Kapitel 36

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"Bitteschön, die Dame." Erschrocken  fuhr ich zusammen. Seit wann hatte der Plattfisch so eine tiefe Stimme? Und was hieß hier Dame? Wolllte der mich beleidigen? Oder hatte er Amnesie und meinen Namen vergessen? Egal, meine ganze Aufmerksamkeit wurde auf die Düfte gelenkt, die von dem Teller vor mir aufstiegen. "Ich habe einfach alle Pasta Variationen aufgetan, die zur Verfügung standen."  Das war ja mal perfekt. Der Junge war gar nicht so dämlich, wie er aussah. Obwohl, das war unfair. Er sah nicht wirklich dämlich aus. Mit seinen  kurzen dunklen Haare und die braunen Augen würden die meisten ihn wahrscheinlich sogar gut aussehend finden. Aber wen interessierte das schon? Mich jedenfalls nicht. "Ich habe das so gemacht wie mein Dad als Jasi schwanger war und alles durcheinander in sich hineingestopft hat." Sein triumphierender Blick fiel zu Leo. Also hatte die wieder einmal ihre Finger im Spiel. So langsam wurde da mal ein ernstes Gespräch fällig. Wieso gluckste mein Bruder so dämlich? Und wieso malträtierte Leo ihn mit ihrem Ellenbogen? Was hatte der Plattfisch gerade gesagt? Der hatte mich und mein völlig normales Essverhalten mit einer Schwangeren verglichen. Der hatte doch wohl einen Vollknall. Egal, ich musste mich jetzt erst einmal um die verderblichen Lebensmittel auf meinem Teller kümmern und danach konnte ich ja hier mal ein paar klärende Gespräche führen. Genussvoll schob ich mir die erste Gabel in den Mund. Boah, war das lecker. Viele Gabeln später schaute ich traurig auf meinen leeren Teller. "So, dann gehe ich die Nachspeisen für uns holen." Der Plattfisch sprang auf. "Wieso Nachspeisen und nicht Nachschlag?", fragte ich enttäuscht. Für die Nachspeisen war doch noch genug Zeit. Was schaut der denn so schockiert? "Ja, bei unserer Raupe Nimmersatt, musst du schon Kondition beweisen.", kicherte Maja. Meine Geschwister waren ja heute mal richtig gut drauf. Hatten die eine Wette am laufen? "Das ist ja wirklich wie Jasi als sie Lulu bekomnen hat. Da musste Dad auch ständig essen ranschaffen. Du hattest Recht, Leo." Mein Blick fiel zu meiner Freundin. Was hatte die dumme Kuh ihm erzählt? Wahrscheinlich hatte sie ihm nach der missglückten Pizza Hawaii eine Speisekarte mit Anleitung geschrieben. Die würde ich mir gleich mal zur Brust nehmen......obwohl, nee das musste noch etwas warten, sonst räumten die nachher schon das Buffet ab. "Ich will ja niemanden überfordern." Energiegeladen schob ich meinen Stuhl zurück und marschierte los, um mir Essen zu holen. Die konnten mich doch alle mal. Ich war überhaupt kein Vielfraß, ich hatte nur einen sehr gesunden Appetit. "Na, Tessa. Holst du dir auch einen Nachschlag?" Paps war neben mir aufgetaucht. "Ich muss für Mama auch noch etwas holen." "Lisa braucht auch noch eine Fuhre Nudeln.", brubbelte Leon neben uns. Na das war doch das beste Zeichen, dass mein Essverhalten völlig normal war. Schnell häufte ich mir noch von der Pasta auf meinen Teller und marschierte zu meinem Platz, wo Maja und Leo ihre Köpfe zusammengesteckt hatten. Max saß nur kopfschüttelnd daneben. Warum hatte ich das dumme Gefühl, dass es wieder um mich ging? Egal, jetzt waren erst einmal die Nudeln an der Reihe. Ja, die schmeckten genauso gut, wie die erste Portion. "So, jetzt hole ich aber den Nachtisch für uns. Oder willst du etwa noch einen Nachschlag?" Der Plattfisch schaute mich fragend an. Also eigentlich forderte das Wort etwa das ja heraus. Aber ehrlich gesagt wollte ich mir ja auch noch etwas Platz für den Nachschlag am Dessert-Buffet lasssen, also schüttelte ich einfach nur den Kopf und der Kerl sprang auf wie der Clown aus der Box. "Ich mag aber ...." Vielleicht sollte ich ihm noch einen kleinen Tipp geben, bevor er das völlig falsche anschleppte. "Keine Ananas. Ich weiß. Das hat mir Leo schon gesteckt." Wie keine Ananas? "Klar mag ich Ananas, nur nicht auf der Pizza. Ich mag absolut keine toten Fliegen und Vanillepudding." "Tote Fliegen?" Ich korrigierte mich. Der Plattfisch konnte doch ganz schön dumm gucken. "Rosinen.", sprang Max sofort erklärend ein. Sein Blick klärte sich und er schaute mich verwundert an. "Okay, das hat mir Leo gar nicht aufgeschrieben. Also die Rosinen schon, aber nicht den Vanillepudding." Er tippte sich an die Stirn "ist notiert." Hatte meine Freundin echt eine schriftliche Gebrauchsanleitung für mich erstellt? Sauer schaute ich zu ihr. Die dumme Kuh grinste mich auch noch irritiert an "Seit wann isst du keinen Vanillepudding? Das wusste ich gar nicht." "Seit genau jetzt. Das war ein Test." Ich spürte, wie ganz langsam die Wut in mir aufstieg. Was sollte dieses ganze dämliche Theater hier? "Wozu ein Test?" Konnte man sich noch dümmer stellen? "Ich wollte testen, ob du wirklich versuchst mich hinter meinem Rücken mit deinem Bruder zu verkuppeln. Und zwar gegen meinen Willen." Ich bemühte mich sie nicht anzufauchen, aber meine Stimme glich einer Kältekammer mit minus 180 Grad. "Was heißt hier verkuppeln? Ich versuche nur deine Nase auf das zu stupsen, was du sonst überhaupt nicht mitbekommst und deshalb verpasst. Also sei mir dankbar." Drehte die jetzt komplett durch? "Dankbar?", ereiferte ich mich. "Ich habe null Bock auf so eine dämliche Beziehung. Für mich steht Fussball an erster Stelle." "Aber ihr wart doch schon ein paarmal im Kino und im Schwimmbad. Da wird es Zeit für den nächsten Schritt." Nächster Schritt?  Konnte oder wollte die mich nicht verstehen? "Es gibt keinen nächsten Schritt. Mika ist nur ein Kumpel und wird das auch bleiben." "Aber...." "Leo, Schluss jetzt. Ich habe dir gleich gesagt, dass das nicht funktioniert.", griff mein Bruder ein. "Das funktioniert garantiert. Sie muss nur mal einsehen, dass..." "Sie muss gar nichts einsehen. Du musst einsehen, dass das Liebesleben meiner Schwester dich nichts angeht." "Sie hat ja keins. Aber mein Bruder...." , begehrte sie sauer auf."Dann geht dich halt ihr nicht existentes Liebesleben nichts an und auch nicht das von Mika." Manno, so bestimmt hatte ich Max ja nur selten erlebt. Genaugenommen nur, wenn wir ihn tierisch genervt hatten. Leo funkelte ihn sauer an und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Erstaunlich, dass Maja sich so zurückhielt. Ich schaute zu ihr und sie öffnete gerade ihren Mund. Dann war sie wohl jetzt dran. Luca schaute sie eindringlich an und legte ihr die Hand auf den Arm. Sie schlos ihren Mund wieder und sagte nichts. Man, die Jungs waren ja echt helle. Trotzdem zog meine Schwester auch einen Schmollmund. Vor mir wurde ein üppig beladener Teller mit lauter leckerem Süßkram abgestellt. Sogar mit Vanillepudding. "Dein Paps hat den darauf getan und darauf bestanden, dass das dein Lieblingssüßkram ist.", zwinkerte mir Mika zu. Der Bursche war gar nicht mal so dämlich, stellte ich erneut fest. "Was ist denn hier los?" Er schaute sich um. "Da muss man ja Angst haben, dass die Torte zur Eistorte wird." Ich musste lachen, denn die anderen vier schwiegen beharrlich. "Ach, es gab nur sphärische Störungen, weil die beiden Grazien uns verkuppeln wollten und ich ihnen erklärt habe, dass sie das vergessen können." "Ihr könnt doch noch einmal ins Kino gehen." Leos Mund öffnete sich noch einmal hoffnungsvoll, was ihr sofort wieder einen finsteren Blick meines Brudeers einbrachte. "Ich gehe mal nach Lulu schauen.", sauer sprang sie auf und dampfte ab. "Warte, ich komme mit." Maja stürzte ihr hinterher." "Aber wenn du Lust hast, können wir echt mal wieder zusammen ins Kino.", versuchte ich die eisige Stimmung etwas aufzutauen. Das war ja ganz lustig gewesen. "Du kannst mich ja anrufen." Mika fing an zu grinsen "Kann ich machen, aber der Empfang aus der Friendzone ist immer so schlecht." Ich musste lachen. Dann war das wohl angekommen, dass da nicht mehr lief.  Humor hatte er aber. Das hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Das gefiel mir aber irgendwie.

Schuss und Treffer in der Abseitsfalle ✔️Teil 7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt