2 / the devil has a beauty face

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Vincent stieg ebenfalls aus und ich machte mich schon auf das schlimmste gefasst. Obwohl ich mich nicht von den vielen Geschichten über Cecilia beeinflussen lassen wollte, entging mir der stechend kühle und überhaupt nicht freundliche Ausdruck in ihrem Gesicht nicht. Vor allem die Augen... sie schaffte es tatsächlich keinerlei positive Emotion darin auszustrahlen, keine Wärme, kein Mitgefühl für Vincents ungewollten Unfall. Die markanten Gesichtszüge wurden durch eine ordentliche Schicht Make um nochmal extra hervorgehoben und das kurze, körperbetonte weiße Kleid ließ Cecilia im Kontrast dazu wie ein Engel aussehen.

,,Hör mal, Cecilia, es tut mir wirklich Leid...", begann Vincent verlegen wie ich ihn diese Woche noch nie erlebt hatte. Normalerweise strahlte er viel positivere Gefühle aus als jetzt. Er tat mir in diesem Moment sehr leid und ich fühlte mit ihm. Aber was sollte ich auch sagen? Vincent war ohne Frage Schuld an diesem Zusammenstoß.

Cecilia hob die Hand, woraufhin Vincent verstummte. Erstaunt beobachtete ich die Szene. Die Schüler hinter mir schwiegen alle, um ja nichts zu verpassen. Vor Aufregung klopfte mein Herz ein Stück schneller.

,,Findest du das etwa witzig, mein neues Auto anzufahren?", fragte sie abweisend. Ihre Stimme passte zu ihr. Obwohl sie nicht laut sprach oder gar schrie, strahlte sie eine Strenge aus, die keiner meiner Lehrer jemals so hinbekam. Eine Strenge, bei der selbst Menschen wie Vincent nichts mehr sagen wollten.

Vincent tat es aber trotzdem. Er war mutig genug und ging auf Cecilia zu. ,,Ich ersetze den Schaden an der Tür natürlich...", redete er weiter.

,,Nicht nötig."

Erstaunt sah ich Cecilia an. Sie spielte mit den Händen an ihrem Schlüsselbund herum, ansonsten bewegte sie sich nicht. Hinter uns tuschelten immer mehr Schüler und einige lösten sich glücklicherweise aus der Gruppe, weil die Schulglocke läutete. Es blieben aber immer noch mehr als genug übrig, die es spannender fanden der Szenerie zu folgen.

,,Es ist in Ordnung. Ich will es wieder gut machen", wiederholte Vincent, der nicht locker lassen wollte. ,,Und dazu gehört eben auch, dir den Schaden zu bezahlen. Dann können wir die Sache vergessen und alles ist wieder gut."

,,Ich will kein Geld von dir, Vincent. Geld bedeutet mir nichts. Ich habe mehr als genug davon", antwortete Cecilia schließlich.

,,Was willst du dann? Ich habe mich doch schon entschuldigt und meine das natürlich absolut ernst", fuhr Vincent schnell fort und sah Cecilia gespannt an.

,,Es war wirklich keine Absicht", stand ich ihm bei und nickte zustimmend. Ich wollte Vincent nicht alleine mit ihr lassen, wenn schon kein anderer etwas sagte. Vincent war mir in fünf Tagen sehr ans Herz gewachsen.

Cecilia lacht leise. Freudlos.
,,Ich will nichts von euch, Jungs", sagte die blonde Schönheit zum wiederholten Mal.

Ich zog misstrauisch meine Augenbraue hoch, da das irgendwie nicht mit dem zusammenpasste, was ich bereits über Cecilia erzählt bekommen hatte. Ich wollte sie wie gesagt nicht zu früh verurteilen, aber es erschien mir verdächtig freundlich von ihr.

Vincent teilte diese Bedenken offensichtlich nicht. Er sah nur erleichtert aus, dass Cecilia kein Drama aus der Delle in ihrer Tür machte. ,,Dann sind wir also quitt? Ich danke dir"
Ich konnte ihn verstehen, weil er sich bestimmt viele Sorgen gemacht hatte, aber nachdem die Informationen zu Cecilias teuflischer Natur von ihm kamen, erwartete ich eigentlich mehr Misstrauen.

Cecilia ging langsam ihr Auto entlang und strich mit den Fingern darüber.

Dann drehte sie sich zu Vincents Auto um und strich ebenfalls mit der Hand darüber.

Erst als das ohrenbetäubende quietschen ertönte dämmerte es mir, was hier vor sich ging. Es klang ein bisschen so, als würde jemand mit den Fingernägeln über die Tafel kratzen - nur das es in diesem Falle keine Tafel war. Ursache war selbstverständlich Cecilia, die mit ihrem Schlüssel einen sehr langen Katzer in das Metall ritzte. Sie zuckte nicht einmal mit der Wimper, als Vincent und ich sie fassungslos anstarrten. Der Schlüssel schnitt sich durch das Metall und eine leider sehr sichtbarer Kratzspur streckte sich über Vorder - und Hintertür bis fast zum Kofferraum nach hinten. An diesen Stellen blätterte der schwarze Lack ab.

,,Bist du eigentlich bescheuert und hast komplett den Verstand verloren?!", entfuhr es Vincent und starrte fassungslos sein Auto an und dann Cecilia an, die dabei keine Miene verzog. Ich musste ähnlich entsetzt schauen wie er, denn Cecila kam näher an uns heran und blieb nur Zentimeter vor uns stehen.

,,Jetzt sind wir quitt, Jungs."

Dann öffnete sie die eingedellte Tür, schepperte diese beim Öffnen absichtlich nochmal gegen Vincents Auto und griff nach ihrer Designerhandtasche, die wohl ihren Schulrucksack ersetzen sollte. Ich wusste das dort definitiv nicht mehr als ein Buch Platz haben könnte.

Als Cecilias Tür gegen das Auto knallte, zuckten Vincent und ich gleichermaßen zusammen.

Ohne sich noch einmal umzudrehen bahnte Cecilia sich einen Weg durch die übrig geblieben Schüler, die das alles per Video auf dem Handy hatten und verschwand in Richtung Schulgebäude.

,,Hier gibt nichts mehr zu sehen. Verschwindet", fuhr ich die übrigen Schüler gereizt an. Meine Laune am heutigen Morgen wurde von einer Minute zur nächsten schlechter.. immer und immer mehr.

Glücklicherweise hörten die meisten auf mich und verschwanden sofort.

Schnell drehte ich mich zu Vincent um, der den langen Kratzer in seinem Auto immer noch fassungslos und entsetzt betrachtete.

,,Diese eingebildete Bitch...", fluchte er ständig und trat einen Schritt zurück. Cecilias Autotür hatte eine weitere Delle hinterlassen. ,,Ich hätte ihren beschissenen Schaden doch gezahlt!"

Er vergrub das Gesicht in den Händen und seufzte leise.

,,Wir finden eine Lösung", versicherte ich Vincent und versuchte Zuversicht in meine Stimme zu legen.

,,Nein, du verstehst das nicht, Lee. Die Karre gehört meinem Vater. Er bringt mich um, wenn ich sie so zurückbringe. Er hat sie mir nur geliehen, weil er für ein paar Wochen von Zuhause arbeitet."

Wir wussten beide, dass es dafür keine Lösung gab, also schwiegen wir. Derweil überlegte ich, wie ich den Schaden schönreden konnte, aber das gelang mir nicht so richtig. Sowohl Cecilias nobles Luxusauto, als auch Vincents sahen ziemlich demoliert aus. Nur mit dem Unterschied das Cecilias spätestens am Montag wieder wie neu aussehen würde, während Vincent sicherlich selbst versuchte es zu reparieren.

,,Nun.. sie heißt nicht umsonst Barbie Devilish", versuchte ich Vincent ein bisschen mehr Mut zuzusprechen. ,,Du hattest Recht. Heute hat sie bewiesen, dass sie zwar aussieht wie ein Supermodel, aber innerlich nicht viel davon hat."

Vincent versuchte sich an seinem üblichen Grinsen. Es sah etwas schwach aus weil er sich vor der Reaktion seines Vaters fürchtete, aber immerhin versuchte es.

,,Du solltest öfter auf mich hören, Leroy. Sie ist wahrlich der Teufel."

Barbie Devilish ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt