KAPITEL 3 - LIFELESS - TEIL 2

179 20 25
                                    

Ich wälze mich hin und her, ziehe mir die Bettdecke über mein Gesicht und hoffe einfach, dass ich bald einschlafen werde. Doch meine traumatischen Erinnerungen lassen dies nicht zu. Ich denke an den Streit, den meine Mutter und ich hatten. Es schmerzt tief in meiner Brust, dass ich ihr nicht mehr sagen konnte, wie sehr ich sie doch liebte.

In Gedanken versunken gehe ich den Tag nochmal durch. Ich erinnere mich genau daran wie wuterfüllt ich war, als meine Mutter aus dem Haus ging. Kurze Zeit saß ich noch still und regungslos am Küchentisch, doch dann überkam mich eine gewisse Traurigkeit und auch das tiefe Gefühl des Hasses gegenüber mir selbst und dem Rest der Welt. Ich stampfte in das Schlafzimmer meiner Mutter und durchsuchte all ihre Schubladen nach Informationen über meinen Vater. Wie ein Einbrecher warf ich all die privaten Dokumente, Gegenstände und Kleidungsstücke meiner Mutter durch das Zimmer. Aggressiv räumte ich jeden Schrank aus. Mein Zorn vergrößerte sich nur, als ich merkte das hier rein gar nichts zu finden war. Wut und Hass brodelten immer mehr in mir auf und so packte ich energisch die Matratze und hob sie aus dem Bettkasten.

Ich warf sie im hohen Bogen durch das Zimmer, sodass sie mit einem lautem Knall einige Gegenstände umstieß. Der Drang nach Zerstörung stieg in mir hoch, doch als ich etwas einsam auf dem Lattenrost liegen sah, beruhigte ich mich wieder. Es handelte sich hierbei um das besagte kleine Polaroidbildchen, welches mir Zudic zeigte. Wie schon erwähnt hatte ich gelogen, als ich sagte, dass ich es nicht kennen würde.

Als ich das Bild da so liegen sah und ich meine eigene Mutter inmitten dieser Frauengruppe erkennen konnte, steigerte sich mein Verlangen nach Informationen nur noch mehr. Nie hatte meiner Mutter mir von der Existenz dieses Bildes erzählt, von irgendwelchen Frauen berichtet oder geschweige denn etwas von HOUSE61 erwähnt.

Ich war verwirrt, aber gleichzeitig machte sich eine kleine Hoffnung in mir breit, durch die Vergangenheit meiner Mutter eventuell meinen Vater finden zu können.

Ich griff hastig nach meinem Rucksack, indem ich das kleine Bildchen verstaute und ignorierte das Chaos, welches ich angerichtete hatte. Mit meinem Rad fuhr ich zur Stadtbücherei, um dort wie ein Detektiv das Internet und die Register zu durchstöbern.

Anfangs stellte es sich als schwierig heraus, etwas über das besagte HOUSE61 zu finden und so stand ich nach einer Zeit kurz davor meine Suche aufzugeben. Doch nach einigen Stunden, brennenden Augen und wunden Fingerspitzen fand ich endlich einen Artikel, der etwas Licht ins Dunkel bringen sollte. Er befand sich auf einer Seite eines Lostplace Fotografen, der sich auf verlassene Gebäude spezialisierte, diese künstlerisch dokumentierte und zudem die Geschichte dieser Orte erzählte. Seine Bilder waren wirklich wunderschön und sehr informativ. Auf dem kleinen Polaroidbildchen standen alle Frauen vor einem Gebäude, welches mit roten Fenstern geschmückt war. Diese erkannte ich sofort wieder, als ich eine Bilderreihe über HOUSE61 auf der Internetseite fand. Die Fotostrecke visualisierte den Verfall der Wände und der Einrichtung. Manchmal konnte man noch gut erhaltene Portraits an den Wänden erblicken, die mir verdächtig bekannt vorkamen. Eins der Gesichter fand ich ebenfalls in der Frauengruppe des kleinen Lichtbilds wieder. Sie hatte rotes Haar, stand weit rechts von ihnen und hielt ebenfalls einer dieser Stäbchen in die Höhe. Da meine Mutter ein so großes Geheimnis um ihre Vergangenheit machte, wollte ich so viel herausfinden, wie ich nur konnte.

Der dazugehörige Artikel brachte mir Aufschluss darüber, dass es sich bei HOUSE61 um ein Forschungsinstitut handelte, welches sich im Bereich der Genetik spezialisiert hatte. Vor einigen Jahren wurde das Zentrum aufgrund zukunftsorientierter Veränderungen jedoch geschlossen. Es gab Gerüchte, dass dort schreckliche Experimente an Menschen durchgeführt wurden, weshalb die Regierung beschloss die Firma zu räumen. Alle Dokumente wurden damals beschlagnahmt und das ganze Konstrukt aufgelöst.

B L A C K / D E M O NWo Geschichten leben. Entdecke jetzt