Justice
Noch immer zögernd stand ich vor der Tür des Arbeitszimmers. Ich wusste nicht wieviel Zeit vergangen war, jedoch begann ich mich sich langsam für diese Angst zu schämen.
Ich würde es tun. Nachdem ich bis drei gezählt hat, werde ich diese Scheiß-Tür öffnen und mit ihm sprechen. Nach der Zahl drei wird die Tür offen sein. Ich wird ihm in die Augen schauen und-
,,Wer auch immer so laut vor der Tür atmet, darf hereinkommen. Sie stehen da schon lange genug", unterbrach eine laute und tiefe Stimme meinen kleinen inneren Monolog der Motivation. Innerlich stöhnend schloss ich die Augen und lehnte meinen Kopf kurz an der Tür an, bevor ich tief einatmend diese öffnete und den Raum betrat.
Das Arbeitszimmer, welcher sich hinter dieser Tür verbarg, war recht schlicht gehalten. Die Wände waren weiß und lediglich mit Portraitbildern der Familie dieses Wohnsitzes dekoriert.
Meiner Familie.
Die Bilder gaben jedoch alles andere als eine heimliche, friedliche Atmosphäre ab. Meiner Meinung nach könnten sie locker als Requisite in einem Horrorfilm durchgehen und niemand würde den Unterschied merken, so grimmig wie wir alle darauf schauten.
Mein Blick blieb kurzzeitig an dem letzten, abgedeckten Bilderrahmen hängen. Von wem das Bild, was sich unter dem schwarzen Laken verbarg, war wusste ich nicht. Ehrlich gesagt wollte ich es auch nicht wissen, zumindest nicht mehr.
Ich erinnerte mich daran, wie ich meinen Großvater mit etwa sechs Jahren nach dem Bild fragte und mit was für einem tödlichen Blick der sonst so sanfte Mann mir antwortete. Diese Person war entweder tot oder ein großes Problem für unsere Familie, oder gar beides. Wenn ich nicht genauso enden wollen würde, sollte ich vorsichtig sein, Erbe hin oder her.
Mir lief ein Schauder über den Rücken und plötzlich wirkte die andere Raumseite ziemlich interessant.
Auf jener Seite wurden mehrere dunkle und sehr große Schränke gefüllt mit Ordnern platziert, welche alle trotz präziser Ordnungsführung aus allen Nähten zu platzen schienen. Ein großer Glastisch stand in der Mitte des Raumes. Trotz der verschwenderischen Größe des Raumes, welche mich immer aufs Neue faszinierte, schaffte der Tisch es noch immer einen Großteil des Raumes einzunehmen.
Der Arbeitsraum an sich schüchterte mich ehrlich gesagt wenig ein. Was oder vielmehr wer mir jedoch schon furchterregend erscheint, war die Person, die am Kopfende des Tisches saß: mein Vater.
Was sollte denn schon geschehen? Es war ja nicht theoretisch nicht meine Schuld , dass der Abend sich nicht so entwickelt hatte wie wir es geplant hatten. Aber meinem Vorsitz war dies Recht egal.
,,Nun?"
Verwirrt blinzelte ich. Ich hab gar nicht bemerkt, wie ich dämlich in die Leere gestarrt hatte. Innerlich verfluchte ich mein weiteres Fehlverhalten und räusperte mich: ,,...Nun was, Sir?"
"Hat er geredet? Deine...Überredenskünste haben ihn bestimmt zum Sprechen gebracht", führte der dunkelhaarige Mann weiter aus.
Überredenskünste. Es stimmt, dass ich schon meine Wege hatte, Informationen aus den schweigsamsten Menschen zu entlocken, aber so wie der Mann vor mir es betonte glaubte ich nicht, dass er über meine Redekunst sprach. Ein unbeschreibliches Gefühl brach in meinem Herzen aus.
Peinlich berührt räusperte ich mich und strich eine der Strähnen aus dem Gesicht. Nur zu gerne hätte ich sich diese verfluchte Perücke vom Kopf gerissen und meine Locken, welche sich darunter verbargen, offenbart, jedoch war ich mir sicher dass ich dadurch nur einen Blick der Missgunst kassiert hätte.
Mein Afro galt anhand meiner Mutter als zu wild, als zu unprofessionell.
"Er ist eine Sackgasse, Sir. Er weiß weder etwas über die Geschäfte seines Vaters, noch kennt er irgendwelche Einzelheiten über unsere Vereinbarung mit diesem."
"Über meine Vereinbarung mit Gonzales.", korrigierte mein Vater.
"Natürlich, Sir. Ihre Vereinbarung."
Die ohne meiner harten Arbeit nicht mal zustande gekommen wäre. Aber naja, was soll's.
Der große dunkelhaarige Mann auf der anderen Seite des Tisches legte seine Dokumente aus der Hand starrte mich kühl an. Ein weiteres mal mit mir schimpfend versuchte ich meinen Puls zu regulieren.
Victor Amancio hat viele Dinge getan, wofür er von vielen seiner Feinden gefürchtet wurde, doch ich kannte seine Grenzen und wusste, dass er mir nie etwas antun würde. Nicht seinem Erben.
"Du hast versagt?"
Meine Hand zuckte bei diesen Worten. Ich meinte vieles abzukönnen, aber einen Fehlschlag zuzugeben verbat ich mir um jeden preis. "Nein, habe ich nicht Vater", antwortete die ich möglichst ruhig.
Seinen Blick erwidert, führte ich fort: "Wie gesagt, zwar hat Gonzalez Jr. eine gute Verbindung zum Kunden, jedoch wird er nicht mit in die Planung der Geschäfte seines Vaters eingeweiht. Das Einzige, wovon er etwas wusste, waren die schon bekannten Neuigkeiten."
Victor betrachtete das mich schweigend, nickte knapp und wandte sich seinen Papieren zu. "Also hast du versagt."
"Eigentlich-"
"Justice", unterbrach er ich barsch und abermals zuckte ich zusammen. Das ist dein Vater, welcher vor dir steht, mahnte ich mich zum tausendsten mal. Er wird dir nichts tun.
Reiß dich zusammen.
"Ich habe dir eine Aufgabe gegeben, du hast trotz guter Intuition das falsche Zielobjekt ausgesucht. All deine Erfolge und Mühen bringen nichts, wenn du nicht auf ein Ergebnis kommst, auf das richtige Ergebnis", führte mein Vater währenddessen weiter fort.
Seine kalten blauen Augen durchbohrten meine braunen. "Wenn du das verstanden hast, bist du entlassen", sagte er ruhig. "Es ist dir erlaubt, etwas komfortableres anzuziehen. Schließ die Tür hinter dir und lass dir von Marcella dein Essen hochbringen, du hast das Abendessen verpasst."
Ich hab ihn enttäuscht, mal wieder.
Ergeben nickte ich und hoffte, dass er meine aufkommenden Tränen nicht sah.
"Verstanden, Sir."
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The Empress Of The Upper East
Teen Fiction"Too many white lies and white lines, Super rich kids with nothing but loose ends, Super rich kids with nothing but fake friends." ___________ Justice Amancio. Schön, Schlau und Stoisch. Man muss schon unter einem Stein leben, wenn man meinte sie ni...