Kapitel 20

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Ich sah mich unauffällig in der Schenke um. Seit gut einer Woche wohnte ich in einem Zimmer über dem Gastraum. In den ersten Tagen hatte ich nur dagesessen und zugehört. Doch vor einigen Tagen war ich aktiv geworden. Hatte zufällig Gespräche mit einigen Gästen angefangen. Mich dazu überwunden ein Kleid anzuziehen, wie es fast jede Frau trug, aber mit einigen Accessoires. Den Rock konnte ich in sekundenschnelle lösen, sollte er mich behindern. An meinem Unterschenkel spürte ich das beruhigende Gewicht eines Dolches, genauso an meinen Unterarmen gut verdeckt von den langen Ärmeln. Meine Katana hatte ich im Zimmer lassen müssen. Sie wären zu auffällig gewesen. Es war schon erstaunlich, wie verändert sich die Männer mir gegenüber verhielten, nachdem ich meine Kleidung gewechselt hatte. Sie sprachen mich öfter an, bezahlten mir die Getränke und versuchten mich dazu zu überreden mit ihnen auf ein Zimmer zu gehen. Ich lehnte natürlich jedes mal ab.

Es irritierte mich etwas so viel Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber so kam ich schnell an Informationen. Also lächelte ich weiterhin gezwungen und versuchte mit den Wimpern zu klimpern. Auch heute hatte ich wieder mit einigen Leuten geredet. Jetzt war es schon ziemlich spät. Die meisten Gäste waren gegangen. Nur noch einige Stammgäste saßen betrunken an den Tischen und starrten ins Leere. Heute würde ich wohl nichts weiter erfahren. Mein Mut sank. Langsam lief mir die Zeit davon. Ich hatte zwar Informationen, aber keine davon führte mich zu den Aufständigen. Ich wusste von Prinz Rune, dass der König langsam ungeduldig wurde. Und er selber war bei unserem letzten Treffen auch nicht sehr nachsichtig gewesen.

Ich trank den letzten Schluck aus meinem Krug und winkte dann der Bedingung. Die junge Frau kam zu mir geeilt. Ihr Haar hatte sie lässig hochgesteckt, sodass ihre Frisur gleichzeitig wild und elegant aussah. Ihr Kleid war sehr eng und figurbetont. Der Ausschnitt war so tief, dass schon so mancher Mann zu lange darauf gestarrt hatte.

"Kann ich Ihnen noch etwas bringen?", fragte sie mich mit einem süßlichen Lächeln.

Ich schüttelte den Kopf.

"Nein, vielen Dank."

Dann schob ich ihr das Geld für diesen Abend hin. Gut, dass ich Geld vom Königshaus bekommen hatte. Jeden Abend hier etwas zu trinken und zu essen, war auf Dauer ganz schön teuer. Ich erhob mich und stieg die Treppe zu meiner Kammer hinauf. Eine kleine Lampe mit Magie gesteuert, erhellte den Raum, sobald ich eintrat. Seufzend lief ich im Raum auf und ab. Geduld gehörte nicht gerade zu meinen Stärken. Außerdem ließ mich der Gedanke, dass die Prinzessin in den Händen von Feinden war, nachts nicht richtig schlafen. Das Einzige, was ich in den letzten Tagen erfahren hatte war, dass die Aufständigen gut vernetzt waren und immer unerkannt blieben. Das wirkte sich auch auf die Stimmung in der Bevölkerung aus. Viele misstrauten einander, beschuldigten sich gegenseitig an Verschwörungen beteiligt zu sein und ließen ihren Unmut vor allem an normalen Menschen aus.

Ich zog das unbequeme Kleid aus und meine Uniform an. Dann setzte mich auf das Bett und nahm eine Karte der Stadt zur Hand. In den letzten Tagen war ich tagsüber in fast jedem Winkel der Stadt gewesen und hatte nach Hinweisen gesucht. Nichts hatte mich auch nur im Entferntesten weiter gebracht. Ich ließ mich rückwärts auf das Bett sinken. Eins war klar. Der König hatte die Aufständischen zu lange unterschätzt. Niemand hatte geahnt, dass sie so viel erreichen konnten. Sollte ich morgen keinen Hinweis erhalten, würde ich die Suche abbrechen. Dann würde der König über einen direkten Kontakt mit den Rebellen vermutlich mehr erreichen. Auch wenn er ihnen das Geforderte nicht geben konnte.

Ein Knarren weckte mich. Ich schoss hoch. Meine Hand schloss sich um mein Katana, als mich etwas Hartes am Kopf traf. Ich spürte nur einen unglaublichen Schmerz, bevor die Dunkelheit mich übermannte.

Das Erste was ich spürte, als ich wieder zu mir kam, war eine Schulter, die sich in meinen Bauch bohrte. Als wäre das nicht schon übel genug stank der Rücken über dem ich wahrscheinlich hing, als hätte er sich ewig nicht gewaschen. Nach einer kurzen Bestandsaufnahme wusste ich, dass es mir soweit gut ging. Meine Hände waren zusammengebunden und ein Tuch verdeckte meine Augen. Ich lauschte auf die Atemgeräusche meiner Entführer. Neben dem Mann, welcher mich trug, mussten noch zwei weitere Personen laufen. Die Schritte waren fast lautlos, aber ich hörte sie trotzdem. Ich wusste nicht, wie lange ich bewusstlos gewesen war. Aber ich sah keinen Lichtschein durch die Ränder des Tuches dringen. Also war es wahrscheinlich noch nachts. Ich dachte kurz nach. Dann stöhnte ich leise, als würde ich erwachen. Die Schritte meiner Entführer stockten.

Legenden der Magie - Gefährliche MachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt