XXV

12 3 0
                                    

Die Nymphen sind wenige. Sie folgen dem Ruf ihrer Königin, dem Ruf der Verzweiflung, dem Ruf der Angst. Sie wissen, dass Efna fallen wird. Es ist ein Mal geschehen. Es wird ein weiteres Mal geschehen. Sie sammeln sich, sammeln sich am Rand des Kraters. Um ihr Leben zu geben. Im Kampf um die Freiheit. Im Kampf um das, was sie von ganzem Herzen lieben. Ihre Heimat. Ihr Zuhause.

Ihre Augen leuchten, voller Magie. Gelb und silber, blau und weiß. Einige von ihnen wechseln die Gestalt. Werden zu Frauen aus Stein und Fels. Werden zu lebenden Rüstungen. Durch die Haut der Königin ziehen sich Adern aus glühender Lava. Verbrennen ihr Kleid, das in zerstörten Fetzen zu Boden fällt. Sie braucht es nicht mehr. Ihre Finger malen Zeichen in die Luft. Aus dem Krater hebt sich eine Wand aus geschmolzenem Stein. Wie ein Mantel legt sie sich um ihre Schultern, erstarrt und glüht dort, wo ihre Adern sich durch den Fels brennen. Eine Rüstung aus dem Herzen ihrer Stadt.

Eine Nymphe, deren Panzerung aus Stein ist, nähert sich ihrer Königin. Sie kniet vor ihr nieder, hält ein Schwert in die Höhe. Ein Opal leuchtet auf. Eingefasst in schwarzes Metall. Muster, wilde Spiralen, winden sich über die Klinge. Bilden Worte, bilden Runen.

»Geh zu den anderen, Izalli«, sagt die Königin. Ihre Hand umfasst den Griff des Schwerts. Die Muster leuchten hell auf, hell wie die Lava, die ihren Körper durchzieht.

»Wird Efna fallen?«, fragt die Nymphe. Ihre silbernen Augen sind Teiche der Trauer. Das Licht darin flackert.

»Ja«, sagt die Königin. »Aber nicht so leicht, wie die Dämonen glauben.«

»Sollten wir nicht besser aufgeben?« Die Stimme der Nymphe ist ein leises Flüstern. Voller Verzweiflung. Angst. Angst vor dem Tod. Vor dem Verlust der Unsterblichkeit.

»Fürchtest du dich, Izalli?«

Die kniende Nymphe erzittert. Die steinernen Lippen beben. Eine Träne entweicht ihren leuchtenden Augen. »Ja«, haucht sie.

Die Königin legt ihr die Hand auf die Schulter. Ihre Finger streichen über ihr Kinn, heben das graue Gesicht aus Stein an. Die gelben Augen sind zwei Leuchtfeuer. Blendend. Ein wildes Glühen. Ein Tanz der Flammen. Ungebändigt.

»Denke an die Wut in deinem Herzen, wenn einer der Feinde dir gegenüber steht«, raunt die Königin. »Spüre sie. Du lebst. Du hast eine Seele. Du bist stark. Du hast etwas, wofür du kämpfen kannst. Aber sie, sie wollen dir all das wegnehmen. Sie denken, sie können das einfach so tun. Doch wir werden ihnen das Gegenteil beweisen. Wir werden kämpfen. Bis zur letzten Nymphe. Bis zum letzten Blut. Und wenn ganz Efna, ganz Celien dabei zerstört wird. Wir werden nicht aufgeben. Niemals.«

»Niemals«, wiederholt die steinerne Nymphe. Ihr Blick wird fest. Hart. Hart wie der Fels, der sie schützt.

»Nun geh zu den anderen«, sagt die Königin. »Kämpfe. Kämpfe für deine Heimat. Kämpfe für dein Zuhause.«

Die Nymphe verneigt sich, steht auf. Ihre Schritte sind entschlossen. Die Magie in ihren Augen glüht silbern, fast weiß. Ihre Hände sind Fäuste. Fäuste aus Stein.

Die Königin tritt an den Rand des Kraters. Überblickt ihr Heer. Tausend Nymphen. Zu wenige. Viel zu wenige. Aber ihre Herzen schlagen wie eines. Vereint im Angesicht des Todes. Treu. Ergeben.

Der Himmel verdunkelt sich. Wilde Schatten. Finsternis. Wolken aus Klauen und Zähnen. Zischen, überall das Zischen der Dämonen. Sie wüten. Sie sammeln sich. Als die ersten hinabstoßen, beginnt das Kreischen und Schreien der Nymphen.

Die Königin schließt die Augen. Die Tränen verdampfen auf ihrer Haut. Das Schwert in ihrer Hand geht in Flammen auf. Das Metall glüht, ein Ebenbild ihrer Augen.

»Dendor«, flüstert sie. »Beobachte den Himmel.«

Er nickt. Geblendet. Den Kopf gesenkt. Seine Dunkelheit wimmert, umgeben von gleißendem Licht. Es erlischt, als die Königin einen hohen Schrei ausstößt und nach vorne stürzt. Die Lava fängt sie auf, verschmilzt mit ihrem Körper. Licht trifft auf Schatten. Leben auf Tod.

 Leben auf Tod

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.
Schattenherz - Das Böse erwachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt