XXXVI

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Die Treppe reicht bis tief unter die Erde. Bis ins Verlies. Größer als das Schloss selbst. Eingebettet in Gestein. Eingebettet in das Fleisch der Welt. Wie eine Krankheit. Kranke Adern und Venen. Doch das zähe Blut ist fort. Keine Wächter mehr. Kein Zischen. Keine schleifenden Peitschen. Und doch dunkle Spritzer überall. An den Wänden. Am Boden. An der Decke.

Die Schlüssel sind zahlreich. Fein geschmiedet. Eine Arbeit der Zwerge. Der Feinde der Elfen. Doch auch sie sind nicht da. Geflohen in ihre Heimat? Ermordet in seinem Auftrag? Ich suche nicht nach ihnen. Nur nach den Überlebenden.

Helle Augen starren mich aus der Dunkelheit der Zelle an. Voller Furcht. Sie sehen das Sichelzeichen auf meiner Stirn. Den Tod in meiner Gestalt. Das Blutrot auf dem glitzernden Schwarz voller Sternenglanz.

»Du bist frei«, sage ich. Warte nicht. Gehe weiter. Zelle für Zelle. Die Schritte der Elfen sind geräuschlos. Als wären sie nicht da. Und doch spüre ich sie. Einige kleiden sich in Dunkelheit wie der letzte Funken. Einige sind nur feine Nebelschleier, fast unsichtbar. In einigen brennt ein helles Feuer, das die Nacht verärgert grummeln lässt.

»Was bist du?«, fragt ein Elf. Die Augen blau wie ein wolkenloser Himmel. Die Hörner sind wie steile Berge, grau und fest. Ungebrochen.

»Ich bin der Tod«, sage ich. Gehe weiter. Doch seine Augen halten mich fest. Ich spüre die Magie unter seiner Haut. Die feinen Linien. Es dürfte sie nicht geben. Ich verstehe nicht. Das Chaos möchte heraus brechen, doch ich treibe es zurück. Halte es auf.

»Du bist nicht der Tod«, flüstert er. »Denn der Tod schenkt keine Leben. Er nimmt sie nur.«

»Ich wurde erschaffen, um zu töten. Ich löse nur eine Schuld ein.«

Seine Augen sind klar. Scheinen in meine zerstörte Seele zu blicken. Scheinen zu verstehen. Tränen glitzern. Wie Tautropfen auf frischem Gras. Ich habe sie lange nicht mehr gesehen. Die Tautropfen.

Er blinzelt. Neigt den Kopf. Und ich erkenne, was er ist. Ein Heimatloser. Ein Kind zweier Völker. Vereintes Blut. Blut der Magier und Elfen. Das Blut Celiens und Hrotgads. Meine Hand legt sich schwer auf seine Schulter. Ich schicke ihm meine Gedanken. Meine Schatten, die ihm Bilder der Zukunft zeigen. Einer Zukunft des Friedens. Er blickt auf. Die Augen ein Tor zum Himmel. Ein Nicken.

Der Vertrag ist besiegelt.

Der Vertrag ist besiegelt

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Schattenherz - Das Böse erwachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt