Kapitel 8

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"Alles in Ordnung, Rob?"

Irritiert sehe ich in die Runde. Anscheinend haben sie irgendetwas gefragt und warten nun auf eine Antwort. "Ja, ich äh habe bloß..." stottere ich abwesend und wende meine Augen wieder zum leeren Tisch. Die anderen folgen meinem Blick. Endlich ist mein Gehirn wieder in der Lage, einen zusammenhängenden Satz zu formulieren. "Also, ich frage mich nur, ob der Mann wieder vor uns da war."

"Nein, war er nicht", beantwortet John meine Frage. "Es sei denn, er hat es geschafft, in zehn Minuten sein Essen zu holen und herunter zu schlingen." Etwas verwirrt ziehe ich eine Augenbraue hoch.

"Wir sind seit zehn nach zwei hier", klärt Mark mich auf und ich nicke. "Komisch", wundert er sich dann, "Heute früh war er auch nicht da."

"Wir haben ihn auch seit dem Abendessen nicht mehr gesehen", merkt James nun etwas erstaunt an.

"Ich schon", meldet sich John wieder zu Wort. "Gestern Abend, kurz nachdem wir zurückgekommen sind, bin ich noch auf die Toilette gegangen. Da stand er am Waschbecken und hat leise vor sich hin gegrummelt, sich über den Kellner aufgeregt und gehofft, dass es heute nicht wieder so einen "billigen Fraß" gäbe. Als ich aus der Toilette rauskam, habe ich ihn gerade durch die Tür gehen sehen."

"Dann hatte er also vor, heute wiederzukommen", schlussfolgere ich, nachdem er seine Erzählung beendet hat.

"Zumindest hat er es behauptet", stimmt James mir zu.

"Und warum ist er dann nicht hier aufgekreuzt?", will John nun verdutzt wissen.

"Vielleicht wollte er in seinem Zimmer essen?", versuche ich es mit einer möglichst logischen Lösung.

"Ich bezweifle, dass das geht. Wenn der Kellner auch sonst nicht auf seine unnötigen Wünsche eingegangen ist, warum hätte er es jetzt machen sollen? Erste Klasse hin oder her."

Darauf habe ich keine Antwort. Was John sagt klingt ziemlich logisch.

"Es muss ihm was dazwischengekommen sein", vermutet James nachdenklich. "Aber was?"

"Es kann ja wohl nicht so wichtig sein, dass er dafür seine Mahlzeiten ausfallen lässt. Es sei denn, er ist nicht freiwillig weggeblieben."

Ein ungutes Gefühl macht sich in meiner Magengegend breit. Wurde er verletzt? Wurde er niedergeschlagen? Warum sonst sollte er nicht kommen? Er muss doch irgendetwas richtiges Essen. Ich gebe mein Bestes, meine Fantasie so gut es geht in die Schranken zu weisen und versuche, einen klaren, hilfreichen Gedanken zu fassen. Vermutlich gibt es eine logische Erklärung für das Ganze. "Vielleicht isst er lieber Snacks im Café", überlege ich laut und versuche dabei, so ruhig wie möglich zu klingen.

"Wo es noch teurer ist?", stellt James meine Theorie in Frage. Inzwischen ist es schon drei Minuten vor vier. Außer uns ist das Bistro komplett leer.

"Oder er hat sich vor der Abreise etwas mitgenommen", führt Mark meine Gedanken weiter.

"Vielleicht sollten wir sicherheitshalber jemandem vom Personal Bescheid geben", schlage ich nun vor und hoffe, dass man mir meine Sorge in der Stimme nicht anhört. "Dann könnten sie mal nach dem Mann sehen."

"Fragen kostet ja nichts", stimmt auch John mir zu und James und Mark nicken gleichzeitig zur Bestätigung. Just in diesem Moment kommt der Kellner vom vorherigen Abend auf uns zu.

"Ich will Sie nicht vertreiben, aber, wäre es möglich, wenn Sie Ihre Unterhaltung im Café weiterführen? Wir müssen den Raum für das Abendessen säubern."

Ich entschuldige mich und gebe ihm schnell Recht, versuche aber trotzdem, nicht seine Aufmerksamkeit zu verlieren und mache auch noch keine Anstalten, zu gehen, obwohl ich am liebsten sofort aufgestanden wäre.

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