Die ersten Sonnenstrahlen kitzeln mich am frühen Morgen im Gesicht und ich kräusle die Nase. Noch weigere ich mich, die Augen zu öffnen – ich fühle mich gerade unglaublich wohl in meiner warmen, weichen Blase aus Kissen, Decke und dem holzigen Geruch von Kanes Hütte, der mir in die Nase steigt.
Mit einem leisen Lächeln drehe ich mich auf den Bauch und bette meine Wange auf die Sofalehne in meinem Nacken. Ich bin schon kurz davor, wieder zurück ins Land der Träume zu wandern, doch...
Die Sofalehne an meinem Gesicht wird plötzlich weggezogen, sodass ich schläfrig den Kopf hebe und –
Direkt in Kanes finsteres und ebenfalls verschlafenes Gesicht starre. Da wird mir klar, dass das wohl nicht die Sofalehne, sondern sein Arm war. Entgeistert starre ich ihn an.
Verdammt, was tue ich in Kane Andersons Bett?
Hastig mache ich mich los und rücke förmlich in Lichtgeschwindigkeit von ihm ab – was allerdings zur Folge hat, dass ich fast von der Bettkante purzle, Kane mich jedoch im allerletzten Moment an der Hüfte packen kann.
... Wobei wir wiederum bei dem Körperkontakt wären, den ich gerade krampfhaft zu vermeiden versucht habe. Und ich trage verdammt nochmal keinen Slip.
Ob er das merkt? Gott, hoffentlich nicht...
Mit hochrotem Kopf mache ich mich von ihm los und krabble aus dem Bett, wobei ich mir ungelenk den Hoodie über den Hintern ziehe. Eleganz geht anders.
»Scheiße, was... was tue ich hier? Wie konnte das bloß passieren?«, murmle ich entgeistert vor mich hin.
Leider scheint es jedoch laut genug zu sein, dass er mich verstehen kann, denn er antwortet staubtrocken: »Ich würde sagen, du bist geschlafwandelt. In mein Bett.« ›Und das auch noch unten ohne‹, hätte ich schon fast hinzugefügt, kann mich aber noch bremsen. Allein bei dem Gedanken an diesen Umstand wird mir vor Verlegenheit ganz schwindelig, weshalb ich beschließe, nicht daran zu denken. Zumindest versuche ich es.
Ich unterdrücke den Impuls, ihn unfreundlich anzufahren. Im Grunde genommen trage ich die Schuld an dem ganzen... gewissermaßen. Ich bin zu ihm ins Bett gekrochen, was Kane augenscheinlich ebenso wenig behagt wie mir. Es wäre einfach nicht fair, meinen Frust an ihm auszulassen. Mein Verstand sagt mir, dass vielleicht sogar eine kleine Entschuldigung angebracht wäre, auch wenn ich im Grunde genommen nichts dafür kann.
Ich muss gestehen, dass ich mich in letzter Zeit doch öfter frage, woher diese gereizte Ader in mir plötzlich kommt. Bis ich eine Antwort dafür habe, schiebe ich es erstmal auf Kane und die Tatsache, dass ich öfter mit ihm zu tun habe, als mir lieb ist – diese Möglichkeit scheint mir noch am naheliegendsten.
Da ich mich jedoch beim besten Willen nicht zu einem ›Es tut mir leid‹ durchringen kann, muss Kane sich hiermit begnügen – ich sage: »Es war keine Absicht.« Ich weiß, nicht sehr wortgewaltig und bewegend, aber hey... immer noch besser, als gar nichts.
Er scheint das ähnlich zu sehen, denn er nickt knapp, schüttelt dann den Kopf nach dem Motto ›Mit der Frau hat man auch echt nie seine Ruhe‹ und lässt sich wieder zurück in die Kissen sinken. All die schwarzen Tattoos auf seinen Armen und der Brust bilden einen scharfen Kontrast zu dem blütenreinen Weiß des Bettzeugs.
Fast schon bin ich versucht, an die Seite des breiten Bettes zu treten, auf welcher er liegt, und seine Körperkunst genauer in Augenschein zu nehmen. Aber ich käme mir dann doch etwas... seltsam dabei vor, Kane Anderson beim Schlafen zu bespannen – und sei es auch nur wegen seiner Tattoos.
»Rafman«, tönt auf einmal seine charakteristisch kratzige Stimme gedämpft aus den Kissen zu mir und ich zucke ertappt zusammen.
»J-ja?«, frage ich leicht wackelig.

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Lacuna
Mistero / ThrillerSTELLA schlafwandelt. Immer zu den gleichen Orten. Denkt sie. Und seit Kurzem scheinen es nicht mehr die Orte zu sein, die sie so anziehen... sondern ein ganz bestimmter Mann. Es ist KANE. Und er ist der allseits verhasste Outcast der Stadt. ... St...
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