Training mit Verletzung

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Ich war hochmotiviert und zog mir die neuen Klamotten des Aufklärungstrupps an und die Befestigung des 3-D-Manövers ahhh.... ich hab den festen Griff dieser Lederriemen doch irgendwie vermisst. Mein Messer lies ich lieber mal im Zimmer, hier muss ich mich sicher nicht schützen, wie in den dunklen Gassen auf meinem Weg in mein ehemaliges Zuhause. Ich freute mich schon fast, wieder in der Luft zu sein und mich von Baum zu Baum oder Haus zu Haus zu schwingen. Doch wie falsch ich lag, merkte ich, als mich auf dem Trainingsplatz Levi empfing oder genauer gesagt sein Blick. Was starrt er mich denn so an? Hier sind rund 20 andere Soldatinnen zum glotzen.
„Ihr wärmt euch auf. 30 Runden. Los!"
Es ging los, ich lief und lief und fühlte mich gut. So viel zum hardcore Training von Corporal Ackerman, grinste ich überheblich in mich rein. Wie kann man nur so falsch liegen? Die nächsten drei Stunden wurden zu einem Training, das ich mir in meinen schlimmsten Träumen nicht vorgestellt hätte. Muskeln taten mir weh, von denen ich gar nicht wusste, dass auch ich sie habe, normalerweise lernt man deren Namen in der Ausbildung und glaubt im laufe der praktizierenden Arztzeit, dass sie nur ein Mythos waren. Doch sie existierten und ihre Existenz war Schmerz.
„Gut, jetzt solltet ihre warm sein, dann kann das Training ja beginnen."
Bitte... was?
„Ist irgendwas... King?" Sah man mir den Schock wirklich so an?
„Nein, nein, natürlich nicht, Sir."
„Tch... wir gehen jetzt zum Zweikampf über. Paare bilden, sofort."
Jetzt kam der Nachteil, der „Neuen" für mich. Ich blieb natürlich übrig und als hätte er es geplant, stand er schon vor mir.
„Los, Kampfhaltung einnehmen."
Wieder blieb mir nicht viel Zeit zum Antworten, schon positionierte sich Levi vor mir. Ich tat es ihm gleich, im Nahkampf war ich nicht schlecht, sogar sehr gut, ich sollte das hinkriegen.
„Ach.. und Ohrfeigen zählen nicht", sagte Levi noch und griff mich bereits an.
Ich blockte und konnte ausweichen. Er war stark, doch Stärke ist bei weitem nicht alles, das wusste ich.
„Los greif an. Bist du nun feige oder nicht?"
Bei diesen Worten erinnerte ich mich an gestern. Was hatte er noch zu mir gesagt? Mein schlechtes Gewissen stillen? Deserteurin? Gut er will es nicht anders. Ich griff an, blitzschnell packte ich sein Revers, zog mich an ihn ran und sah einen irritierten Blick in seinen Augen. Mein rechtes Bein holte aus und zog ihm mit einen Kick die Füße unter dem Boden weg. Ich wich sofort wieder in Kampfstellung zurück. Er stand auf und klopfte sich den Staub von seinen Klamotten, starrte mich wieder an. Er griff erneut an, ich verteidigte mich gleichermaßen, es war erstaunlicherweise ein ebenbürtiger Kampf. Doch ich begann einen Fehler und lies ein großes Loch in meiner Deckung, Levi sah es doch... warum zögerte er. Er verpasste den Moment und ich holte für meinen letzten Schlag aus, mitten in die Nieren. Ich merkte es tat ihm weh, kurz fasste er sich an die Stelle, fing sich aber sofort wieder.
„Das reicht für heute", sagte er zu mir.
„Lauft zum Abschluss 50 Runden. Los", schrie er in die Runde.
„Haben Sie sich verletzt Corporal? Soll ich es mir ansehen? Die Krankenstation ist frei ich-"
„Schon in Ordnung. Lauf die Runden."
Ich war irritiert, kein verächtliches „tch"? Keine spitze Bemerkung? Und warum hat er nicht zugeschlagen, als er die Chance hatte?
Beim finalen Laufen hatte ich Gelegenheit darüber zu grübeln, natürlich ohne Ergebnis.

Beim Mittagessen fehlte er. Ich machte mir langsam wirklich Sorgen. Ich seilte mich von Hanjis endlosem Redeschwall ab und ging in mein Büro. Zum Glück bin ich das Vorratslager durchgegangen und fand sofort das was ich suchte und machte mich anschließend auf den Weg zum Büro des Corporals. Du wirst das sicher bereuen, mahnte eine Stimme in mir. Aber ich bin hier, um zu helfen, meinem Beruf wieder einen Sinn zu geben und Levi scheint verletzt zu sein, also hab dich nicht so, die andere Stimme. Außerdem was will er mir schon antun? Den gefürchteten Putzdienst? Also bitte... Ich klopfte.
„Coproral? Hier ist Lea King, Dr. King, Sie erinnern sich? Ich wollte nach Ihrer Verletzung sehen und-",
plötzlich riss jemand die Tür auf und zog mich in den Raum. Levi pinnte mich an die geschlossene Tür, ich vergaß kurzzeitig zu atmen. Seine linke Hand neben meinem erstarrten Gesicht, seine andere Hand war wohl schon bereit zum Schlag, doch zuerst die Standpauke:
„Erstens: klopft man und wartet dann auf eine Antwort! Zweitens: Fuck, natürlich erinner ich mich an dich, natürlich verdammt! Und Drittens: Was fällt dir ein, diesen kleinen Schlag eine Verletzung zu nennen und das auch noch draußen im Gang, auf dem dich jeder hören kann!"
Danach atmete ich wieder, es herrschte Stille und wir verharrten in dieser Position. Levi starrte mich wie schon fast gewohnt an aber atmete schwer, ich hab ihn wohl sehr in Rage gebracht.
Mein Kopf war leer, die Salbe in meiner Hand, die ich mitgebracht hatte, um ihm Schmerzlinderung zu verschaffen, war völlig ausgeblendet. Ich regte mich nicht, aber er bewegte seinen rechten Arm zu mir. Plötzlich spürte ich seine Hand oberhalb meiner Hüfte. Ich erschrak und atmet schnell ein.
„Warum denkst du ich erinner mich nicht an dich?"
Sagte Levi leise und seine Hand wanderte meine Taille hoch, Richtung Brust.
„Iiiiich hab Salbe dabei!" brüllte ich schon fast urplötzlich.
Er zog die Hand weg und wich generell von mir auf einen „normalen Abstand".
„Es ist keine Verletzung, sagte ich doch schon", fast schon trotzig wie mir schien.
„Ok, dann... lasse ich die Salbe einfach mal hier... und Sie haben welche auf Vorrat"
Mit diesen Worten ging ich zu seinem vollgepackten Bürotisch und stellte die kleine Dose ab.
„Corporal", sagte ich, salutierte nur noch schnell zum Abschied, raus war ich und hinterließ einen stummen, starrenden Levi im Büro.
Ich rannte schon fast den Gang entlang, was bitte war das?!?

Der Corporal und die Ärztin 🍋Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt