Kapitel 41

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Mannomann, die fuhren hier ja echt heftig. Entweder sie schlichen, weil sie kein fettes B auf dem Kennzeuchen hatten oder sie rasten und hupten. Und dann diese ganzen dämlichen Radfahrer überall dazwischen. Wie hielt Phil das hier nur aus? Wenigstens schien ich mich gerade in einem ruhigeren Teil zu befinden. Die Häuser hier hatten maximal 3 Stockwerke und erinnerten eher an kleine Villen. Außerdem war überall grün und Wasser zu sehen. Mmmh, war ich hier überhaupt noch in Berlin? Ich schaute kurz auf mein Navi. Ja, da war alles im grünen Bereich. Also fuhr ich weiter. Die Autobahn hatte wirklich ganz schön geschlaucht. Besonders der Stau bei Braunschweig. Wieso waren die gerade heute auf die Idee gekommen die Fahrbahn müsste abgeschlaucht werden? Und das alle 5 Kilometer? Das war so ein Scheiß, immer wenn du aufgeatmet hattest und das Gaspedal wieder in der richtigen Position war, gingen vor dir wieder die Warnblinker an. Mein Handy knallte laut los und im Display, tauchte Mamas Name auf. Na super Timing.....wie sollte ich denn jetzt sehen, wo ich langfahren musste?  "Ja", meldete ich mich dementsprechend begeistert. "Hallo Tessa, und bist du schon in der schönsten Stadt der Welt angekommen?" Mama schien richtig aufgekratzt. "Sage bitte ja, sonst brauchen wir nämlich bald neues Laminat, weil Papa hier Furchen reinpflügt.", lachte sie und ich hörte Paps Stimme im Hintergrund. "Nee, ich gurke nicht noch durch Dortmund.", brummte ich. "Häää?" Was gab es denn da nicht zu verstehen? "Na du hast doch nach der schönsten Stadt der Welt gefragt und das ist Dortmund.", klärte ich sie auf. "Richtig, ich habe nach der schönsten Stadt und nicht dem schönsten Dorf gefragt.", gackerte Mama. Na die war ja heute richtig gut drauf. "Hallo Tessa, hier ist Papa." Das hätte ich auch an der Stimme erkannt. Scheinbar hatte er Mama wohl das Handy entrissen, denn jetzt hörte ich sie im Hintergrund maulen. "Wo bist du denn?" "Im Auto", grummelte ich. "Man, das ist doch klar. Bist du schon in der Nähe von Braunschweig? Da musst du ganz vorsichtig sein. Die sagen da ständig Stau an und um Magdeburg auch. Und mache ordentlich Pausen, das....man", hörte ich ihn protestieren. "Man kann das Ding auch auf Lautsprecher machen, dann kann jeder hören, was sie sagt und mit ihr sprechen", hörte ich Mamas Stimme ganz laut. Entweder sie hatte ihm ihr Handy wieder entrissen oder wirklich auf Lautsprecher gestellt. "Höre du lieber wieder deine ganzen Verkehrshotlines ab." Damit war wohl Paps gemeint. "Tessa, du glaubst das nicht, aber dieser Kerl springt von einem Radiosender zum nächsten, um alle Meldungen mitzubekommen. Also erlöse ihn bitte und sage, dass du schon in Berlin bist." Oh, mein Gott. Was war da zu Hause los? "Ja, ich bin in Berlin, glaube ich....." Durch die blöden Staus hatte ich mir ja Pausen zum Futtern und trinken sparen und in einem Zug durchfahren können. "Wieso glaubst du und weißt das nicht?", ertönte Paps aufgeregte Stimme. "Wieso bist du überhaupt schon da? Eigentlich dürftest du höchstens in Peine sein. Bist du gerast?" Na ja, sagen wir mal so, geschlichen war ich wirklich nicht, wenn keine Geschwindigkeitsbeschränkung bestand. Emma wollte doch auch mal zeigen, was sie drauf hatte. Das antwortete ich ihm aber lieber nicht, auch wenn er der unangefochtene Bleifuß in unserer Familie war. Geschickt überging ich also das Thema "Na ja, hier ist alles so grün und Gewässer und nicht so viel Verkehr. Und da ihr gerade anruft, bekomme ich ja auch das Navi kaum mit." "Dann machen wir schnell Schluss, nicht das du dich da verirrst in dem Großstadtdschungel. Und lasse immer schön die Türverriegelung zu, wenn du im Auto sitzt." "Mensch Schnutzelchen, da wird sie schon keiner aus dem Auto klauen am hellichten Tage.  Du musst doch nach Wannsee ins Trainingslager. Da ist ringsum viel Wald und der Wannsee. Also müsstest du richtig sein. Wie heißt denn die Straße, die du gerade fährst?", meldete sich Mama wieder zu Wort. Ich spähte nach einem Straßenschild. "Königstraße Ecke Hohenzollernstraße." Was sollte ihr das jetzt helfen? "Dann bist du ja gleich da. Die nächste Straße links ist die Chausseestraße und da musst du doch hin." Im Ernst? Meine Mama kannte die Straßen hier? Hatte die einen Berliner Stadtplan implantiert? "An der nächsten Kreuzung müssen Sie links abbiegen.", ertönte auch die sonore Stimme des Navis. Na dann würde ich das mal tun. "Ihr Ziel befindet sich in 200 Metern auf der linken Seite.", folgte die nächste Ansage. "Dann kannst du dich ja später mal melden. Papa ist jetzt beruhigt, weil er weiß, dass du angekommen bist." "Bin ich überhaupt nicht. Sie muss wie ein Henker gerast sein, sonst wäre sie jetzt erst in Braunschweig und Pausen kann sie auch nicht gemacht haben.", echaufierte er sich im Hintergrund. "Also bis später, Bussi." Und dann war Mama aus der Leitung verschwunden.  Ich setzte den Blinker und wartete den Gegenverkehr ab, als hinter mir lautes Gehupe ertönte "Menschenskinder nu bewege doch mal deine Seifenkiste.", brüllte der Kerl hinter mir aus dem Seitenfenster "Wenn man lange genug wartet, kommt auch das nächste Auto." Wie hatte der gerade meine Emma genannt? Seifenkiste?  Nur weil er in so einem übermotorisierten SUV saß, wie ihn mein Paps fuhr, war das noch lange kein Grund so abfällig über mein Auto zu sprechen. Da die Straße frei war, fuhr ich los, zeigte ihm aber aus dem Autofenster noch den international bekannten Autofahrergruß, was wiederum zu lautem Hupen und einer Schimpfkanonade führte, die sich aber schnell mit quietschenden Reifen entfernte. Nachdem ich Emma perfekt eingeparkt hatte, stieg ich aus dem Auto und streckte mich. Mein Blick fiel zu dem roten Backsteingebäude zu meiner Linken. Das musste dann ja wohl unsere Unterbringung sein. Ich holte meinen Koffer aus dem Kofferraum und schwang mir meine Verpflegungstasche über die Schulter. Man konnte ja nie wissen, wann es das nächste Essen gab und so ein paar Energieriegel konnten ja nicht schaden. Die Brote hatte ich ja leider schon während der Staupause alle aufgefuttert. Schnurstraks marschierte ich zu dem Eingang und dann zu dem Tresen dahinter. Na, mal schauen, wie dashier so lief. Hoffentlich hatte ich nicht wieder Einzelhaft, sondern eine nette Zimmergenossin. Das würde die Zeit jedenfalls angenehmer machen.

Schuss und Treffer in der Abseitsfalle ✔️Teil 7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt