Er bahnt sich einen Weg durch die tanzende Menge und hält direkt auf mich zu.
"Emma."
Kurz vor mir kommt er mit leuchtenden Augen zum Stehen. Die Art wie er mich ansieht und mustert ist neu und voller Staunen. Ich schlucke. Auf einmal ist mein Mund staubtrocken, obwohl ich seit meiner Ankunft kaum mit etwas anderem als Trinken beschäftigt war.
Dann schüttelt er den Kopf, als werfe er einen wirren Gedanken über Bord und zieht mich in eine Umarmung. Es ist ein Wunder, dass ich dabei nicht erneut meinen Drink verschütte. Ich atme seinen vertrauten, warmen Duft ein, genieße das Gefühl der Geborgenheit in seinen starken Armen.
Ein wenig zu schnell für meinen Geschmack ist der Moment wieder vorbei und er lässt von mir ab.
"Ich hab etwas für dich. Aber nicht hier."
Kommt es mir nur so vor, oder ist seine Stimme ein wenig rauer als zuvor? Verblüfft lasse ich zu, wie er mir den Plastikbecher abnimmt und auf die Theke stellt, bevor seine Hand nach meiner greift um mich von den anderen wegzuführen.
Ein wenig benommen stolpere ich hinter ihm her, vorbei an den beiden empört dreinschauenden Mädchen und hinaus aus dem Gedränge. Mit jeder Faser des Körpers ist mir bewusst, dass wir Händchen halten, sodass ich mich kaum auf unseren Weg konzentrieren kann.
Erst im Obergeschoss, wo die Partygeräusche von unten um einiges leiser sind, hält er schließlich inne und lässt mich los. Mein Herz rast, als er sich zu mir umdreht. In diesem Moment gibt es nur ihn und mich in einem verlassenen Flur.
"Hier." Er hält mir eine kleine Schatulle entgegen, die er aus seiner Hosentasche gefischt hat. Auf einmal wirkt er unsicher. Ehrfürchtig nehme ich sie entgegen.
"Eigentlich ist es nur eine Kleinigkeit..." Nervös fährt er sich durch die Haare, doch ich habe sie bereits geöffnet. Mein Atem stockt.
Ein hauchfeines Fußkettchen blickt mir entgegen, das aus winzigen Sternchen besteht, die sich die Hand reichen. "Es ist wunderschön", hauche ich, bevor ich ihm einen dankbaren Blick schenke.
"Egal, wo wir uns auf der Erde befinden, wir alle schauen hinauf zu den gleichen Sternen", wispert er leise, ohne den Blick von mir abzuwenden. Seine Worte sind so tiefsinnig, dass mir das Herz überschwappt. Ohne dagegen anzukommen, verliere ich mich in seinen kristallblauen Augen.
Sauge ihren Anblick in mir auf. Spüre, wie sich die Luft um uns herum statisch auflädt. Und dann komme ich nicht mehr gegen den Drang an, der schon jahrelang unter meiner Haut brodelt. Wie oft war ich schon kurz vor diesem Moment und habe mich zurückhalten müssen. Doch auf einmal reißt die Mauer in mir ein, die bisher jede Handlung dieser Art verhindert hat.
Wie von selbst verringere ich den Abstand zwischen uns, stelle mich auf Zehenspitzen und drücke meinen Mund auf seinen, während die Finger meiner freien Hand sich in sein Haar graben.
Seine Lippen sind weich und schmecken nach den köstlichen Cookies vom Buffet.
"Basti?"
Ich spüre, wie er sich unter mir versteift. Atemlos reiße ich mich von ihm los und weiche einen Schritt zurück. Meine Augen sind vor Schreck geweitet. Was habe ich getan?
Mindestens ebenso perplex starrt er zurück.
Gerade, als ich zu einer Entschuldigung ansetzen möchte, ertönt erneut die Stimme: "Basti, bist du da oben?" Leichtfüßige Schritte kommen näher, erklimmen die zweite Etage.
Sein Kopf schießt in Richtung Treppe und dann wieder zu mir zurück. Ich kann seinen Gesichtsausdruck nicht ganz einordnen. Schock, Schuld, Überraschung, Bedauern?
Verwirrt runzle ich die Stirn, doch er weicht meinem Blick aus und fährt sich durch das Haar.
Dann kommt auf einmal Bewegung in ihn und er läuft dem hochgewachsenen blonden Model entgegen, das keinen Moment später um die Ecke stolziert. "Ja, ich bin hier!"
Ein breites Lächeln schmückt ihre rot geschminkten Lippen, als sie ihn entdeckt. "Ich hab dich schon überall gesucht, bis jemand meinte, dich hochgehen sehen zu haben!"
Als wäre das selbstverständlich hakt sie sich bei ihm unter, schlingt ihren nackten Arm vertraut um seine Taille und drückt ihm einen Kuss auf die Wange.
Irritiert blicke ich zwischen den beiden hin und her. Wer ist sie? Was will sie hier? Und warum stößt er sie nicht von sich?
Erst als er mich schuldbewusst ansieht, fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Sie ist nicht nur irgendein dahergelaufenes Mädchen! Sie ist Mehr!
Sie ist das, was ich nicht bin. Mit einem Keuchen wird mir die Luft aus der Lunge gepresst, was nun auch ihre Aufmerksamkeit auf mich lenkt.
Einen kurzen Augenblick scheint sie verwundert, dann hellt sich ihre Miene auf. "Ah! Du musst Emma sein!" Freundlich streckt sie mir ihre die Hand entgegen. "Ich bin Sylvie, Bastis Freundin."
Bastis Freundin?!
Wie von selbst schießt mein verletzter Blick wieder zu Basti, dem die ganze Situation irre unangenehm zu sein scheint. Seit wann? Woher kennt er sie? Von der Uni? Warum, hat er all die letzten Wochenenden über kein Sterbenswort gesagt?
Benommen lass ich mir von ihr die Hand schütteln, während vor meinem Inneren Auge nach und nach meine Welt wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt.
Ich fühle mich verraten und schäbig, obwohl ich weiß, dass ich keinerlei Recht dazu habe. Denn alles was hier heute schief gelaufen ist, kann ich nur mir selbst zuschreiben.
"Wie ich sehe, hast du das Fußbändchen schon bekommen. Hübsch oder? Wir haben es beim Spazieren gehen im Schaufenster eines Juweliers entdeckt - nun ja, Basti genau genommen", liebevoll wirft sie ihm einen Blick zu. "Mir ist der kleine Laden davor noch nie aufgefallen, obwohl er direkt um die Ecke meiner Wohnung liegt", stellt sie mit einem glockenhellen Lachen fest.
Er hat das Schmuckstück für mich zusammen mit seiner Freundin ausgesucht?! Auf einmal heftet sich ein ekeliger Beigeschmack an das Kettchen. Und ich weiß, dass ich es nicht tragen werde. Offensichtlich habe ich sein Verhalten und seine intensiven Blicke die sich mir gegenüber in letzter Zeit immer mehr gehäuft haben, vollkommen falsch gedeutet. Dabei war ich so felsenfest davon überzeugt, dass er sich genauso zu mir hingezogen fühlt, wie ich mich zu ihm. Doch in Wahrheit war ich wohl nach wie vor einfach nur die naive Freundin seiner kleinen Schwester, die mit ihrer ständigen Gegenwart, beinahe schon zur Wood-Familie zählte.
Mit dieser Erkenntnis zerbricht mein Herz in tausend kleine Splitter, die sich von innen durch mich hindurch bohren und ich muss mich an der Wand abstützen, um nicht bereits vor ihren Augen zu Boden zu gehen.
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Sparkling eyes
RomanceOhne dagegen anzukommen, verliere ich mich in seinen kristallblauen Augen. Sauge ihren Anblick in mir auf. Spüre, wie sich die Luft um uns herum statisch auflädt. Dann geht alles ganz schnell. Im Nu, haben seine Hände mich an den Hüften gepackt und...