2

1.4K 41 2
                                    

Ich weiß, dass er John heißt. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass er weiß, dass ich es weiß.
Wozu also die Mühe zur Höflichkeit? Ich will nicht hier sein, nicht neben ihm sitzen und noch weniger mit ihm reden. Wir hatten einen One-Night-Stand, nicht mehr, nicht weniger. Das dabei etwas Wunderbares entstanden ist, weiß John nicht. Und so kann es, wenn es nach mir geht, auch bleiben.

"Entschuldige mich", sage ich, springe auf und suche die Toilette. Vor dem großen Spiegel verharre ich, hier wird mich sicher niemand stören kommen.
Ich habe diesen Moment gefürchtet, seit mir bewusst wurde, mit wem ich damals geschlafen habe. Nicht ohne Grund habe ich jede Einladung meiner Familie abgelehnt, wenn sie mich nach Hamburg gebracht hätte. "Er weiß sicher nicht mal mehr wer du bist, also entspann dich", flüstere ich mir selbst zu.

Kopfschüttelnd wasche ich mir die Hände, um wenigstens den Schein zu wahren, ich wäre wirklich auf Toilette gewesen. Mit zittrigen Knien mache ich mich auf den Weg zurück zu dem Tisch.
John hat mittlerweile den Platz wieder gewechselt. Einige Leute sind noch zu der Gruppe gestoßen, darunter unzählig Frauen. Hübsche Frauen mit traumhaften Körpern. Zwei von ihnen hängen förmlich an Johns Armen, er rührt sich keinen Millimeter. Schön, mir egal, wir kennen uns schließlich gar nicht.

"Elli, lass uns los", bitte ich meine Freundin. Sie schaut mich einen Moment an, als suche sie nach der Antwort auf eine stumme Frage. Schließlich nickt sie und wir verabschieden uns von Marten und den anderen.

"Ihr wollt echt schon gehen?", fragte er überflüssigerweise, während er sich am Hinterkopf kratzt.

"Ja, wir haben morgen noch viel vor und Sonntag müssen wir schon zurück. Danke für den netten Abend." Ich reiche Marten meine Hand, die er, für mein Empfinden, etwas zu lang hält. "John ist es auch aufgefallen. Wir haben uns schon einmal getroffen. Ihr beide seid schon einmal hier gewesen."

"Mag sein, aber das ist dann, wie gesagt, fast vier Jahre her", antworte ich verhalten. Marten hält noch immer meine Hand fest, Elli steht ein ganzes Stück abseits und unterhält sich mit einem Typen, der, wenn mich nicht alles täuscht, Maxwell heißt.

"Ich wüsste zu gern ...", setzt Marten an, unterbricht sich aber, als sich eine Hand auf seinem tätowierten Arm legt.

"Alles okay?" John steht hinter ihm, überragt ihn ein wenig. Wie ich in einem Artikel gelesen habe, ist John fast zwei Meter groß. Neben ihm komme ich mir klein vor. Dabei bin ich ein Meter und fünfundsiebzig groß.

"Ja, alles gut, wir sind nur gerade dabei uns zu verabschieden." Endlich lässt Marten meine Hand los, flüstert John etwas zu und geht. Toll, jetzt bin ich schon wieder mit ihm allein.
Einen Augenblick betrachten wir uns gegenseitig von Kopf bis Fuß.

"Was?", will ich wissen, als sich auf Johns Gesicht ein Lächeln abzeichnet.

"Vor vier Jahren also?" Ich nicke, wenngleich ich keine Ahnung habe, worauf er hinaus will. "Vor vier Jahren ... Ich hatte eine miese Zeit damals. Viele Frauen, viele Drogen. Du scheinst nicht besonders angetan von unserer Gruppe zu sein. Machst du nicht oft Party?"

"Ich mache nie Party", antworte ich. "Ich habe keine Zeit für so was. Und dieses Wochenende ist eine Ausnahme, die erste seit vier Jahren und ich wollte sie eigentlich genießen."

"Und wir hindern dich daran?" Seine blauen Augen wirken plötzlich wie Eis. Scheinbar fühlt er sich irgendwie beleidigt oder angegriffen von meinen Worten.

"Nein. Ich ... Wir waren vorhin etwas essen und ich wollte danach eigentlich nur zurück ins Hotel. Ich bin die ganze Strecke von Berlin hierher gefahren, da Elli schon unterwegs trinken wollte. Jetzt hat sie noch mehr drin und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich morgen allein den Vormittag verbringen werde, da sie ihren Rausch ausschläft." Rede ich zu viel? Manchmal neige ich tatsächlich dazu. In Johns Miene kann ich nicht erkennen, ob ich unnötig plappere oder ob er meinen Worten wirklich aufmerksam folgt.

Fuck - Hab schon tausendmal verkacktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt