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Wie gerne hätte ich die Zeit angehalten und bis in die Unendlichkeit mit Basti zusammen oben in unserem Paralleluniversum geblieben. Doch dazwischen kommt das Leben, mit all seinen Bedürfnissen.

Von knurrenden Magen, bishin zu vollen Blasen und Mike, der zum Frühstück ruft. Wobei die Bezeichnung Frühstück nach meinem Geschmack ein wenig unpassend ist, wenn der Uhrzeiger bereits nach elf steht.

Meine Lippen sind noch immer von unseren Küssen geschwollen, als ich schließlich, nach einer kurzen Dusche, mit noch nassen Haaren unten erscheine. Wie von selbst finden meine Augen Basti, der mittlerweile an dem großen Holztisch sitzt und mir ein verschmitztes Grinsen zuwirft, als keiner der anderen Beiden hinsieht.

Schmetterlinge wirbeln in meinem Bauch durcheinander. Ich bin so glücklich, dass ich nichts gegen das breite Lächeln tun kann, dass sich augenblicklich auf mein Gesicht schiebt. Schnell senke ich den Kopf, damit keiner Verdacht schöpft.

Meine Sorge scheint jedoch vollkommen unbegründet. Denn meine beste Freundin ist viel zu sehr mit den Nachwehen ihrer feuchtfröhlichen Nacht beschäftigt, um etwas mitzubekommen. Und Mike - nun ja, Mike ist ein Typ und die checken ja bekanntlich eh gar nichts.

Tatsächlich ist Lauras Kopf bereits seitdem ich hereingekommen bin, in ihre Hände gestützt und als Mike nun wagt, gutgelaunt Rührei auf ihren Teller zu schaufeln, verzieht sie angeekelt den Mund. "Geh mir bloß weg damit! Sonst wird mir gleich wieder schlecht."

"Ist das etwa der Dank dafür, dass ich dich gestern ins Bettchen gebracht habe, Baby?"

Es ist eines der wenigen Male, dass ich mitbekomme, dass Laura nicht auf seine Albereien einsteigt. Also muss es ihr wirklich schlecht gehen.  Wie sich herausstellt, mussten sie den Abend vorzeitig abbrechen, was auch erklärt, warum ich sie nicht mehr gesehen hatte.

Mitfühlend streiche ich ihr über den Rücken, während ich mich frage, wie viel Glühwein sie getrunken haben muss. "Wir müssen heute keinen SPA-Tag machen, wenn du dich lieber auskurieren möchtest."

Endlich hebt sie den Blick. In ihre Augen tritt ein Ausdruck wilder Entschlossenheit: "Genau dafür ist ein SPA-Tag aber da."

Ich merke, wie die Jungs mir mitleidige Blicke zuwerfen.


***

Nicht einmal zwei Stunden später sind Laura und ich bei der Therme im Nachbarort angekommen und köcheln bereits in einem Whirlpool vor uns hin. Zum Glück scheint es ihr mittlerweile ein wenig besser zu gehen. Auch, wenn uns nun Orangensaft statt eisgekühltem Sekt Gesellschaft leistet.

"Und kann er gut küssen?", unterbricht sie meine Gedanken über Basti.

Ich verschlucke mich beinahe und schaue sie erschrocken an.

"Mhm?", meine Stimme ist ein paar Oktaven höher als normalerweise.

Ein Grinsen breitet sich auf ihrem hübschen Gesicht aus. Genau genommen das Erste heute. Noch immer feixend sieht sie mich über die Blubberblasen hinweg an.

Sie weiß es, schießt es mir durch den Kopf, während mir jegliche Farbe aus dem Gesicht weicht.

"Na, Steve, du Dummerchen!", lachend verdreht sie die Augen. "Ihr habt doch noch rumgemacht, oder?"

Mit aller Wucht schießt das Blut zurück in meinem Kopf und färbt ihn hochrot, was bestimmt blendend in Kombination mit meinem blonden Haar aussieht. Das ist einer der seltenen Momente, in denen ich mir wünschte, sie offen zu tragen, um sie mir ins Gesicht fallen zu lassen. Stattdessen sind sie jedoch heute in einem lockeren Dutt zusammengefasst.

"Oh Gott nein!" Ich sinke wieder zurück ins warme Wasser. So tief wie möglich sodass ich noch Luft bekomme, jedoch einen Teil meines neugewonnenen Teints verstecken kann. Allerdings geht dabei beinahe mein "Sekt-"glas mit mir unter, weshalb ich gezwungen bin, wieder aufzutauchen. "Ich glaube nicht, dass er mein Typ ist", nuschle ich schließlich.

"Nein", stimmt sie mir Kopfschüttelnd zu. Ein geheimnisvolles Lächeln umspielt ihre Lippen, als ich ihr einen überraschten Blick zuwerfe.

Misstrauisch ziehen sich meine Augenbrauen zusammen. Warum spricht sie heute so in Rätseln? Sie lässt sich Zeit dabei, ihre eigene Erfrischung auszutrinken und das leere Glas anschließend hinter sich auf den Beckenrand zu stellen, bevor sie fortfährt:

"Nun ja, er ist blond, dunkeläugig, wirklich lustig - ohne dabei Ironie verwenden zu müssen - und intelligent. Mir war von vornherein klar, dass das nicht zu dir passen würde!"

Während sie urplötzlich losprustet, schaue ich sie nur ungläubig und zu gleichermaßen empört an. "Hey! Was soll das denn heißen?!"

Sanft tätschelt sie mir das Bein.  "Ach Emmchen, nichts für ungut, aber so einer war noch nie dein Typ."

Nun werde ich immer verwirrter. "Wenn du das doch von vornherein wusstest, warum hast du dann die ganze Zeit über offensichtlich versucht, uns zu verkuppeln?"

"Ich war vielleicht zweideutig, aber verkuppeln stand mir nicht im Sinn. Viel mehr habe ich gehofft, dass du deine Flirtpraktiken erweiterst und Spaß hast."

Mir steht der Mund offen, so sprachlos bin ich.

Unbeeindruckt zuckt sie mit den Schultern: "Ich bin auch Verfechterin der großen Liebe, aber das heißt noch lange nicht, dass man enthaltsam leben muss, bis der Traumprinz mal aus dem Knick kommt."

Ist das der Moment in dem ich ihr endlich erzählen sollte, dass ich seit Jahren auf ihren großen Bruder abfahre, ihn auf meiner Abschiedsparty geküsst habe und seit gestern wirklich und wahrhaftig mit ihm herummache?

Andererseits weiß ich jedoch auch gar nicht, was genau, das zwischen uns ist. Alles ist noch so frisch und neu und viel zu verwirrend. Und wie soll ich etwas in Worte fassen, was selbst in meinem Kopf bisher lediglich eine Handvoll Puzzleteile ist, die kaum zusammenpassen?

Schnell verwerfe ich die Überlegung und schlage lieber einen anderen Weg ein: "Du tust ja gerade so, als wärst du vor Mike eine richtige Draufgängerin gewesen!"

Kichernd schnippt sie mir Wasser gegen das Kinn. "Und ob!" 

Dann verfallen wir in Gelächter, da wir beide die Wahrheit kennen. 

Anschließend breitet sich erneut entspanntes Schweigen aus, bevor mir noch etwas zu unserem Dialog einfällt, das ich unbedingt noch loswerden muss: "Achja, nur um das klarzustellen: Ironie ist toll!"

Sparkling eyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt