Kapitel 3 - Erdbeere

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Wir fuhren durch die einzelnen Straßen und Gassen zum Marktplatz, der recht mittig in der Kleinstadt lag. Neben dem gut erhaltenen Kino, war auch Graces Apotheke, ein Supermarkt, eine Bäckerei, die kleine Pizzeria und Kneipe „Jacks", eine Bücherei und mehrere Läden. Egal was man brauchte, man fand es hier schon irgendwo. Vom Marktplatz führten einzelne Gassen weg, auf der sich die Läden verteilten. Fast täglich fand hier der Wochenmarkt statt, an dem die Bauern unserer Stadt ihre Waren verkauften. Die letzten Stände waren gerade dabei abgebaut zu werden. Wir stiegen von unseren Fahrrädern und schoben sie durch die moderate Masse an Menschen, hinüber zu dem kleinen und einzigen Eiscafé der Stadt.

Vor dem Laden saß eine alte Dame mit ihrem Enkel, der ungefähr in Lillys alter sein musste. Ich grüßte sie höflich und stellte mein Fahrrad neben den anderen ab.

„Hallo Valentin.", grüßte ich den mittelalten Ladenbesitzer. Er hob seinen Kopf und begann zu strahlen.

„Na ihr hübschen. Was darf es denn heute für euch sein? Wo hast du denn deine Schwester gelassen?" fragte er, wobei die letzte Frage an mich gerichtet war.

„Sie hat leider eine Erkältung, aber es geht ihr schon besser.", antwortete ich freundlich.

„Das ist aber schade.", sagte er etwas bedrückt, doch sein lächeln verschwand nicht. „Dann bekommt sie nächstes Mal eine extra große Portion!"

Wir bestellten und setzten uns an einen der runden Tische vor dem Café. Mein Blick strich über die einzelnen Personen und blieb dann an einem bestimmten Jungen hängen.

Er war etwas speziell, gutaussehend ohne Frage, aber gefährlich. Seine stechenden braunen Augen und dieser finstere Ausdruck in ihnen ließen ihn unnahbar erscheinen, doch das Blut, welches an seinen Fäusten klebte, ließ einen schlussendlich Abstand nehmen. Ich kannte keine vernünftige Person, die mit ihm Kontakt haben wollte. Außerdem kam er kaum zur Schule, dabei war er sogar echt schlau und in Geschichte ein Ass. Ich hatte mir ein Narr an ihm abgefressen, egal wie sehr ich mich anstrengte, er war in jeder Klausur besser als ich und dass, obwohl er immer fehlte. Nur der Geschichtsunterricht interessierte ihn so weit, dass er kam. Außer heute.

Ich beobachtete ihn, wie er über den Marktplatz ging und an seiner Zigarette zog. Die andere Hand steckte in seiner Jackentasche. Die dunkle Jeans und die Stiefel verstärkten sein bedrohliches Auftreten. Trotzdem rückte ihn all das in ein Bild, was auch den Mädels gefiel. Sie interessierten sich nicht dafür, dass er bereits einen Erwachsenen Krankenhausreif geprügelt hatte. Doch auch wenn er gut aussah, würde ich mich genau deswegen von ihm fernhalten. Er war einfach skrupellos und ein Arsch.

"Erde an Charlotte.", sagte Kathie und winkte mit ihrer Hand vor meinem Gesicht.
"Was?", fragte ich und löste meinen Blick von Caleb.

"Du bekommst auch wirklich nichts mit!"

"Ist das etwa Caleb?", rief Kathie aus. „Er war heute wieder nicht im Unterricht."

„In Geschichte auch nicht.", ergänzte Nora und bedankte sich bei Valentin, der in diesem Moment unser Eis vorbeibrachte.

„Trotzdem ist er der Klassenbeste.", murmelte ich und löffelte mir eine Erdbeere aus meinem Eisbecher.

„Apropos Walker-Familie, Imogen hatte wieder mal einen super Vorschlag, wie wir die Schüler näher zusammenbringen.", sagte Nora und lehnte sich zurück. „Wir sollten eine Tanzparty machen, mit den Lehrern." Sie gab ein Würgen von sich, so als ob sie sich gleich übergeben wollte.

„Ich versteh nicht wie die beiden miteinander verwandt sein können. Sie ist so freundlich und er ist so...", Kathie verzog das Gesicht auf der Suche nach dem richtigen Wort.

Charlotte - tödliches VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt