zusammen mit ihrem Freund Luca, der mal wieder seine Arme wie Klauen um sie geschlungen hatte, und meiner anderen Freundin Leo auf den Schulhof auf uns wartete. Bis vor ein paar Monaten waren wir noch alle gemeinsam in einer Klasse, aber seit die Lehrer sich so pingelig anstellten, drehte ich in der zehnten Klasse eine Ehrenrunde. Die verstanden echt nicht, dass sie mir doch einfach nur ein Abschlusszeugnis in die Hand hätten drücken müssen und ich sie, genauso wie sie mich, nicht mehr weiter genervt hätte. Aber nee, sie mussten meine Pläne durchkreuzen, so dass sie ein weiteres Jahr auf Eis lagen. Aber wie immer hatte auch alles Schlechte sein Gutes, und nun war ich wenigstens die ganze Zeit mit Lucy zusammen und nicht mehr nur in den Pausen, während ich das Jahr noch absaß. Ich hatte echt darum kämpfen müssen nicht wie vorgesehen in ihre Parallelklasse zu kommen. Mir war es nicht erspart geblieben beim Direks Tränen kullern zu lassen und die verlassene Zwillingskarte zu ziehen. Männer waren echt bekloppt, die wurden immer total nervös, wenn da etwas über die Wange rollerte. Selbst mein Paps und das obwohl er fünf Töchter hatte. "Und was steht bei euch so in den Ferien an?" Lucy schaute neugierig in die Runde, zu der sich noch Sascha und Mika, weitere Freunde aus meiner alten Klasse gesellt hatten."Na, was bei den beiden steht, siehst du doch schon." Ich stupste Lucy lachend an und deutete mit meinem Kopf auf ihren Bruder Luca, der meine Schwester Maja leicht vor sich schob und ziemlich rote Ohren hatte, während mein Zwilling mich anfunkelte. Irgendwie hatte ich mich ja in den fast zwei Jahren an Luca gewöhnt, auch wenn er  meine Funktion als Majas Zwilling eingenommen hatte. Naja, genaugenommen als siamesischer Zwilling. Anfänglich hatte mich das echt genervt. Also nicht nur, dass meine beste Freundin Leo ständig mit meinem Bruder Max am Rumknutschen war, sondern dass Maja mich auch noch so im Stich ließ, aber mittlerweile hatte ich mich daran gewöhnt und verarschte sie nur noch ab und zu. Mir war echt schleierhaft, warum die beiden ihre Zeit mit den Kerlen verschwendeten. Nee, für so einen Mist hätte ich keine Zeit. Für mich gab es etwas wichtigeres, nämlich den Fußball. Jede Minute meiner Freizeit ging da für das Training drauf. Und wenn ich endlich dieses blöde Schuljahr rum hatte, dann gab es nur noch mich und den Fussball. Ich hatte schon einen genauen Plan. Mein Weg würde mich nur zu den besten Vereinen führen und ich würde nicht nur die Meisterschale und den Pokal in meinen Händen halten, sondern auch den Weltpokal. Ja, ich würde in die Fußstapfen meines Paps treten und noch einen draufsetzen. "Also ich bin gleich nach unserem Geburtstag die restliche Zeit in Münster bei Max.", meldete sich Leo zu Wort. Hatte ich etwas anderes erwartet,  als dass sie sich zu der Spaßbremse verzog. Der und Phil mit ihrer Überfliegerintelligenz hatten doch die Preise für uns Normalsterbliche versaut. Jeder erwartete, dass wir die Weisheit auch mit Löffeln gefressen hatten. Na ja gut, bei mir lag es vielleicht wirklich mehr an den Prioritäten. Warum sollte ich hinter meinem Schreibtisch in einem stickigen Zimmer sitzen, wenn ich stattdessen mit einem Ball im Freien trainieren konnte. Das sollte ja wohl  jeder verstehen.  "Also ich bin im Trainingslager vom Verband." Ja, darauf war ich mächtig stolz. Ich hatte eine Einladung zu einem Sondertrainingslager bekommen. Da trafen sich wirklich nur die begabtesten und ich gehörte dazu. Ach Quatsch, ich war die Königin davon.  Man hatten Paps Augen gestrahlt als ich ihm den Brief mit der Einladung gezeigt hatte. Es war einer meiner größten Trümpfe, dass er mir immer Tipps geben konnte. Ja, im Fußball machte ihm so schnell niemand etwas vor......außer ich in ein paar Jahren. "Habt ihr denn eure Klausur noch wiederbekommen?" Maja schaute mich fragend an. Ich nickte. "Und wie ist sie ausgefallen?" War sie meine Mutter, oder was? Ich zuckte nur mit den Schultern. "Scheiße, wieder eine fünf?" Ich nickte. "Das gibt Theater mit Mama. Da kannst du dir das Trainingslager abschminken." Die Befürchtung hatte ich auch. Aber wenn ich Paps die Klausur unterschob, wenn er gerade mit Mariska beschäftigt war, dann merkte er das vielleicht gar nicht. Und wenn, konnte ich ihn mit Sicherheit überzeugen, dass das Trainingslager mega-ultra-wichtig war. "Paps wird dich nicht noch einmal vor Mama decken. Der hat das letzte Mal so einen auf den Deckel bekommen." Manno, warum konnte Maja immer noch wie ein Zwilling meine Gedanken analysieren. Aber sie hatte Recht. Paps hatte echt eine Rede über die Wichtigkeit der Schulbildung gegenüber dem Fußball von Mama über sich ergehen lassen müssen, nachdem sie ihm darauf gekommen war, dass er die Fünf in Physik unterschrieben hatte. Wozu bitteschön musste ich aber auch irgendwelchen Scheiß über Geschwindigkeit und Beschleunigung wissen. Reichte es nicht, wenn ich das Geschwindigkeitsgesetz eines Fußballs kannte? "So, Leute, ich muss los. Ich habe heute Babysitterdienst bei Lulu." Leo verabschiedete sich grinsend. Ich verstand echt nicht, dass sie sich so gerne um ihre kleine Schwester kümmerte. Die war gerade einmal ein halbes Jahr und man konnte nicht das geringste mit ihr anfangeen. So wie mit Mariska, die fast 2 war und einem höchstens ständig in den Weg tapperte. Kleine Kinder waren einfach nur nervig und hatten ständig stinkende Windeln. "Ich mache mich dann auch mal los.", winkte Sascha und dampfte mit Mika im Schlepptau ab. "Und was machen wir?" Lucy schaute mich fragend an. "Wir üben Unterschriften.", grinste ich, während sich Maja die Ohren zuhielt. "Ich habe nichts gehört." Na wenigstens konnte ich mich auf sie verlassen, denn wegen so einer blöden Note würde ich mir nicht die Chance auf einen weiteren Schritt in meiner Fußballkarriere versauen lassen.

Schuss und Treffer in der Abseitsfalle ✔️Teil 7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt