Enthüllungen des Buches

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Levi brachte mich in mein Zimmer und ich setzte mich wie automatisiert auf mein Bett. Er wollte gehen aber ich griff nach seiner Hand und hielt ihn zurück.
„Bitte bleib", flüsterte ich. Levi folgte meiner bitte und setzte sich neben mich. Eine Zeit lang schwiegen wir beide, bis ich das Wort ergriff.
„Es tut mir leid", sprach ich und drehte meinen Kopf in seine Richtung. Ich sah in diese grauen faszinierenden Augen und erkannte, dass er nicht wusste worauf ich hinaus wollte.
„Das mit der Lüge, mit der Gehaltserhöhung für die Krankenschwestern..."
Levi sah mich irritiert an. Was auch immer er erwartete hatte, auf jeden Fall nicht die Sache mit dem Budget.
„Tch...Du bist wohl kaum deswegen zusammengebrochen." Wie sollte ich darauf antworten, hatte ich doch nur versucht dem Vorfall von gerade zu entkommen.
„Ich wollte eigentlich danke sagen, für gerade. Danke Levi"
„Mhm, schon in Ordnung"
Wieder herrschte Stille aber nicht in meinem Kopf. Immer wieder und wieder spielte sich die Szene von eben vor meinen Augen ab. Tränen liefen erneut über meine Wangen und ich merkte, dass Levi mich von der Seite ansah. Ich wünschte, er würde mich nochmal in den Arm nehmen, so wie er es im Speisesaal getan hatte. Aber er starrte mich nur an. Vielleicht sollte ich die Initiative ergreifen? Langsam wendete ich mich zu ihm und legte meine Hände auf seine starke Brust. Ich lies sie zu seinem Nacken wandern und legte mich langsam an seinen Hals. Zögerlich reagierte Levi und umarmte mich auch. Meine Tränen flossen immer noch aber ich wollte, dass das aufhörte. Was war nur los mit mir? Ich muss das endlich verkraften und darüber hinwegkommen. Es wird noch andere, viel härtere Momente und Entscheidungen geben, dachte ich. Diese Gedanken in meinem Kopf müssen aufhören! Ich brauchte Ablenkung, ich wollte eine gewisse Ablenkung, von der ich wusste, dass Levi sie mir geben konnte. Ich hob meinen Kopf, schloss die Augen und legte meine Lippen auf seine für einen sanften Kuss. Zaghaft küsste er zurück aber ich ignorierte das.
„Lea...", flüsterte er.
„Ich brauch das Levi... bitte..", sprach ich und setze zu einem intensiveren Kuss an, doch Levi stieß mich sanft von sich weg.
„Lea, das ist nicht das, was du willst." Ich legte meine Stirn in Falten und sagte schon fast trotzig:
„Fuck, natürlich ist es genau das was ich will", ich musste schluchzen. Warum war ich denn immer noch so aufgelöst?
„Dann ist es nicht das, was ich will." Levi stand auf und ging. Alleine blieb ich in meinem Zimmer zurück. Mit der Zeit beruhigte ich mich und zog mich aus, ging duschen und schlüpfte unter die Bettdecke.
Nicht nur, dass sich einer meiner Patienten lieber den Tod gewünscht hätte, als dass ich ihn operierte, jetzt bekam ich auch noch einen Korb von Levi. Ich hatte es sowas von versaut, in jeglicher Beziehung. So machte ich kein Auge zu. Nach ein paar Stunden des Hin-und-Herwälzens zog ich mich wieder an und machte mich auf den Weg in mein Büro. Licht an und Buch raus. Ich grübelte über meinem „Lernbuch" und schaffe es so mich abzulenken. Ab und zu hörte ich wie die Nachtschwestern bei den Krankenbetten hantierten. Ob Peter sich wieder beruhigt hat? Doch ich wollte nicht nachsehen, wenn etwas schlimmes gewesen wäre, hätte man mich sicher schon gerufen. Egal ob ich einen Nervenzusammenbruch hatte oder nicht.
Die Seiten des Buchs gaben mir Kraft, Kraft für anstehende schwierige Fälle. Sie bedeuten Hoffnung für mich, dass ich meinen Patienten irgendwann besser helfen konnte. So gut, dass sie sich freuten noch am Leben zu sein und sich nicht den Tod wünschten. Ich kam an ein Kapitel, dass ich noch nicht gelesen hatte und war verwundert, was ich für Skizzen sah. Weder Knochen, Muskeln noch Nerven waren zu sehen sondern irgendeine Metallkonstruktion. War das ein Fehler im Buch? Fasziniert las ich den Text und arbeitete mich in die Materie rein. Konnte das...?
___

„Dr. King?... Dr. King? Sind sie wach?"
Irgendetwas stupste mich unsanft am Kopf. Mir tat alles weh und ich spürte meine Arme nicht. Langsam richtete ich mich auf und sah meinen Schreibtisch vor mir auf dem mein Buch lag. Neben mir stand Lydia, die mich etwas zweifelnd und ängstlich ansah. Ich war tatsächlich über dem Buch eingeschlafen. Langsam spürte ich meinen ebenso eingeschlafenen Hände wieder und legte sie etwas erschrocken über die Seiten meines illegalen Buchs. Ich räusperte mich und krächzte:
„Ja... wach.. ich bin wach, Lydia, danke"
„Kann ich Ihnen einen Tee anbieten? Sie sehen.. entschuldigen Sie Doktor, aber sieh sehen grauenvoll aus"
„Danke.. für ihre Ehrlichkeit Lydia. Tee wäre nett, ja. Schwarz bitte, ohne Zucker"
Glücklich, dass ich wach war und Lust auf Tee hatte, lächelte Lydia.
„Kommt sofort" und weg war sie.
Eingeschlafen im Büro... und grauenvoll sehe ich also auch noch aus. Super, das Drama von Dr. King kann weiter gehen. Bei diesen Gedanken, erinnerte ich mich auch wieder an den gestrigen Abend. Vor allem die Szene mit Levi und seine Reaktion verursachte bei mir ein sehr unangenehmes Gefühl.
Nachdem ich ein paar Schluck vom Schwarztee hatte, beschloss ich letztendlich doch zu Peter zu sehen. Er schlief, der Stumpf war wieder verbunden und heilte nun hoffentlich.
„Hat er noch etwas gesagt?", fragte ich Lydia.
„Nein, er schläft seit dem gestrigen Vorfall."
„Wie geht es deiner Verletzung Lydia? Es tut mir leid, dass ich dich nicht verarztet hab"
Sie lächelte wieder. „Danke Doktor, kein Sorge, Schwester Yumi und Sera haben mich verarztet."
Ich begutachtete die Naht und war froh, dass sie gut gelungen war.
„Lydia ich habe etwas zu erledigen. Ihr kriegt das hier alles hin oder?"
„Selbstverständlich Doktor!"
Die Skizzen, die ich gestern bis in die frühen Morgenstunden studiert hatte, waren fest in meinem Kopf gespeichert. Ich musste zum Militärschmied, einen Auftrag aufgeben.

Der Corporal und die Ärztin 🍋Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt