Kapitel 40

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Mein Blick ging noch einmal durch mein Zimmer. Ich stopfte die Unterhose, die unter dem Schreibtisch lag schnell in die Schreibtischschublade. Mama hatte mir angedroht, dass sie alles, was rumlag in den Müll beförderte. Das war aber eine von meinen Lieblingsunterhosen mit einem fetten BVB Logo auf dem Hintern. Ja gut, eigentlich gehörte sie in den Wäschekorb, glaube ich. Das musste aber warten, denn für den Weg ins Bad hatte ich keine Zeit mehr. Das musste genaugenommen bis ich in sechs Wochen warten, wenn ich wieder zurück war. Jetzt musste ich mich nämlich flottest in meine Emma schmeißen und los. Ich zog meinen Koffer vom Bett und marschierte los. Man war ich aufgeregt, Das erste Mal Trainingslager bei der Bundestrainerin. Wie das wohl werden würde? Bestimmt total anstrengend und intensiv. Da würde ich garantiert eine Menge mitnehmen können. Ab jetzt ging es richtig aufwärts. Ich würde sowas von durchstarten. Wer wohl alles da war? Vielleicht kam ja noch jemand, den ich schon aus dem Oster-Verbandstrainingslager kannte. Obwohl so blöd wie die da waren, musste das eigentlich nicht sein. Bestimmt gab es da nettere Mädels aus den anderen Verbänden. Wenn nicht...... dann wurden es verflucht lange vier Wochen, denn dieses Mal waren die Jungs nicht am gleichen Standort wie wir. Genaugenommen wusste ich nicht einmal, ob die überhaupt auch ein Trainingslager hatten. Egal, wenn alle Stränge rissen, besuchte ich an meinen freien Tagen halt Phil. Bei dem blieb ich sowieso nach dem Trainingslager noch 10 Tage bevor ich nach Hause nach Dortmund zurückfuhr. Er hatte mir versprochen, mir etwas von Berlin zu zeigen. Gab ja schlimmeres. Aber irgendwie interessierte mich schon das Olympiastadion. Da mussten wir unbedingt hin. War zwar nicht das schönste Stadion der Welt, aber im Fernsehn sah es schon interessant aus. "Warte mal, Tessa. Hier ist noch deine Lieblingstrainingshose und die Funktionsjacke." Mama stoppte mich im Wohnzimmer und drückte mir die Klamotten in die Hand. "Danke, die hätte ich echt vermisst." Ich öffnete noch einmal schnell den Koffer und schmiss die beiden Sachen hinein. Ehe ich ihn wieder schließen konnte, kniete meine Mutter neben mir und durchwühlte alles."Man, ich habe mir extre Mühe gegeben alles ordentlich reinzustopfen.", murrte ich. Wie sollte ich den denn jetzt wiederr zubekommen? "Das Chaos nennst du ordentlich?" Mama fing an zu lachen. "Ja, nur das Genie überblickt das Chaos." Und das war überhaupt kein Chaaos. Das war Ordnung pur. "Na dann du Genie, zeige mir mal, wo du Schienbeinschoner hast." Erwartungsvoll baute sie sich vor mir auf. Mist, hatte ich die Dinger echt vergessen? Ich pflügte wie ein Wildschwein durch die Gülle durch die Sachen. Tatsache, da waren keine Schoner. Mist, wo hatte ich die denn gelassen? Ohne gab das tierischen Ärger von der Trainerin. Das war sicher. Ich kratzte mich am Hinterkopf. Wo konnten die Dinger denn sein. Mama griff hinter ihren Rücken und zog grinsend welche hervor. "Die habe ich im Wäschekorb gefunden." Ups, wie kamen die denn dahin? Wahrscheinlich hatte ich sie mit den ganzen Klamotten in meinem Zimmer gegriffen, die auf der Erde lagen und dort entsorgt. Genau, so musste das passiert sein. Okay, ich sollte meine Technik  verfeinern und beim Aufräumen nicht alles vom Boden in den Wäschekorb befördern.  "Genau wie dein altes Mathebuch." Mama schaute mich finster an. Ja, ich sollte meine Technik definitiv überarbeiten.  "Das muss da ausversehen mit reingerutscht sein. Das kann in den Müll." "Tessa, man schmeißt keine Bücher in den Müll.", ertönte Paps Stimme hinter mir. "Bücher sind Bildung und Bildung ist wichtig. So jetzt komme aber mal bitte mit in die Küche." Was sollte ich denn da? Egal, ich folgte ihm artig. Mama stand auch schon am Küchentisch und war am Futtern. Das war eine prima Idee. Bevor ich losfuhr, sollte ich mir auch noch etwas zwischen die Kiemen schieben. "Prinzessin!" Paps schaute Mama vorwurfsvoll an "Was isst du denn da?" "Die leckeren Brote, die hier herumlagen.", schmatzte sie und griff sich noch eins. Leckere Brote? Wo? Ich flitzte zum Tisch und griff mir auch eins. Yummi, waren die lecker mit Salami und Käse belegt und darunter mit Remoulade bestrichen. So wie ich sie liebte. "Manno, die sollten doch für Tessa für die Fahrt sein.", beschwerte sich Paps. Wie für mich, für die Fahrt? "Du frisst mir meinen Proviant weg." Ich schaute Mama empört an. Die grinste aber nur und schüttelte den Kopf "Nö, ich teste nur, ob das so in Ordnung ist und dein Vater die so für dich noch einmal für die Fahrt fertig machen kann. Ich würde sagen, die gehen so. Aber da sollten noch Gewürzgürkchen rauf. Und ein paar Cookies solltest du auch noch einpacken, Schnutzelchen. Also, wenn ich sie vorgekostet habe." Paps war schon am Kühlschrank und suchte alles zusammen.  "Dann können wir die anderen ja auch noch aufguttertn.", zwinkerte mir Mama zu und ich griff mir noch ein Brot......  "So, hier ist dein Verpflegungspaket. Ich habe auch noch ein paar Energieriegel eingepackt." Paps reichte mir einen riesigen Beutel "Und du machst alle eineinhalb Stunden Pause. Das ist wichtig. Du musst dann eine kurze Dehnübung machen." Er begann sich vor mir zu dehnen und zu strecken "Und ganz wichtig etwas trinken, damit deine Konzentration erhalten bleibt."  "Ja ja, aber trinken kann ich ja auch während ich fahre." Dafür musste ich ja nun wirklich nicht anhalten."Nichts da, auf der Autobahn gehören beide Hände an das Lenkrad. Die A2 ist sowieso so eine gefährliche Rennstrecke. Da sind nur Irre unterwegs. Um Hannover herum musst du aufpassen und dann Braunschweig und Peine. Das sagen die auch ständig im Verkehrsfunk an, dass da ständig Unfälle sind." Mama stellte sich zu Paps und schlang ihre Arme um seine Taille. "Ach Schnutzelchen, Tessa ist eine super Autofahrerin. Die passt schon gut auf. Nicht wahr?" Sie zwinkerte mir zu und drückte Paps eine Kuss auf die Wange. "Ja, das ist aber so eine irre lange Fahrt. Und so lange hat sie den Führerschein doch auch noch nicht." Sein Gesicht war besorgt und er wirkte nicht wirklich überzeugt von meinen Fahrkünsten. Na, danke für das Vertrauen. "Das sind gerade einmal vier Stunden nach Berlin und keine Expedition in entfernte Galaxien." Mama schüttelte grinsend ihren Kopf. "Phil hälst du ja auch nicht jedes Mal so einen Vortrag, wenn er nach Berlin fährt." Paps verzog sein Gesicht zu einer Grimasse. "Der Klugscheißer hört doch sowieso nicht zu, weil er alles besser weiß. Aber Tessa ist mein kleines Mädchen und....." "Und wird zum ersten Mal flügge. Ich verstehe dich ja, Schnutzelchen. Aber ich weiß auch, dass unsere Tochter vernünftig und zuverlässig ist." Wieder zwinkerte Mama mir zu. Ja, das war ich definitiv. Ich hatte noch nicht ein Ticket bekommen, weil ich zu schnell unterwegs war und das, obwohl ich schon ein Vierteljahr nicht mehr begleitet fuhr. Ich hatte aber auch einen Riecher für diese Straßenlagerei. "Und wieso machst du dann jedes Mal bei Max und Phil so einen Aufstand und ich darf das jetzt nicht?" Berechtigte Frage von Paps. "Weil es Jungs sind." Logische Antwort von Mama. Jungs taugten halt nicht so viel wie wir Frauen. Da hatte sie recht. "Und du gehst mal Oma und Opa und Felix und Alex besuchen, wenn du frei hast. Oma und Opa freuen sich schon darauf mit dir etwas zu unternehmen." Mama zog mich in ihre Arme "Und grüße mir mein Berlin." Ich sah, wie ihre Augen verdächtig glitzerten. Irgendwie hing sie noch an dieser  Stadt. Das musste man ja nicht verstehen. Hier im Pott war es doch viel schöner. "Ja, mache ich." Paps zog mich von ihr weg in seinen Arm. "Und passe auf, da in der Stadt treibt sich jede Menge Gelumpe herum. Lasse dich da von niemandem anquatschen. Am besten du bleibst immer im Trainingslager oder fährst ohne Umwege zur Familie. Und passe bloß im Verkehr auf, die fahren da total wild und ohne Übersicht." Er zog mich ganz fest an sich und drückte mir einen Kuss auf den Scheitel. "Menschenskinder sie fährt nach Berlin und nicht nach Sin City. " Mama schüttelte ihren Kopf. "Ich mache mich dann auch mal los." Schnell griff ich mir den Koffer und meine Provianttasche.  "Warte, ich nehme den Koffer und die Tasche. Das ist doch zu schwer für dich." Seit wann das? Das hatte er ja noch nie gemacht. Musste ich mich sorgen? Nachdem Paps alles ordnungsgemäss in Emma verstaut hatte, umarmte ich beide und ließ mich auf den Fahrersitz gleiten. "Bist du auch richtig angeschnallt?" Paps beugte sich ins Auto und kontrollierte den Sicherheitsgurt.  "Gute Fahrt." Mama zog ihn zurück und winkte mir. Schnell zog ich die Tür zu und ließ das Fenster herunter, um auch kurz zu winken, während ich losfuhr. "Die Hände ans Lenkrad, Tessa. Und rufe sofort an, wenn etwas ist und wenn du angekommen bist.", brüllte er mir hinterher. Ich fuhr die Scheibe wieder hoch und sah im Rückspiegel, wie Mama ihn in ihre Arme zog. Ich schaute wieder nach vorne auf die Straße. Na dann auf nach Berlin. Auf in meine glorreiche Zukunft.

Schuss und Treffer in der Abseitsfalle ✔️Teil 7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt