8. Kapitel

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Zuerst dachte ich, wir sollten uns in den Fässern verstecken, und solange verweilen, bis ein guter Zeitpunkt sich ergibt, doch als ich den Mechanismus am Boden entdeckte, durchschaute ich den genialen Plan von unserem Meisterdieb.

"Beeilt euch!", zischte ich, und half einigen Zwergen, die mittlerweile auch verstanden haben, beim Klettern in die Fässer. Es ging erstaunlicherweise schnell. "Alle bereit?", sagte Kili so leise wie möglich, da er wusste, dass es in den nächsten Sekunden laut wird.

Der Mechanismus war ganz einfach. Man dreht einen Holzknüppel nach unten und schon macht der Boden eine senkrechte Neigung, und die Fässer rollen langsam in den darunterliegenden Fluss, der die Weinfässer der Elben nach Seestadt bringt.

Kili und ich drehten den Mechanismus mit aller Kraft solange bis die Fässer alle mit einem lauten Aufschlag im Wasser landeten. Alles ging so schnell, dass sich der Boden wieder schloss, und Kili und ich plötzlich allein in dem großen Weinkeller standen.

"Hätten wir das früher bedacht.", gab ich seufzend von mir, und schaute mich nach anderen leeren Fässern um. Plötzlich hörten wir von Weitem Rufe und Befehlen, die nur eins bedeuten konnten: Sie haben die leeren Zellen entdeckt, und womöglich ihren Prinzen auch noch.

Kili begann panisch den Boden abzutasten, und ich machte es ihm gleich. Uns fiel nichts ein, wie wir beide hier rauskommen sollten. Der Boden muss sich doch irgendwie ohne Mechanismus öffnen lassen!

Wie auf Kommando begann der Boden sich leicht zu neigen und ich drehte mich schlagartig um. Kili stand ganz am Rand und schien mit seinem Gewicht das beweglich Teil zu neigen. Er war selber so überrascht, dass er drohte das Gleichgewicht zu verlieren, deshalb lief ich ans andere Ende und versuchte ihn zu fassen, was mir auch gelang, aber er riss mich, mit sich runter, und ich glaube, dass sein Missgeschick uns zum Glück gerade noch vor den Elben gerettet hat.

Es war ein überraschend langer Fall, der in eiskaltem Wasser endete. Ich musste Wasser schlucken und gleich darauf husten. Jemand griff mich an der Schulter und zog mich leicht hoch.

"Arya! Geht es dir gut?",rief Fili, und schüttelte mich. Ich nickte eifrig und konnte noch nichts sagen, weil ich noch immer husten musste.

"Halt dich hier fest.", er zeigte auf das Fass, in dem er saß,"Wir müssen uns beeilen!"

Mit schnellen Blick schaute ich wo Kili war, und sah beruhigt, dass er gerade versuchte ins Fass von Dwalin rein zu klettern. Ohne weiter nach zu denken, klammerte ich mich eisern an das Fass, in dem Fili saß, und versuchte uns in die Strömung zu bewegen. Es war mir nicht egal, dass ich von oben bis unten komplett nass war, aber ich hatte jetzt andere Sorgen.

Bald erwischten wir die Strömung, die uns gewaltig schnell mitriss, und endlich aus dem verschlossenen Königreich von den Waldelben brachte. Die Sonne stand tief, es wird also bald Abend.

Immer wieder rutschte ich leicht ab, doch Fili hielt mich wieder fest. Ohne Vorwarnung machte der Fluss eine Kurve, die mich wieder kurz außer Gefecht setzte. Den Zwergen erging es nicht besser, denn sie stießen immer wieder zusammen, doch sie waren immerhin halbwegs im Trockenen.

Von allen Seiten peitschte mir das Wasser ins Gesicht und der Fluss wurde allmählich schneller. Das Horn der Elben ertönte vom Weiten. Jetzt wurde es richtig eng. Ich versuchte einen Blick nach hinten zu werfen, um zu sehen, wie viele Elben uns schon verfolgten, doch mir bot sich ein ganz anderes erschreckendes Bild. Orks. Es waren viele, viel zu viele, die begannen an beiden Flussrändern uns zu verfolgen. Wie um alles in der Welt, sind sie durch den Düsterwald gekommen?

"Orks! Orks!!", schrie ich aus Leibeskräften zu Thorin. Viele Zwerge drehten sich wie vom Blitz getroffen um, und fluchten vor sich hin. Ich glaube schlimmer kann es gar nicht mehr sein, ich bin ganz nass und mir ist kalt, ich habe keine Waffen, und uns verfolgen zwei Feinde, die sich gegenseitig auch bekämpfen werden.

Der Fluss wurde durch eine leicht Kurve langsamer. Ich nutze diese kurze Zeit aus, um nach meinen Dolch zu suchen, den ich in meinem Schuh versteckt hielt. Es war ein kleiner Dolch, eher ein Messer, aber immerhin etwas. Noch immer hielt ich mich am Fass von Fili fest und versuchte immer wieder die anderen Fässer von mir weg zu stoßen, das ersparte mir einige Blutergüsse.

Ich sah schon das Flusstor, dass die Grenze der Waldelben markierte, doch es war bewacht. Sie bemerkten uns natürlich sofort, und befahlen das Tor zu schließen. Die Zwerge trieben ihre Fässer immer weiter an, so als ob würde das etwas bringen. Ich wollte schon meinen Dolch mindestens in das Knie des Elben werfen, der das Tor bald zudrehen würde, aber plötzlich überkam es mich wieder. Deine Mutter war eine Elbin... Ich ließ diesen Gedanken wieder verschwinden lassen und senkte den Dolch. Es war sowieso schon zu spät. Das Tor schloss sich langsam und wir krachten genau dagegen.

Wir hörten Orkgeschrei, gar nicht mal mehr so weit weg. Jetzt ging es um jede Sekunde. Kili war der erste, der etwas tat. Er stieg aus seinem Fass aus und kletterte auf die Mauer. Ich sah seinen Plan. Schnell schwam ich zum Ufer, während Thorin den anderen, befahl sie sollten jetzt um ihr Leben kämpfen. Mit triefender Kleidung erreichte ich das Ufer, und sah wie immer mehr Elben kamen, und versuchten die Zwerge zu bändigen, da mittlerweile auch andere aus den Fässern gekommen sind. Kili kam immer näher unbemerkt zum Schalter, der das Tor öffnen konnte.

Ich stand unbeweglich am Rand und sah dem Geschehen zu. Erst ein Pfeil, der an mir vorbeisurrte, riss mich aus meiner Staare. Ich schaute zuerst den Pfeil an, der mich nur ein bißchen verfehlt hatte an, und  sah, dass es ein hässlicher Orkpfeil war. Ohne weiter nach zudenken nahm ich ihn und versuchte in Deckung, zu Kili zu kommen. Ich schlich mich von hinten an einen Elben an, der gerade viel zu beschäftig war, das Grauen der Orks, dass sich nähere zu beobachten. Ich zog den Bogen des Elben aus seiner Hand, und spannte den Orkpfeil damit an. Aber sobald der braunhaarige Elb sich überrascht umdrehte, war mein Plan nicht mehr korrekt. Ich konnte ja keinen Elben umbringen?

Bevor der Waldelb irgendetwas machen konnte, wurde er von einer Keule zu Boden gerissen. Erschrocken wich ich zurück und sah einen Ork, der mindestens zwei Meter groß war. Der Elb, der einst schön war, lag nun leblos am Boden. Eine Blutlache machte sich breit.

Im ersten Moment war ich beschämt den Bogen des Elben zu halten, den er zur Verteidigung gebraucht hätte, doch im nächsten, spannte ich den Bogen in Windeseile, und schoss dem Ork voller Hass zwischen die Augen, mit dem Pfeil seiner Brüder. Der Ork verlor das Gleichgewicht und fiel in den Fluss. Ich wollte einfach weg von hier, doch wollte ich kampflos aufgeben?. Ich beugte mich schnell runter und nahm die Pfeile des Elben, und mir wurde wieder übel, als ich an meine Mutter dachte. Ist sie so gestorben?

Ich spannte einen Pfeil und sah mich nach einem weiteren Ork um, und entdeckte einen, der gerade auch einen Pfeil spannte. Ich wusste nicht, was sein Ziel war, aber ich schoss zu spät. Ich verfehlte ihn ganz knapp als der gräßliche Orks seinen Pfeil schon abgeschossen hatte. Ich wollte sehen, ob er sein Ziel getroffen hatte, doch das brauchte ich nicht. Ein Schrei von Kili ließ mich erschaudern. Er wurde am rechten Knie getroffen, und konnte gerade noch mit letzter Kraft das Tor aufdrehen.

Broken ArrowsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt