Prolog

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Prolog

Von Musik erfüllt wogen sich die Bäume im sanften Wind, der die Wohlgerüche allerlei Speisen durch die Luft trug.

Eifrig tanzten die Jungen und Mädchen der Selataner und vollführten die Tänze ihrer Ahnen, um den jungen Mann, der Ehrengast an ihrer Tafel war, zu bespaßen.

Er unterschied sich von ihnen und stach mit seinem silberblauen Haar und den schimmernden Schuppen unter den Augen heraus. Seine ganze Haltung wirkte elegant und erhaben, während das Dorfoberhaupt neben ihm, ein alter Mann, der schon bessere Tage gesehen hatte, zusammengesunken wirkte.

Einmal alle paar Jahre kam der Gesandte des Drachenkönigs, um in den Dörfern nach dem Rechte zu sehen. Dieses Jahr war Taskia an der Reihe. Es war eine große Ehre, aber auch eine große Belastung. Das Essen, welches das Dorf für diese Feier aufbringen musste, war nicht leicht zu besorgen und hatte alle viel Arbeit gekostet und doch war die Stimmung ausgelassen.

Die seifenblasenartigen Augen, die den Gesandten Draakon zu einem Wesen machten, das man sehr leicht als nicht menschlich wahrnehmen konnte, glitten umher. Als würde er sich alles im Dorf genau ansehen wollten. Dabei wirkte er jedoch gelassen und so, als wäre er in seinem Element.

Immer wieder brachten ihm die Mädchen des Dorfes einen kleinen Teller und servierten ihm Speisen aller Art. Darunter die Delikatesse der Selataner. Ein kleiner Vogel, namens Ibon, der sehr dick und rund war. Er hatte besonders würziges Fleisch und wurde mit Haferklößen und Rote Beete serviert.

Nie waren die Mädchen so dreist, ihm in die Augen zu sehen. Ein Vergehen, das hart bestraft wurde. Kein Mensch durfte mit den Drachen auf gleicher Stufe stehen. Nicht einmal der Sultan, der über die Selataner herrschte.

Doch ein Mädchen, das gerade einmal vierzehn Jahre alt war, sollte sich dieses Vergehens schuldig machen.

Neugier war schon immer Stellas Problem gewesen. Sie wollte sich den Mann, der so faszinierend aussah, von der Nähe betrachten, obwohl sie wusste, dass sie es nicht durfte.

Dennoch nahm sie den Teller mit dem Obstkuchen und servierte sie dem Gesandten. So, wie es Brauch war, hatte sie den Kopf gesenkt, doch das Schimmern seiner Schuppen, die sich über seine Wangen zogen, erregte ihre Aufmerksamkeit. Nur ein kleiner Blick. Wem würde das schon auffallen?

So unauffällig, wie es ihr möglich war, hob sie ihren Blick, ließ den Kopf aber gesenkt.

Die Schuppen schimmerten in der Farbe einer Seifenblase und waren wunderschön. Doch nichts im Vergleich zu seinen Augen, die reine Seifenblasen zu sein schienen. Ein Anblick, der sie fesselte und vergessen ließ, was sie hier eigentlich tat.

Sie brach die Regeln und entehrte den Gesandten des Drachenkönigs selbst. Ein Frevel, der ihr Leben verändern sollte.

Dragons of Avalon - Drachenhaut (Band 1) [Leseprobe]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt