02. Kapitel

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Kapitel 2 (am gleichen Tag,Zuhause)

Langsam schloss ich die Haustür hinter mir und stellte meine Tasche ab. Niemand begrüßte mich , ich würde noch ein paar Stunden alleine sein. Und zum allerersten Mal machte es mir nichts aus. Wieso sie mit dem Wissen quälen das ich spätestens in vier Tagen tot sein werde? Nein, ich werde einfach nichts sagen und die wahrscheinlich letzten Tage meines Lebens genießen. Schweren Herzens ging ich nochmal durch alle Zimmer. Mein Büro, unser Wohnzimmer und die Küche, die Zimmer meiner Töchter Myu und Felice und meinen Söhnen Jakob,Jeremy und Takumi und durch unseren Wintergarten . Takumi ist 19 und damit der älteste . Nach ihm kommt Felice (17) dann Jeremy (16) , Myu (16) und Jakob (5) . Takumi und Felice sind meine Adoptivkinder , aber sie gehören trotzdem fest zu meiner Familie. Lächelnd dachte ich an unser letztes Weihnachtsfest, Felice war vor ein paar Wochen vorher von ihrem Schüleraustausch zurückgekommen und Takumi hatte grade seinen Führerschein bekommen. Es war das schönste Weihnachtsfest das ich je hatte; Plätzchen , Kipferl , Lebkuchen, ein riesiger , wunderschön geschmückter Tannenbaum und eine Tisch mit lauter leckeren Speisen und meiner Familie ,die mir soviel bedeutete. Dieses Jahr würden sie ein wunderbares Weihnachtsfest ohne mich feiern.

Zum ersten mal machte ich mir Gedanken über ein Leben nach dem Tod. Würde es im Himmel einen Gott geben , einen Engelschor der mich empfängt oder würde ich einfach ein Geist ohne körper sein , und bis in alle Ewigkeit auf der Welt leben würde, einsam, unsichtbar und stumm? Oder würde ich mitsamt meiner Seele in die lodernden Flammen des Höllenfeuers , das schon sehnsüchtig auf meine Schreie und Schmerzen wartete, geworfen werden und immer und immer wieder sterben, so lange bis ich meine Schuld abbezahlt hatte?

Ich wusste es nicht, und um ehrlich zu sein wollte ich es auch gar nicht herausfinden.

Langsam kroch mir die Angst in den Nacken. Ich spürte sie , wie sie ihre langen, zarten Finger nach mir ausstreckte um mich zu verschlingen,mich verrückt werden zu lassen. Aber das würde ich nicht zulassen. Ich wollte meine letzten paar Stunden genießen, alles organisieren was zu organisieren ist, meiner Familie lebewohl sagen und ...gehen. Für immer.

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